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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Land. Es gibt sie heute noch. In Jerusalem, in Betlehem, in Akko, Tiberias, Kafarnaum, Jericho und so weiter. Ein paarmal wurden die Franziskaner ausgewiesen, aber hartnäckig kehrten sie jedesmal wenige Jahre später wieder zurück.«
    Endlich hatte er gefunden, was er gesucht hatte.»Hier«, sagte er und hob ein Stück Papier in die Höhe, auf dem undeutlich krakelige Schriftzeichen zu erkennen waren, offensichtlich die Fotokopie eines anderen, älteren Dokuments.»Aus dieser Urkunde geht hervor, daß die Franziskaner um 1350 ein Gebäude südlich des Tempelbergs in Besitz nahmen, das sie dreiß ig Jahre später wieder räumten. Und diese Karte«- er hob ein anderes Blatt hoch, gleichfalls so schnell, daß Yehoshuah und Stephen nur einen flüchtigen Blick auf ein paar schwarze Striche erhäschen konnten -»zeigt, daß dieses Gebäude genau an der Stelle stand, an der Halil Saad seinerzeit die wassergefüllte Zisterne ausgrub, als er sein Haus bauen wollte.«
    »Sie glauben, die Franziskaner haben diesen Schacht gegraben?«vergewisserte sich Stephen vorsichtig.
    »Ja. Ich glaube sogar, daß sie in der Hauptsache deswegen nach Palästina gekommen sind.«
    Stephen blinzelte überrascht.»Um einen Gang zu graben?«
    »Sie folgten einer uralten Legende«, erklärte Yehoshuahs Vater. Noch ein Stück Papier, klein und grau diesmal.»Sie klingt wie ein Märchen, und man weiß nicht genau, wann sie entstanden ist. Das ist die Übersetzung eines lateinischen Textes, den ich gefunden habe, wenn ich mich auch nicht mehr erinnere, wo es genau war.«Er hielt den Zettel in Stephens Richtung, der überrascht aufstand und ihn aufmerksam las.
    Der Text war in Englisch und mit der Schreibmaschine geschrieben. Das Licht reichte kaum aus, die Worte zu entziffern.»Es begab sich zu der Zeit, als Jesus in Kapernaum lehrte, daß ein Mann aus Besara einen Spiegel brachte zu dem Ort, an dem Jesus sprach. Der Spiegel aber, als sich das Antlitz Jesu darin spiegelte, fand solchen Gefallen daran, daß er fortan kein anderes Bild mehr zeigen wollte als das Bild des Herrn. Da tat ihn sein Besitzer in einen Kasten und verwahrte ihn an einem verborgenen Platz, auf daß seine Nachkommen, denen er’s verraten wollte, ihren Herrn sehen sollten. Es wird aber gesagt, daß er den Spiegel unter dem Tempel von Jerusalem vergrub, weil ihm kein anderer Platz sicher schien.«Stephen sah fassungslos auf, sein Blick suchte den von Yehoshuah.»Das ist ja unglaublich.«
    Yehoshuahs Unterkiefer war herabgesunken, was seinem Gesicht einen geradezu debilen Ausdruck verlieh.
    Stephen las den Text noch einmal, um sich zu vergewissern, daß er sich das alles nicht nur einbildete. Seit er das Viertel der orthodoxen Juden betreten hatte, wurde er ein Gefühl von Unwirklichkeit nicht los.»Besara«, wiederholte er.»Ein Mann aus Besara.«
    »Besara«, erklärte Yehoshuah mit seltsam tonloser Stimme,»ist der alte Name der Stadt Bet Shearim.«
    Als Pater Lukas von seinem Brevier hochsah, fiel sein Blick durch das Fenster auf den Hof. Vor dem Portal zur Kirche stand Scarfaro, zusammen mit einem Mann, den er noch nie gesehen hatte. Der Gesandte aus Rom sprach auf ihn ein, und der Mann, der von untersetzter Statur war und einen uniformähnlichen Overall trug, nickte auf eine Weise, die beinahe unterwürfig wirkte. Pater Lukas beobachtete die beiden eine Weile. Er wußte nicht, was Scarfaro und seine Leute den ganzen Tag taten. Sie kamen und gingen, schlössen sich zu Besprechungen ein, aus denen sie mit grimmigen Gesichtern wieder davoneilten. Irgendwann hatte er es aufgegeben, verstehen zu wollen, und sich zu den alltäglichen Pflichten zurückgezogen, die jetzt, da sie keinen Abendtisch zu füllen hatten, deutlich weniger geworden waren, so daß er so viel Zeit für Besinnung und Gebet hatte wie schon lange nicht mehr. Aber ihm blutete das Herz, wenn er die Leute, die abends kamen, wegschicken mußte. Es war ihnen immer noch nicht gelungen, einen heimlichen Ausgleich zu schaffen.
    Er traute seinen Augen nicht, als er sah, wie Scarfaro einen kleinen dunklen Gegenstand aus der Soutane holte und dem Mann gab. Das war doch ein Mobiltelefon! Was um alles in der Welt ging da vor sich?
    Plötzlich hielt es ihn nicht länger auf seinem Stuhl. Er sprang auf, eilte so rasch wie möglich den Flur entlang bis zur Küche, wo Bruder Geoffrey schon mit den Vorbereitungen für das Mittagessen beschäftigt war und ihn verwundert musterte, als er sie nur hastig durchquerte, um in die Kammer

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