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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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– wenn die Flut hereinkam – verdünnt wurden, wuchsen RNS -Ketten und wurden kopiert. Dies geschah ebenso unter dem Einfluss von Vulkanen und Erdbeben.
    Der Kopierprozess verlief nicht immer ganz akkurat, doch das war von Vorteil, denn es führte ohne irgendeinen speziellen Eingriff zur Vielfalt. Wenn zufällige Variationen dieser Art an eine Art von Auslese gekoppelt werden konnten, die RNS -Ketten mit bestimmten Eigenschaften bevorteilte, dann konnte – musste – sich die RNS weiterentwickeln. Und Auslese war nicht die Frage – das große Problem wäre gewesen, sie zu verhindern. Indem spezielle Sequenzen mit besonderen Eigenschaften erschienen, kam es zwischen ihnen zum Wettbewerb um freie Nukleotide und wahrscheinlich um Wechselwirkungen mit besonderen Fettmembranen. Dieser Wettbewerb löschte manche Sequenzen aus und förderte die Verbreitung anderer. Das führte zu längeren Ketten mit noch spezielleren Eigenschaften.
    Die natürliche Auslese hatte begonnen … und das System wurde lebendig.
    Bei dieser Sichtweise erklärt die Evolution durch natürliche Auslese nicht nur, wie das Leben vielfältig wurde: Sie ist fester Bestandteil dessen, was das Leben überhaupt erst entstehen ließ. Fehler zu kopieren, wenn welche auftreten – aber nicht zu oft –, kann kreativ sein, wenn das System, das den Kontext bildet, nur reichhaltig genug ist.
    Die RNS -Welt ist nicht der einzige Kandidat. Die jüngsten Hypothesen über den Ursprung des Lebens drehen sich um Viren. Viren sind lange DNS - oder RNS -Ketten, für gewöhnlich von einer Proteinhülle umgeben, die dazu dient, sie in andere Organismen einzuschleusen, insbesondere in Bakterien und in tierische und pflanzliche Zellen. Die meisten Viren benutzen die DNS und RNS kopierenden Funktionen des von ihnen infizierten Organismus, um sich fortzupflanzen. Die neuen Kopien werden dann meistens in die Umgebung versprüht, wenn die Zelle oder der Organismus stirbt.
    Seit der Arbeit von Carl Woese im Jahr 1977 gehen die Taxonomen – Wissenschaftler, die das Leben nach seinen zahllosen verwandten Formen klassifizieren – von drei grundlegenden Lebensformen aus, den größten und ältesten Zweigen am Baum des Lebens. Diese »Domänen« umfassen Bakterien, Archäa und Eukaryoten. Wesen der beiden ersten Domänen sind oberflächlich betrachtet ähnlich, weil sie Mikroorganismen sind, doch jede Domäne hatte eine sehr unterschiedliche Entwicklungsgeschichte. Die Archäa reichen vielleicht zurück zu den frühesten aller Organismen. Viele leben in seltsamen und ungewöhnlichen Umgebungen: sehr heiß, sehr kalt, sehr salzhaltig. Bakterien kennen Sie. Beide Typen von Organismen sind Prokaryoten, was heißt, dass ihre Zellen das genetische Material nicht zu einem Zellkern zusammenballen, sondern es von der Zellwand her aufreihen oder in »Plasmiden« genannten geschlossenen Schleifen umherschwimmen lassen.
    Die dritte Domäne, die Eukaryoten, wird dadurch charakterisiert, dass sie Zellen mit Kernen hat. Dazu gehören alle komplexen »vielzelligen« Wesen von Insekten und Würmern bis zu Elefanten und Walen. Und Menschen natürlich. Auch einzellige Organismen gehören dazu. Aus RNS -Sequenzen folgt, dass die erste große Trennung am Baum des Lebens auftrat, als die Bakterien von den Ur-Archäa abzweigten. Dann teilte sich letzterer Zweig in Archäa und Eukaryoten. Wir sind also mit den Archäa näher verwandt als mit den Bakterien.
    Die Viren sind kein Bestandteil dieses Schemas, und es ist strittig, ob sie eine Lebensform sind, denn die meisten von ihnen können sich nicht selbstständig fortpflanzen. Man glaubte gemeinhin, Viren seien auf zweierlei Art entstanden. Manche sind demzufolge herrenlose Gene, die aus ihren Genomen entwichen sind und sich am Leben erhalten, indem sie auf anderen Wesen parasitieren und deren genkopierende Ausstattung kapern. Die anderen waren radikal reduzierte Bakterien oder Archäa, im Lauf ihrer parasitären Lebensweise in der Tat so stark reduziert, dass sie nichts als ihre Gene behalten hatten. Gelegentlich vermuteten Laien, Physiker oder Außenseiter unter den Biologen – die es hätten besser wissen müssen –, die so überaus einfachen Viren seien Überreste des urtümlichen Lebens. Dieser falsche Gedankengang rührt von demselben fehlerhaften Prinzip her wie jener, wonach die Amöben urtümlich sind, weil sie so einfach aussehen. In Wahrheit gibt es viele Arten von Amöben, und manche haben 240 Chromosomen, Gebilde in der Zelle, die die

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