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Das Kabinett der Wunder

Titel: Das Kabinett der Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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Gedanken, Iris. Dir bleiben noch ein paar Wochen bis zum Geburtstag des Prinzen. Du hast genug Zeit.«
    Iris schniefte.
    »Kannst du deine magischen Kräfte nicht einfach ausschalten? Dich vielleicht aus der Säureproduktion zurückziehen?«
    »Zurückziehen!« Iris schnaubte. »Man kann seine Magie nicht einfach wegwischen. Jedenfalls hat meine Magie auch ihre guten Seiten.«
    »Welche zum Beispiel?«
    »Also wenn ich zum Beispiel gefühlsmäßig stark und aufgeladen bin und Phosphor berühre, kann ich ein Grün herstellen, das so strahlend ist, dass dir die Augen übergehen.«
    »Das scheint mir das Ganze aber nicht wert zu sein. Worin liegt der Sinn eines magischen Talents, das deine Haut Säure ausscheiden lässt, sobald du wütend oder traurig wirst?«
    Iris gluckste. Zuerst langsam, aber dann lachte sie, als hätte Petra etwas Urkomisches gesagt. »Oh du kleines Lämmchen!«, keuchte sie. »Über dich ist bestimmt noch keiner hergefallen. Dir hat noch keiner in deinem Leben auch nur ein Fünkchen Leid angetan. Stimmt’s?« Ihr Lachen verebbte,
und sie sprach wieder mit ernster Stimme: »Ich hoffe, dass das auch in Zukunft so sein wird. Nun raus aus meinem Labor. Ich gebe dir heute einen freien Tag.«
    Das war eben Iris. Sie hatte nie nach Petras Namen gefragt. Sie war verschroben, selbstsüchtig und überheblich. Doch sie konnte einen auch überraschen. Petra hatte in Iris’ Stimme das Bedürfnis herausgehört, sie zu beschützen, und plötzlich wurde ihr klar, dass Iris sie mochte.

Die Menagerie
    PETRA GING an ihrem verschlossenen Holzkasten vorbei zum Stall.Vor dem Gebäude stieß sie auf Neel, der eine Schubkarre voll Mist schob. Sein Gesichtsausdruck war so säuerlich wie der Geruch, der ihn umgab.
    »Was machst du da?« Petra verzog das Gesicht.
    »Was meinst du wohl? Die einzige Arbeit, die ich bekommen konnte, war, die Pferdeboxen auszumisten.« Er stellte den Schubkarren ab.
    »Aber ich hab dich nirgendwo in der Burg gesehen. Beim Abendessen hab ich nach dir gesucht.«
    »Wo dann auch Sadi wäre? Meine Schwester? Die doch nicht wissen soll, dass ich hier bin?« Er warf Petra einen gereizten Blick zu.
    Petra biss sich auf die Lippe. Natürlich konnte Neel nicht zum Abendessen dazukommen. Sie wurde verlegen und das machte sie angriffslustig. »Also, Sadi schläft nicht im Schlafsaal der Männer.« Petras Stimme wurde lauter. »Ich bin jeden Abend um den Eingang zu diesem Raum herumgeschlichen und du bist nie da gewesen.«

    Neel lachte freudlos. »Du glaubst doch nicht etwa, dass die anderen Bediensteten einen Zigeuner bei sich schlafen ließen? Nie im Leben. Tabor und ich sind gerade gut genug, um hinter den Pferden sauber zu machen. Selbst wenn ich mich von Sadi nicht fernhalten würde, habe ich nicht die richtige Hautfarbe, um an einem Tisch mit den Gadsche zu essen oder um in einem Gadschebett zu schlafen. Tabor und ich gehen nach Hause, wenn der Arbeitstag vorbei ist. Komm schon, tu nicht so, als ob du überrascht wärst.«
    Das war nun schon das zweite Mal innerhalb einer Stunde, dass Petra behandelt wurde, als wüsste sie nicht, wie es auf der Welt zuginge.Verärgert runzelte sie die Stirn und wollte gerade etwas sagen, als Neel ihr zuvorkam. »Ich brauch dein Mitleid nicht.«
    »Das kriegst du auch nicht!«, brauste sie auf. »Du verbringst die Nacht wahrscheinlich sowieso lieber bei deiner Familie!«
    »Ja-a, schon. Aber darum geht es doch gar nicht, oder?« Er schüttelte den Kopf, nahm den Schubkarren wieder auf und marschierte los, fort von Petra. Einen Moment lang stand sie nur da. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und ging mit großen Schritten davon.
    Petra, du reagierst ein bisschen übertrieben , sagte Astrophil.
    Überhaupt nicht. Ich bin es leid, nicht weiterzukommen. Alles, was ich mache, ist, tagein und tagaus in den Katakomben dieser Burg zu arbeiten. Und wenn ich endlich mal freihabe, gehe ich los, um jemanden zu treffen, der eigentlich mein Freund sein sollte. Und das Einzige, was er macht, ist, mich anzuschreien.

    Bist du ganz sicher, dass du ihn nicht zuerst angeschrien hast?
    Petra ging langsamer, doch sie verteidigte sich. Er war doch unmöglich! Er hat zwar gesagt, er würde helfen, aber er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht zu versuchen, mir eine Nachricht zukommen zu lassen. Obwohl er hier den ganzen Tag arbeitet.
    Genau. Er hat hier den ganzen Tag gearbeitet.
    Sie blieb abrupt stehen.
    Glaubst du etwa , fuhr die Spinne fort, er würde hier Pferdemist schaufeln,

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