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Das Jesusfragment

Das Jesusfragment

Titel: Das Jesusfragment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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brauchen!«
    »Einverstanden. Ich kaufe Ihnen auch ein Wörterbuch, und während Sie in Ruhe Ihre Übersetzung machen, werde ich mich am Pariser Sitz der Acta Fidei umsehen. Bei Inadexa.« Sie wandte sich rasch zu mir um.
    »Sind Sie verrückt geworden?«
    »Keineswegs.«
    »Das ist viel zu gefährlich!«
    »Es ist doch eine offizielle Organisation oder? Eines ihrer Mitglieder hat mich angerufen, ich möchte einfach nur rauskriegen, wer es war.«
    »Eine offizielle Organisation, die in Paris unter dem Namen einer Scheinfirma residiert. Nein, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
    »Hören Sie, wenn der Typ, der uns angerufen hat, nicht in ihrem Auftrag gehandelt hat, dann wird sie das interessieren, und wenn sie in die Sache verwickelt sind, dann werde ich das bestimmt sehr schnell merken. Ich werde ganz dreist dort aufkreuzen. Ich muss es wissen.«
    Sie seufzte.
    »Das ist keine besonders intelligente Methode. Ich habe eine Waffe zu Hause«, fuhr sie fort, »es wäre vielleicht ratsam, sie zu holen.«
    »Nein, das geht nicht. Ich bin Drehbuchautor und kein Cowboy! Außerdem können wir nicht zu Ihnen nach Hause gehen, das ist der Ort, an dem uns die Polizei oder die Raben am ehesten schnappen würden.«
    Ich erhob mich, doch sie hielt mich am Arm fest.
    »Passen Sie in jedem Fall gut auf sich auf«, sagte sie eindringlich.
    »Jetzt besorge ich Ihnen erst einmal ein Wörterbuch, das dürfte nicht allzu gefährlich sein.«
    Eine halbe Stunde später hinterließ ich an der Hotelrezeption einen deutsch-französischen Larousse und bat den Hotelpagen, ihn in unser Zimmer hochzubringen. Dann machte ich mich auf den Weg zu Acta Fidei.
    *
    Die Ironie des Schicksals wollte es, dass sich der Sitz der Inadexa in der Rue Jules-César hinter der Place de la Bastille befand, nur wenige Meter von einem Scientology-Zentrum entfernt. Gleich zwei so bedeutende Institutionen in einer Straße, so etwas gab es nur in New York oder Paris. Und genau an diesem Tag waren die Scientologen unterwegs.
    Die ergebenen Anhänger, Scientologen aus aller Welt, vielleicht sogar mehr ausländische als französische, veranstalteten eine Demonstration, um gegen den ›Rassismus‹ zu protestieren, dem sie sich in Frankreich ausgesetzt sahen. Einige trugen riesige gelbe Sticker in Form des Davidsterns, auf denen stand: ›Mitglied einer Sekte‹. Das Ganze verursachte mir Brechreiz. Ich dachte an das Schicksal Hunderttausender Juden vor einem halben Jahrhundert und daran, wie diese skrupellosen Halunken die Erinnerung an sie heute missbrauchten. Alles in allem bestand die einzig wirkliche Belästigung für Hubbards Kinder in unserem Land darin, dass der Fiskus versuchte, sie zur Kasse zu bitten! Dies mit dem Schicksal der Juden während des Zweiten Weltkriegs zu vergleichen, ging weit über die Grenzen des schlechten Geschmacks hinaus.
    Ich bahnte mir einen Weg durch die Reihen der Demonstranten und hielt die Augen auf den Boden gerichtet, um ihren klebrigen Blicken nicht zu begegnen, und aus Angst, der Drang sie zu beschimpfen, könnte mich überwältigen.
    Die Inadexa residierte in einem hohen, schmalen Gebäude. In der Reihe älterer Häuser war es das modernste, errichtet aus glattem weißen Stein mit Fenstern aus großen bläulichen Spiegeln.
    Ich blieb vor dem Gebäude stehen. Keine Tafel, kein Schild zeigte an, wo man sich befand, aber ich war mir ganz sicher, an der richtigen Adresse zu sein. Zwei kleine Kameras über dem Eingang ließen den Schluss zu, dass im Reich Gottes die Sicherheit ernst genommen wurde.
    Ich ging auf die großen Schiebetüren aus Glas zu, die sich gleich vor mir öffneten. Dann betrat ich vorsichtig eine große weiße Halle, deren Fußboden wie ein Gletscher wirkte. Eine Aufzugtür teilte die hintere Wand und rechts und links von ihr schwangen sich elegante schwarze Treppen nach oben. An mehreren Stellen entdeckte ich ein Emblem, das ich schon auf der Satzung von Acta Fidei gesehen hatte. Auf der Liste, die uns der Hacker geschickt hatte, war das Kreuz auf einer Sonne zu sehen gewesen.
    Zu meiner Rechten saß eine Empfangsdame und tippte etwas in die Tastatur eines Computers. Sie war etwa dreißig, sehr zierlich, trug ein königsblaues Kostüm, zu viel Make-up und ein falsches Lächeln.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Ich näherte mich dem Empfang, legte beide Hände auf die weiße Theke und bemühte mich, ein genauso breites Lächeln in mein Gesicht zu zaubern.
    »Giuseppe Azzaro?«
    Unsere Reaktionen spiegelten

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