Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
Vom Netzwerk:
Überprüfung vor der Konfrontation. Wobei er begriff, dass das unnötig wäre. Harath bekam gar nichts davon mit, dass er herantrat, ebenso wenig wie vom Ausschnitt, den ihm die Hure gegen den Arm drückte, und von ihrem grinsenden Geplapper ins Ohr. Er saß da, einen Kelch in der Hand, und starrte in mittlere Entfernung, als wäre dort das Ende eines Regenbogens mit dem Gold der Sumpfbewohner zu finden.
    Ringil ließ sich auf den Stuhl gegenüber fallen.
    »Hallo, Harath.«
    Der Steppennomade fuhr zusammen, sah den Mann ihm gegenüber und wollte aufspringen. Doch Ringils Hand schoss hervor, packte den Arm des Majak am Ellbogen und hielt ihn fest. Er beugte sich hinüber. Der Tisch quietschte, die Weinflasche sprang hoch und fiel um. Die Hure ergriff sie mit geübter Hand, bevor alles verschüttet wäre, und stellte sie wieder hin. Harath wollte sich losreißen und aufstehen.
    »Machen wir doch keine Szene«, sagte Ringil leise.
    »Verdammt, was glaubst du …«

    »Ich bin ein Freund vom Drachentöter und sehr darauf aus, ihn vor den Königsfänger zu finden. Weißt du, wo er ist?«
    »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht.« Nach wie vor das Bemühen, sich zu befreien. »Ihr …«
    »Setz dich!« Jetzt Auge in Auge mit dem jüngeren Mann. »Oder ich sorge dafür, dass du zur Mittagszeit mit den Königsfängern redest. Möchtest du das Innere ihres Befragungsraums oben im Palast sehen? Das lässt sich arrangieren. Nun, wo ist der Drachentöter?«
    Harath brach zusammen und gab auf. Sank schwer atmend wieder auf seinen Stuhl. Ringil ließ ihn los. Setzte sich in seinen Stuhl zurück und richtete den rechten Ärmel, der sich bei dem Gerangel hochgeschoben hatte. Glättete sich pingelig die Weste. Überspielte so das eigene Bemühen, wieder zu Atem zu kommen. Er blickte zu dem Majak hoch.
    »Nun?«
    »Ich habe dieses skaranakische Arschloch seit Tagen nicht gesehen.« Ein gezischter Ausbruch über den Tisch. »Und er schuldet mir Geld, der Mistkerl. Ich möchte ihn ebenso dringend finden wie Ihr.«
    »Sieht aber nicht so aus, als würdest du sehr suchen.«
    »Glaubt Ihr! Warum bin ich heute früh überhaupt hier runter? Habe gedacht, er würde vielleicht reinkommen. Dann höre ich diesen ganzen Scheiß mit der Wache, außerdem hat der dusselige Blödmann Adelige oben am Hügel vergewaltigt und ermordet. Als hätten wir nicht auch so schon genug Schwierigkeiten.«
    »Schwierigkeiten? Welche Schwierigkeiten?«
    »Er schuldet ihm Geld«, warf die Hure eifrig ein. »Habt Ihr nicht zugehört? Ihr seid ein Freund von diesem Drachentöter, Ihr solltet es …«
    Ringil warf ihr einen Blick zu, und ihre Stimme erstarb, als
hätte er ihr ins Gesicht geschlagen. Er wandte sich wieder dem jungen Majak zu.
    »Was für Schwierigkeiten?«
     
    Es brauchte eine Weile, die Geschichte aus Harath herauszubekommen. Der Majak war ziemlich betrunken, und er schien vor allem daran interessiert, seinem Ärger Luft zu machen über diesen sogenannten Drachentöter, den Klan der Skaranak im allgemeinen, über geile alte Männer, die sich immer noch für junge Böcke hielten, seine ungetreuen Freunde von den Ishlinak, die erbärmliche Bezahlung als Söldner, die militärische Dummheit in Demlarashan, religiöse Eiferer und imperiale Arroganz, und eigentlich über so ziemlich sämtliche Aspekte des Lebens, denen er begegnet war, seitdem er sich südlich des Dasharapasses befand …
    Die eigentliche Geschichte, die er berichtete, zog sich durch das Ganze wie ein schwer verwundeter Mann, der sich auf sein Klagen stützt, während er durch ein weitläufiges Krankenhaus irrt, in dem irgendwo ein Bett für ihn bereitstehen sollte. Die ganze Zeit über saß die Hure an seiner Seite, zu eingeschüchtert durch Ringils funkelnden Blick, um tatsächlich zu unterbrechen. Immer wieder rieb sie jedoch heftig Haraths Schenkel, murmelte ihm süße mütterliche Nichtigkeiten zu und füllte ihm den Becher aus der Flasche wieder auf, wenn er ihn geleert hatte. Als Gegenleistung liebkoste Harath sie, verlor den Faden der Geschichte, vergaß sich hin und wieder in einem wilden Durcheinander aus knurrenden Küssen auf Nacken und Kehle, während Ringil zuschaute, die Zähne zusammenbiss und sich alle Mühe gab, die Hände bei sich zu halten.
    Unter anderen Umständen …
    Er zügelte seine Wut hauptsächlich deswegen, weil Gewalttätigkeit
unerwünschte Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt hätte, aber auch, weil er Haraths Redeschwall nicht unterbrechen wollte, der

Weitere Kostenlose Bücher