Das Jesus Sakrileg 2
seiner Seite führen“, sagte Josef, erhob sich und gab Petrus auch die Hand.
Es war eine überwältigende Szene. Eine Person nach der anderen stand auf und reichte Petrus die Hand. Alle bis auf Maria. Die anderen hatten es nicht bemerkt, aber ich schon, liebes Tagebuch. Sie hatte sich ganz leise in ihr Zimmer zurückgezogen. Ich überlegte, ob ich ihr folgen sollte, entschied mich aber, es nicht zu tun. Es nahm sie sehr mit, dass ihr Sohn gefangengenommen worden war. Gefangen, obwohl unschuldig. Wenn es je eine Ungerechtigkeit gab, dann war diese die schlimmste aller.
Ich erzählte den Anwesenden ganz genau von Claudias Plan und alle waren wie ich der Meinung, dass Joshua schon morgen frei käme.
Sie diskutierten darüber, wie sie ihn außer Landes bringen sollten und vor allem wohin. Josefs Idee, ihn als Karawanenhändler zu tarnen und so nach Indien zu reisen, stieß auf breite Zustimmung. So wurde der Plan vorbereitet und zu später Stunde gingen wir alle schlafen.
Ich schlief sehr unruhig an diesem Abend. Und ich kann mir gut vorstellen, dass auch die anderen erst spät einschliefen. Kaum hatte die Sonne den nächsten Tag willkommen geheißen, standen wir auf und frühstückten, um rasch mit Joshua die Flucht anzutreten. Voller Anspannung wartete ich auf Claudia und Joshua.
Und dann, mir kam es wie eine Ewigkeit vor, kündigte ein Diener Claudia an. Mein Herz war zum Zerreißen angespannt. Gleich würde ich meinen Joshua wieder erblicken. Ich konnte gar nicht mehr sitzen, so nervös war ich, dass ich sogar an meinen Fingernägeln kaute. Ich, eine erwachsene Frau.
Und dann kam sie in den Speisesaal. Und sie konnte in unser aller Gesichter die eine Frage lesen: Wo ist Joshua?
„Es tut mir leid“, flüsterte sie.
Mir war, als würde man mir einen Speer ins Herz stoßen. Die Tochter Tiberius sagte, dass es ihr leid täte, liebes Tagebuch. Ohne zu wissen, was genau geschehen war, befürchtete ich das Allerschlimmste. Ein Schmerz in mir sagte, dass Joshua tot war.
„So sprich Claudia, was ist geschehen?“, fragte Josef, der als erster den Kloß im Hals überwand.
„Ich hatte gestern Abend eine Unterhaltung mit meinem geliebten Ehemann, dass er Joshua gehen lassen möge. Aber aus irgendeinem Grund ließ er sich nicht darauf ein. Er meinte, ich solle mich aus der Politik heraushalten und er würde diesem abtrünnigen Volk kein Zeichen von Schwäche präsentieren. Joshua hätte einen Aufstand gegen Rom angezettelt. Darauf stehe der Tod durch Kreuzigung. Aber er würde eine faire Verhandlung bekommen. Schließlich seien die Römer keine Barbaren, auch wenn sie über Barbaren herrschten. Ich konnte ihn nicht besänftigen. Aber ich hatte einen Alternativplan, schließlich kenne ich meinen Mann und weiß, dass er manchmal ziemlich dickköpfig sein kann. Die Wachen zu bestechen, fällt der Tochter Tiberius nicht schwer. So kam ich unbemerkt in die Zelle Joshuas und sah mich schon des Erfolges sicher. Ich hatte einen Umhang mit und gab diesen Joshua. Ich sagte ihm, er solle ihn um sich legen, damit man ihn bei der Flucht nicht erkenne. Aber er sagte zu mir: „Das, was du tust, Claudia, tust du zum Beweis für alle Menschen auf Erden. Denn auch dein Feind ist nicht mehr als dein Bruder und deine Schwester und nicht weniger. Aber wie kann ich mit dir gehen in der Nacht, heimlich wie ein Dieb, wenn ich mich keiner Tat schuldig wähne?“
Ich redete auf ihn ein, aber er lächelte mich nur an, nahm meine Hand und sagte: „Sorge dich nicht meinetwegen. Das Leben ist wie eine Rose. Sie gedeiht und blüht in den schönsten Farben und erfreut uns einen Sommer mit all ihrer Freude, dann naht der Abschied. Doch wir trauern nur kurz, denn wir wissen, schon im nächsten Sommer wird sie uns ein neues Geschenk bereiten, eine neue Rose wird uns den Sommer versüßen.“
Ich wusste, dass ich nichts tun konnte, so verließ ich ihn und der Stachel des Versagens saß tief. Ich, die Tochter des mächtigsten Herrschers der Welt, vermochte einen einfachen Mann nicht seiner Ketten zu entledigen.
Aber wie kann ich ihn befreien, wenn er nicht auf mich hört? Meine letzte Hoffnung seid ihr. Ihr seid seine Freunde. Sprecht zu ihm. Einer von euch, damit er sich besinnt. Wem ist schon geholfen, wenn man ihn kreuzigt? Niemande m!“, verzweifelte Claudia und ich sah, wie sie mit den Tränen kämpfte. Es herrschte eine beängstigte Stimmung. Keiner wagte, etwas zu sagen.
“Wenn einer ihn zur Besinnung bringen kann, dann du. Du musst es
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