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Das Jesusfragment

Das Jesusfragment

Titel: Das Jesusfragment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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sein wie ich.
    Ohne nachzudenken stürzte ich auf den Boulevard Diderot. Ich rannte schneller, als man es in meinem Alter eigentlich tut und legte alle Kraft in meine Beine und freute mich über jeden Zentimeter, der mich von meinen beiden Verfolgern trennte. Ich hörte ihren rauen Atem hinter mir, das Geräusch ihrer schweren Schuhe auf dem Pflaster. Einige Passanten machten uns den Weg frei und starrten uns fassungslos hinterher. Sie wussten nicht, wen sie aufhalten sollten. Den Verfolgten oder die Verfolger. Doch wir ließen ihnen keine Zeit, sich zu entscheiden, da wir viel zu schnell an ihnen vorbeihasteten.
    Mein Hals brannte, meine Schenkel begannen zu schmerzen und meine Kraft verließ mich. Ich würde nicht mehr lange durchhalten können und beschloss, die Straße noch einmal zu überqueren, da die beiden Typen dieses Spielchen anscheinend nicht mochten. Aber hier herrschte zu wenig Verkehr, und sie hätten mich mühelos verfolgen können.
    Als ich den Boulevard wieder hinaufrannte, merkte ich, dass meine Schritte langsamer wurden, meine Verfolger aber noch nicht näher kamen. Diese Wachhunde waren vielleicht etwas langsam, aber zornig und ausdauernd waren sie auch.
    Ich fand einen Metro-Eingang und rannte ohne nachzudenken die Treppe hinunter, um im Untergrund zu verschwinden. Am Fuß der Treppe verlor ich das Gleichgewicht, fiel mit dem Kopf nach vorn in den Tunnel und riss dabei einen jungen Mann um. Die beiden Wachleute kamen an dem oberen Teil der Treppe an und brüllten:
    »Aus dem Weg!«
    Ich erstarrte vor Angst. Sie würden mich kriegen. Ich sah schon, wie sie mit geballten Fäusten über mich herfielen. Ich war kurz davor, mitten in einer gleichgültigen Menge verprügelt zu werden.
    Das Klingeln der anfahrenden Metro riss mich aus meiner Erstarrung. Das war meine letzte Chance. Ich erhob mich mit einem Ruck und stützte mich dabei auf den Oberkörper des armen Mannes, den ich umgerissen hatte. Dann rannte ich zu den Kontrollsperren, sprang darüber hinweg und stürzte die Treppe hinunter, die zum Bahnsteig führte.
    Das Klingeln verstummte. Gleich würde die Bahn abfahren. Ich eilte die Stufen, zwei auf einmal nehmend, hinunter, dann hörte ich, wie sich die Waggontüren mit einem Quietschen schlossen. Ich sprang die letzten Stufen hinunter und fiel auf den Bahnsteig. Noch ein Schritt bis zum Trittbrett. In letzter Sekunde stellte ich meinen Fuß in die Türöffnung. Dann schob ich meine Hände hinein. Mit aller Kraft zog ich die Türen auseinander und schlüpfte schließlich in den Wagen. Die beiden Schiebetüren schlossen sich krachend hinter mir, und der Zug setzte sich in Bewegung.
    In diesem Augenblick erreichten die beiden Wachhunde den Bahnsteig.
    »Scheiße!«, schrie der Erste.
    Aber der Zweite hatte nicht die Absicht aufzugeben. Er rannte neben dem Wagen her und zerrte am Griff. Die Tür war blockiert, aber dieser Kerl besaß mindestens hundertdreißig Kilo Muskeln. Die beiden Flügel gingen langsam wieder auf.
    Ohne zu zögern versetzte ich den Fingern des Mannes einen kräftigen Fußtritt. Ich hörte seinen Schmerzensschrei, und er zog seine Hand zurück. Die Türen schlossen sich wieder, der Zug fuhr weiter, und mein Verfolger blieb außer Atem und mit blutender Hand zurück.
    *
    Nach mehreren komplizierten Umwegen mit Bus und Metro gelang es mir, meine Verfolger endgültig abzuschütteln und der Tag war schon fast vorbei, als ich wieder im Hotel ankam. Ein Tag, der mich vollkommen um den Verstand gebracht hatte, denn nun zuckte ich zusammen, sobald ich einen schwarz gekleideten Mann sah, sobald eine große Limousine an einer Ampel neben mir hielt, sobald mich jemand seltsam musterte.
    Im Laufe meines Lebens hatte ich einige Psychosen durchlitten, und früher hatten mir die Drogen mehr als einen Streich dieser Art gespielt, aber noch nie hatte ich solch eine starke psychische Spannung empfunden. Mehrere Male hatte ich stehen bleiben müssen, um den Kontakt mit der Wirklichkeit wiederherzustellen. Um meinen Verstand unter Kontrolle zu bekommen, um mich so normal wie möglich zu verhalten. In wenigen Tagen waren so viele seltsame Dinge geschehen, dass ich allmählich an meiner eigenen Vernunft zweifelte. Hatte mein Vater mir eine Falle gestellt? Verfolgten uns diese Männer tatsächlich? Litten Sophie und ich unter Wahnvorstellungen – sie getrieben von der Suche nach einer Sensation und ich unter dem Eindruck des Todes meines Vaters?
    Angst umklammerte mich. Tausende von Stimmen

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