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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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wenigstens nützlich machen und mit ein bisschen Arbeit ablenken.«
    »Auch wahr«, sagte Diener und weihte Schultz in die Ereignisse des Vormittags ein.
    Schultz schüttelte den Kopf. »Das nennt sich dann eine Dame der High Society. Ich arbeite jetzt die Akte Beuchert durch und bin für niemand zu sprechen.«
    Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis Schultz sich den gesamten Verfahrensstoff angeeignet hatte. Zum Schluss nahm er sich eine beigelegte Klarsichtmappe vor, in welcher die von Sunita gemalten Bilder verwahrt wurden.
    Er stutzte. Die Bilder waren nicht bündig eingelegt. Zumindest war der Versuch unternommen worden, sie aus der Mappe herauszuziehen. Ein Bild ragte teilweise aus der Hülle und war geknickt.
    Ellen Krawinckel. Diener hatte sie am Morgen wegen seines Gesprächs mit Beilstein in dem Zimmer alleine lassen müssen. Selbstverständlich konnten auch andere Abläufe nicht ausgeschlossen werden. Doch die Sorge, dass Ellen Krawinckel Bilder entfernt oder dies zumindest versucht haben könnte, bewegte ihn, sich den Inhalt der Mappe ganz genau anzuschauen.
    Der Klarsichthülle hatte die Polizei einen Vermerk über die Herkunft der Malereien und die Anzahl der Bilder vorangestellt.
    Schultz zählte die Blätter durch und stellte zu seiner Beruhigung fest, dass sie vollständig waren.
    Die Hülle enthielt ausschließlich Aquarelle und Bleistiftzeichnungen, die mit Buntstiften nachgeführt und ausgemalt waren. Motive aus der Modewelt und der Musikszene waren in der Überzahl. Es handelte sich um kleine Kunstwerke, die das erhebliche Talent der Urheberin verrieten. Sunita hatte sich der gegenständlichen Kunst verschrieben. Ihre Produkte stellten ein realistisches Abbild ihrer Traumwelt dar. So oder ähnlich konnte jedermann die Welt der Mode und Musik zumindest in Fernsehübertragungen verfolgen.
    Schultz sortierte nach intensiver Sichtung drei Bilder aus, weil sie thematisch aus dem Rahmen fielen. Er unterzog sie einer längeren Betrachtung.
    Das erste Bild sollte wohl ein Fotoatelier darstellen. Es zeigte keine Personen, dafür mächtige Kameras, die aus einem höher gelegenen Zimmer nach unten auf ein Kellerverlies mit Gittern, zugemauerte Fenster und eine riesengroße Liege gerichtet waren. An der Wand hing eine überdimensionale Uhr mit nur einem Zeiger. Alle Gegenstände waren in schwarz und grau wiedergegeben, bis auf die Liege. Sie war mit tiefroter Farbe ausgemalt, wie Blut.
    Auf dem zweiten Gemälde war ein Mann in einem Anzug zu sehen, dem die Hände fehlten. Um seinen Hals hingen zwei Kameras, die übergroß und jeweils mit gewaltigen Blitzlichtgeräten gezeichnet waren. Sämtliche Umrisse und Konturen hatte Sunita nur mit Bleistift gezogen.
    Mit dem dritten Bild beschäftigte sich Schultz am längsten. Es fiel stilistisch aus der Reihe. Die junge Künstlerin hatte sich hier offenbar von ihrer sonstigen Neigung zu wirklichkeitsgetreuer Wiedergabe gelöst.
    Das Aquarell zeigte eine Person, offensichtlich einen Mann. Er war von vorn in die Bildmitte gestellt und schien keine Kleidung zu tragen. Das Gesicht war als fratzenhafte Maske dargestellt. Die Augenlider waren parallel zueinander gezeichnet und mit einem starken Rot betont. Der Mann grinste.
    Rechts neben dem Kopf des Mannes war ein übergroßer Mund ohne zugehörigen Kopf gemalt, der zu einem Schrei geformt war.
    Aus dem Mund lief eine Flüssigkeit. Sie wirkte auf den Betrachter durch eine Mischung von grüner und schwarzer Farbe ekelerregend.
    Der ganze Körper des Mannes war mit schmutzigen Farben in Gelb, Grün und Ocker ausgefüllt, die ohne feste Ränder auf dem Papier ausfächerten. Auch auf diesem Bild fehlten die Hände.
    Schultz legte die Bilder wieder in die Klarsichthülle und überlegte, welche Schlüsse daraus gezogen werden könnten. Als es klopfte, brachte er nur einen durch Husten unterbrochenen Laut hervor.
    Schreiner trat ein und strahlte ihn an. »Sie sind ja doch hier. Wie schön. Hier sind die Fotos, die ich Herrn Diener versprochen hatte. Erfreulich schnell, nicht wahr?« Er legte die Bilder vor Schultz auf den Schreibtisch und setzte sich ihm gegenüber.
    »Ich darf doch?«
    Das Nicken von Schultz war fast nicht wahrnehmbar. Er vertiefte sich in die Fotos und schob Schreiner gleichzeitig die Klarsichthülle hinüber. »Schauen Sie sich das bitte mal an.«
    Es dauerte einige Minuten, bis Schreiner den Inhalt der Mappe durchgesehen hatte. Dann pfiff er durch die Zähne. »Das sind doch die Malereien von Sunita, die

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