Das juengste Gericht
Schweinereien in die Schuhe schieben können.« Er begann zu weinen. »Ich habe Sunita wie eine eigene Tochter geliebt.«
In Gedanken verloren blickte Schreiner vor sich hin. »Kommen wir zum gestrigen Abend. Können Sie uns sagen, wer Sie gestern Abend überfallen hat? Oder können Sie uns zumindest eine Täterbeschreibung geben?«
»Ich meinte, eine der Stimmen erkannt zu haben. Leider fällt mir absolut nicht ein, wem ich sie zuordnen soll. Es waren zwei Männer. Einer war groß und kräftig gebaut. Der andere Mann war gedrungen. Mehr weiß ich nicht. Es ging alles so unglaublich schnell. Ehe ich mich versah, hatten sie mich gepackt und begonnen, auf mich einzuschlagen und mich zu treten. Ich wurde derartig herumgewirbelt, dass ich nicht mehr wusste, wo mir der Kopf stand. Mir blieb einfach keine Zeit, die Männer zu identifizieren.«
»Haben Sie eine Vorstellung, aus welchem Grund Sie so zugerichtet worden sind?«
»Vielleicht wollten die Männer mich berauben.«
Schreiner machte ein gelangweiltes Gesicht. »Ich bitte Sie. Das glauben Sie selbst nicht. Ihre Brieftasche steckte noch unberührt in Ihrer Jackentasche. Die Täter hätten ausreichend Zeit gehabt, sie an sich zu nehmen. Es muss einen anderen Grund geben.«
»Ich habe keine Idee.«
»Könnte es etwas mit dem Tod von Sunita zu tun haben?«
»Ich wüsste nicht.«
»Wäre es vorstellbar, dass Phillip Krawinckels Frau Ellen den Auftrag erteilt hatte, Sie niederzuschlagen?«
»Nein. Warum ...«
Doktor Maier betrat den Raum und wandte sich an die Polizeibeamten. »Ich muss Sie bitten, Ihre Unterhaltung zu beenden. Die Zeit ist um. Der Patient benötigt Ruhe.«
Schreiner und Köhler bedankten sich und gingen.
32. Kapitel
Mit vorgehaltener Hand und einem unterdrückten Gähnen betrat Hanspeter Schultz am Morgen des 29. November um Punkt acht Uhr den kleinen Besprechungsraum im ersten Stock des Frankfurter Polizeipräsidiums. Er hatte sich mächtig beeilt und schwitzte. Mit einer Routinebewegung rückte er seine Krawatte zurecht.
Die übrigen Teilnehmer der anberaumten Vorbesprechung hatten sich bereits eingefunden und saßen um einen ovalen Holztisch. Es roch leicht muffig. Offenbar hatte niemand den Raum in letzter Zeit benutzt. Die Fenster waren geklappt.
Schultz drehte die Runde und begrüßte die einzige Frau und die sechs Männer, zuletzt seinen Kollegen Augustin Diener. Es wunderte ihn nicht, dass dieser sich neben die junge blonde Polizistin gesetzt hatte. Sie war hübsch. Zwischen Köhler und Schreiner war ein Platz frei. Dorthin setzte sich Schultz.
Köhler schaute sich nach allen Seiten um. »Jetzt sind wir komplett. Unser Kommissariatsleiter, Herr Behrend, wäre gerne zur Begrüßung hinzugekommen. Leider ging das nicht, weil er wegen einer anderen Angelegenheit zum Präsidenten gerufen wurde. Das hat immer noch Vorrang.«
Das laute Lachen kam von Schreiner. »Deine Beweisführung ist nicht zwingend, Günter.«
Die Polizisten fielen in das Lachen ein. Köhler dämpfte mit erhobener Hand die Lautstärke. »Wir haben jetzt leider keine Zeit für Späße. Ich heiße besonders unsere beiden Gäste, die Herren Staatsanwälte Schultz und Diener, herzlich willkommen. Ihnen beiden möchte ich die Dame und die Herren am Tisch vorstellen, soweit Sie Ihnen noch nicht bekannt sind.« Köhler deutete jeweils mit dem Kopf in die Sitzrichtung. »Das ist Frau Natascha Breidel. Ein Neuzugang bei uns und ein echter Glücksfall. Sie war vorher beim Landeskriminalamt und ist eine ausgewiesene Computerfachfrau. Frau Breidel war im LKA bereits mit der Internet-Recherche in Verfahren gegen Neonazis und gegen Kinderschänder befasst. Die übrigen Herren am Tisch sind die Kollegen Pechstein, Golz und Mannteufel, alle von unserem K 11.«
Schultz nickte. »Wir kennen uns.«
»Herrn Schultz bitte ich zunächst, uns einen Überblick zum Verfahren zu geben, damit wir wissen, worauf es bei der heutigen Durchsuchung ankommt.«
Schultz fasste den Fall tatsächlich und rechtlich zusammen. Er hob hervor, dass eine Unterrichtung des Justizministeriums durch den Behördenleiter telefonisch erst eine viertel Stunde vor Beginn der Durchsuchung erfolgen werde. Dies geschehe nicht aus Sorge um vorzeitige Indiskretionen. Die Vorgehensweise erlaube vor allem den Hinweis, das Ministerium habe sich nicht in die Ermittlungen eingemischt. Anschließend trug er den Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse vor und erläuterte, worauf zu achten und nach welchen Beweismitteln zu
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