Das juengste Gericht
Sicherheit werden die Zeitlupen und Vergrößerungen uns ein paar Erkenntnisse über den Täter vermitteln.«
Schultz machte ein nachdenkliches Gesicht. »Das haben Sie fantastisch gemacht, Frau Breidel.« Er schüttelte den Kopf.
»Seltsam ist trotzdem, dass wir jetzt eine Straftat ermittelt haben, die noch keinen rechten Bezug zur Tötung von Sunita aufweist. Daran müssen wir noch arbeiten.«
»Herr Schreiner und ich haben in den privaten Räumen von Frau Krawinckel zwei Dinge gefunden, die vielleicht weiterhelfen«, sagte Diener. »Herr Schreiner, Sie haben die Belege zur Hand. Seien Sie so nett und sagen Sie, worum es sich genau handelt.«
Schreiner entnahm einer Laufmappe einen Bankauszug und ein gefaltetes Blatt Papier. »Dieser Bankauszug weist eine Barabhebung von einem Konto bei der Hauptfiliale der Deutschen Bank in der Großen Gallusstraße am 1. November um 10:09 Uhr über 3.000 Euro aus. Das war der Todestag von Sunita. Der Bankauszug ist an Ellen Krawinckel adressiert. Wegen der Höhe der Summe muss das Geld am Schalter abgehoben worden sein. Über die Person, die das Geld abgehoben hat, sagt der Auszug naturgemäß nichts.«
»Was in der Folge bedeutet, dass wir beim Ermittlungsrichter einen Beschlagnahmebeschluss für dieses Konto beantragen und damit zur Bank gehen müssen. Wir müssen wissen, wer alles Kontovollmacht hatte«, sagte Schultz.
»Was verbirgt sich denn hinter dem zweiten Beleg?«, fragte Köhler.
Als hätte ihn die Frage seines Kollegen überrascht, fiel Schreiner die Aktenmappe zu Boden. Er fluchte, hob die Papiere wieder auf und faltete das Blatt auseinander. »Das ist ein Abholschein des Juweliers Friedrich in der Goethestraße. Auffällig ist, dass er auch am 1. November ausgestellt ist und die Goethestraße in unmittelbarer Nähe des Tatorts liegt. Ein Name ist nicht vermerkt.«
Köhler ließ sich den Zettel zeigen. »Da müssen wir ebenfalls hin.« Schultz wandte sich an die Runde. »Am besten gehen wir jetzt mit allem, was wir haben, in den Salon und schreiben das Beschlagnahmeprotokoll.«
Mit erhobener Hand protestierte Breidel. »Herr Diener und ich kommen gleich nach. Wir müssen noch eine Kopie der Festplatte fertigen.«
Im Salon zog Pechstein ein Formular hervor und setzte sich an den Tisch. »Am besten diktiert mir jemand, was wir mitnehmen.«
Noch während der Auflistung kamen Breidel und Diener hinzu. Nach Fertigstellung des Protokolls holte Diener Mike Kellermann und ging mit ihm die Zusammenstellung durch. Anschließend reichte er ihm einen Kugelschreiber zur Unterschrift. »Sie erhalten eine Durchschrift für die Eheleute Krawinckel.«
Als Kellermann unterschrieben hatte, nahm Schultz das Protokoll entgegen und wollte es zu den übrigen Vorgängen nehmen.
Plötzlich stutzte er.
Schultz ärgerte sich, dass er nicht erkannte, was ihn aufmerken ließ. Wahrscheinlich lag es daran, dass er mit seinen Gedanken wieder einmal bei Traudel im Krankenhaus gewesen war. Es hatte auch keinen Zweck, einen der Kollegen zu fragen. Er hätte nicht gewusst, wie er die Frage formulieren sollte. Das würde ihm keine Ruhe lassen. Wenn er Pech hatte, würde ihm der Ansatzpunkt bis zum Abend nicht einfallen. Das konnte bedeuten, dass er heute Nacht keinen Schlaf finden würde.
Die Beamten luden die sichergestellten Unterlagen in eines ihrer Dienstfahrzeuge. Sie beschlossen, zunächst zur Staatsanwaltschaft zu fahren. Schultz hatte vorgeschlagen, dort das weitere Vorgehen zu beraten.
Im Dienstzimmer der beiden Staatsanwälte machte sich Diener mit der Kaffeekanne auf den Weg zur Teeküche, um Wasser zu holen. Schultz ließ sich in seinen Sessel fallen und steckte sich eine Zigarre an. Die Polizeibeamten hatten die beschlagnahmten Papiere auf dem Schreibtisch von Diener abgelegt und eine ausreichende Anzahl Stühle besorgt. Sie setzten sich im Halbkreis um die beiden Schreibtische von Schultz und Diener.
»Sie sind sicher, dass wir die Unterlagen nicht zuerst genau erfassen und auswerten sollen, bevor wir sie Ihnen zuleiten?«, fragte Köhler.
Schultz nickte. »Ganz sicher. Ich will mir die Schriftstücke heute Abend in Ruhe ansehen. Mein Gefühl sagt mir, dass ich etwas übersehen habe.« Er schaute auf seine Taschenuhr. »Ich wäre dankbar, wenn wir rasch noch klären, wie es weitergeht. Anschließend will ich unbedingt ins Krankenhaus.« Er holte Luft. Dabei registrierte er, dass die Augen von Diener unablässig auf Natascha Breidel gerichtet waren. »Vorbehaltlich, dass
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