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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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sie das Mädchen mit dem anderen Arm umfing und ihr aus wenigen Zoll Abstand in die Augen sah. Das eigene Verlangen zurückhalten, benommen daran hängen, es nähren mit den geteilten Lippen des Mädchens und seinen halb geschlossenen Augen und dem Stöhnen, das zu heftigem Keuchen schmolz, als sie zu reiben begann, der verzweifelt angespannte Griff ihrer Hand um Archeths Handgelenk, ihre Finger tiefer ziehend, drängender daran zerrend, aufschreiend, während sie sich hin und her drehte und versteifte und schluchzend kam.
    Archeth spürte, wie sie selbst vor Verlangen zerfloss.
    »Jetzt ich.« Sie sagte es drängend, immer und immer wieder. »Jetzt ich!«
    Und sie neigte sich vornüber in den begierigen Mund des Mädchens, ihrer Zunge zu.
     
    Hinterher lagen sie eng zusammen, verschwitzt und in duftenden Laken, murmelten einander Liebkosungen ins Ohr und wie es sich angefühlt hatte, nachdem sie die Kerzen genommen und Ishgrim gezeigt hatte, wie sie diese bei ihr benutzen sollte, nachdem Ishgrim schüchtern um denselben Gefallen gebeten hatte, nach all dem lag Archeth mit dem Mädchen zusammen, das sich an sie geschmiegt hatte und in ihrer Armbeuge schlief, und starrte durch das Zimmer zu den bebenden Schatten der Lampe.
    Schweiß tropfte ihr von den Haarwurzeln herab. Der Schlaf wollte sie nicht überkommen. Sie blickte auf das schlafende Gesicht des Mädchens hinab und begriff auf einmal, dass sie jetzt etwas Neues verlieren könnte. Dass sie sich keine weiteren Fehler mehr leisten könnte, dass sie es sich nicht mehr leisten könnte, ihre Überlegenheit zu verlieren.

    Ein Unbehagen rührte sich, schlich in ihrem Kopf herum. Alle flüchtigen Ausreden, in die sie sich gehüllt hatte, flogen davon, getränkt in den Erinnerungen an ihr Gespräch mit Angfal.
    Anasharal sagt, etwas Dunkles ist unterwegs.
    Ja. Oder vielleicht bereits hier.

42
    Es kostete ihn eine Stunde und drei Menschenleben, bis er Menkaraks Gemächer erreichte.
    Der erste Tod war reines Pech. Während er einen schmalen Korridor irgendwo unter der Südmauer entlanghuschte, bog er um eine Ecke und lief einem eiligen jungen Hüter direkt in die Arme. Sie stießen zusammen und prallten zurück, allerdings ging keiner von beiden richtig zu Boden. Der andere Mann sah ihn eine fatale Sekunde lang in dem schwachen Licht groß an und öffnete dann den Mund zu einem Schrei.
    Da war Ringil bereits über ihm.
    Mit gezücktem Drachenzahndolch, und der Mantel blähte sich hinter ihm wie gezackte Schwingen. Er schlug dem Hüter die freie Hand über den offenen Mund, dämpfte dadurch den Schrei und riss den Mann zu Boden, den Dolch hoch erhoben. Der Hüter schlug wild um sich, schüttelte den Kopf in verzweifelter Verneinung und rülpste erstickt Worte gegen Gils Handfläche. Ringil hakte ihm den Daumen unters Kinn, riss den Kopf seitlich hoch und schnitt ihm die Kehle durch. Eilig zog er die Hand mit dem Messer zurück, damit es nicht vom herausquellenden Blut beschmutzt wurde, und beobachtete genau, wie die Züge des Hüters erschlafften.
    Holte tief Luft und stand wieder auf.

    Scheiße, verdammte.
    Er starrte auf sein Werk hinab. Das Blut des Hüters breitete sich über das Steinpflaster aus, schwarz in dem düsteren Licht. Die Augen des Mannes blickten leer zur Decke. Ringil sah in beide Richtungen den Korridor entlang und spähte um die Ecke. Niemand sonst da, aber ebenso wenig entdeckte er etwas, wo er den Leichnam verstecken könnte. Er rief sich den Plan der Zitadelle ins Gedächtnis und verortete sich innerlich darauf. Eine Ebene über ihm gab es einen Ziergarten in einem kleinen Innenhof, ein Stück den Weg zurück, den er gekommen war. Obwohl die Blutmenge, die er abbekäme, wenn er den Leichnam so weit trüge …
    Wirst ein bisschen pingelig auf deine alten Tage, was, Gil?
    Er beugte sich herab, packte den schlaffen Leib des toten Mannes unter den Armen und schleifte ihn zur Korridormauer. Dann hievte er sich den Leichnam über die rechte Schulter, richtete sich mit einiger Mühe auf – gut genährt, diese Hüter, verflucht! – und ging schwankend auf der Suche nach der Treppe weiter. Er hinterließ breite Blutstreifen auf dem Pflasterstein, aber dagegen ließ sich nicht viel tun. In diesem Bereich des Korridors gab es keine Fackeln, und er hegte einige Hoffnung, dass jemandem, der da im Dunkeln herumliefe, die Flecken entgehen mochten. Mit etwas Glück würde vor Anbruch des neuen Tages sogar niemand hier herunterkommen.
    Mit etwas Glück, ja.

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