Das juengste Gericht
nicht dazu verpflichtet. Die Durchsuchung ist gerechtfertigt. Es gibt einen Beschluss des Gerichts, der die Maßnahme gestattet. Ein Bediensteter des Hauses, der hier zugegen ist, hat von mir eine Durchschrift erhalten. Wenn Sie morgen um elf Uhr in meinem Büro sind, werden Sie mich antreffen. Sie erhalten dann von mir ebenfalls eine Kopie des Beschlusses.«
Nach Beendigung des Gesprächs hätte Schultz sich gerne eine Zigarre angezündet. Er sah davon ab und nahm seine Arbeit wieder auf.
Nach einiger Zeit kamen Köhler und Pechstein hinzu. Sie hatten keine beweiserheblichen Gegenstände gefunden und unterstützten nun die übrigen Beamten bei ihren Nachforschungen.
»Eine Kleinigkeit haben wir auch zu bieten«, sagte Pechstein.
»Ich habe eben mit Golz telefoniert. Sie sind mit der Durchsuchung in dem Objekt in Freiensteinau fertig. Dort befindet sich ohne jeden Zweifel das Studio oder der Keller, den Sunita auf einem ihrer Bilder gemalt hat. Golz sagt, in dem unterirdischen Raum gebe es tatsächlich eine Wasseruhr.«
»Das ist fantastisch«, lobte Schultz.
Um elf Uhr fanden sich Diener und Schreiner ebenfalls bei Schultz ein. Diener nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben Natascha Breidel an den Computer. Sie begannen, miteinander zu flüstern.
Sonst sprach niemand ein Wort.
Nach etwa einer weiteren halben Stunde sprang Natascha Breidel von ihrem Sessel vor dem Computer auf. Sie strahlte mit Diener um die Wette. »Jetzt haben wir es. Eben haben wir ihn geknackt.«
Die vier übrigen Männer ließen ihre Arbeit liegen und eilten hinzu. Schultz gebot, Ruhe zu bewahren. Er wollte verhindern, dass Bedienstete von einem der Durchsuchungsergebnisse genauere Kenntnis erhielten. »Sie sind fündig geworden? Inwiefern?«
Die Wangen von Natascha Breidel glühten. Mit einem Blick klärte sie ab, dass Diener nicht beanspruchte, vor ihr zu Wort zu kommen. »Wir haben eine ganze Menge Titel überprüft. Sie sind alle so nichtssagend. Das ist immer die Gefahr dabei. Man kann nicht alles durchsehen, bestenfalls in Stichproben. Den Titel ›Das jüngste Gericht‹ hatte ich zunächst völlig vernachlässigt. Ich hielt unseren Beschuldigten für einen frommen Spinner. Herr Diener machte mich darauf aufmerksam, dass Krawinckel in seiner Vernehmung von der Vielfalt beim Essen geschwärmt hatte. Plötzlich wurden wir uns gemeinsam der widerlichen Mehrdeutigkeit des Begriffs ›Gericht‹ bewusst.«
Diener schaute ernst und nickte. Die anderen vier Männer zeigten durch ihr Mienenspiel, dass sie das Ausmaß der Entdeckung noch nicht völlig begriffen hatten.
Mit dem Zeigefinger tippte Natascha Breidel auf den Bildschirm. »Vielleicht habe ich mich noch nicht ganz verständlich machen können. Mit dem Titel hat Krawinckel zum Ausdruck gebracht, dass die Abrufer jedwede sexuelle Kost von kleinen Kindern serviert bekommen. Er hat unter diesem Titel im Internet ein kinderpornografisches Forum betrieben. Dabei ist sicher Geld geflossen, viel Geld.«
Schultz fielen die zahlreichen Belege über gleich lautende Summen in den Ordnern aus dem Büro von Krawinckel ein. Die Erklärung dafür hatten sie offenbar gefunden.
»Wir haben unter dem schönen Namen www.schalteundwalte.de einen Link gefunden«, sagte Diener. »Auf dem Server sind offenbar Unmengen von Fotos und Filmen geladen, die wir noch im Einzelnen auswerten müssen.«
Schultz stöhnte. »Entsetzlich. Diese ganze Schweinerei müssen wir uns anschauen, um Krawinckel überführen zu können.«
Flüsternd hatte Diener Natascha Breidel aufgefordert fortzufahren. Sie drehte ihren Sessel zu den hinter ihr stehenden Männern um. »Die Einlieferer dieser Fotound Filmaufnahmen erhalten einen Link, unter dem sie das Material sowohl abrufen als auch an andere Personen weitergeben können. Der Querverweis führte uns zu einer Videodatei, die ein leicht dunkelhäutiges Mädchen bei sexuellen Spielen mit einem erwachsenen Mann zeigt. Es ist nur das Gesicht des Kindes zu erkennen. Wenn wir es mit den Fotos bei unseren Akten vergleichen, dürfte es sich um die getötete Sunita handeln. Um wen es sich bei dem Mann handelt, wissen wir noch nicht. Fest steht, dass er einen nicht mehr ganz jungen Körper hat.«
»Heißt das, dass wir auf den miesen Typ, der sich an ihr vergreift, keinen Hinweis haben?«, fragte Schreiner.
Natascha Breidel errötete. »Noch nicht. Wir konnten das Material nur ganz kursorisch sichten. Später werden wir in aller Ruhe die Kopie auswerten. Mit einiger
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