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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schmitz
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Hier in den Bauch.« Sie
drehte sich um, riss das Loch in ihrer Pyjamajacke weiter auf, heulte.

    »Waren Sie das, Orend?«

    Katharina nickte. Der Schmerz pulsierte in ihrer Hüfte.
Sie fühlte das Blut an ihrem Bein hinunterlaufen. »Ich brauche einen Arzt«,
sagte sie, bevor sie umfiel.

     

31

    Der Transfogarasch-Highway begann harmlos. Hinter Scoreiu bog
eine Asphaltstraße im rechten Winkel von der E 68 ab. Die Reifen des Corsas,
den Schreiber am Flughafen in Sibiu gemietet hatte, surrten auf dem rauen
Belag. Nach ein paar Kilometern fiel Hannes auf, was fehlte: Schlaglöcher. Er
gab ein bisschen mehr Gas.

    Die Straße führte ihn durch ein weites Tal auf die Berge
zu. Zu beiden Seiten arbeiteten Familien auf schmalen Streifen Land. Das Kraut
der Kartoffeln gilbte bereits. Die Erbsenschoten wölbten sich. Pferdewagen
warteten im Schatten der Straßenbäume auf die Heimfahrt. Eine Kette Rebhühner
strich über ein schütteres Maisfeld und fiel am Rand ein. Die Sonne des
Spätsommernachmittags leuchtete das Land bis in den letzten Winkel aus.
Schreiber durchfuhr Dörfer, die in ihrem Licht dösten wie Straßenköter.

    Hinter Cart isoara
begann der Wald. Die Straße wurde schmaler und kletterte in Kehren bergan. Ein
Bergbach stürzte zu Tal. Auf dem Parkplatz der Cabana Cascad a hielt Schreiber
an und stieg aus. Außer Flugzeugfutter hatte er noch nichts gegessen. Mit Mühe
ord erte er einen cafea Jacobs cu lapte und ein Paket Waffeln.
Der Milchkaffee entpuppte sich als klein und stark.

    Hannes war mulmig um die Rosette. Von seiner Stippvisite
in Berlin wussten sie beim Magazin nichts. Schreiber war nicht im Büro gewesen, und mit Bartelmus hatte er auch
nicht telefoniert. Was hätte er Stefan erzählen sollen? Dass die tolle
Geschichte über Diana Steinkamp und ihren Bärenflüsterer endgültig geplatzt
war? Bartelmus hätte ihn nach Hamburg zitiert und zusammengefaltet. Und ihm
verboten, nach Rumänien zurückzukehren. Bestenfalls nur das.

    Auf sich allein gestellt turnte Hannes durch dieses Land,
dessen Sprache er nicht verstand, dessen raue Sitten ihn beunruhigten, dessen
Berge und Wälder er liebte. »Rumänien ist ein schönes Land«, sagten die
Siebenbürger Sachsen, wenn kein Rumäne zuhörte, »schade, dass es bewohnt ist.«
Hannes mampfte seine letzte Waffel, spülte mit cafea Jacobs nach und fuhr weiter.

    Steiler stieg der Transfogarasch an. Der Wald wich
Latschenkiefern und Almen. Vor ihm türmten sich die Berge wie eine Wand.
Schreiber beugte sich über das Lenkrad. Er legte den Kopf in den Nacken und sah
dennoch keinen Himmel. Nichts als grauer Fels. In den Haarnadelkurven über ihm
kroch ein Laster. Schreiber schlich hinterher. Ein Blick aus dem Fenster:
rechts der Stein, links das Nichts. Hannes heftete seine Augen auf den
Mittelstreifen. Erst in einer flacheren Passage traute er sich wieder, zur
Seite zu schauen. Schäfer hatten ihr Lager an den Hängen aufgeschlagen. Ihre
Tiere zogen grasend über die Alm, die Glöckchen an ihrem Hals klunkerten bei
jedem Schritt.

    Hannes parkte den Wagen auf einem Schotterstummel, der
vom Highway abbog, und stieg aus. Hunde, die im Schatten geschlafen hatten,
standen auf und kamen auf ihn zu. Die Meute fächerte sich auf und versuchte,
ihn einzukreisen. Es waren keine Hütehunde, die Schafe beieinander hielten.
Diese sechs Struppis schützten das Vieh vor Bären, Wölfen und Dieben. Sie
knurrten humorlos.

    Schreiber zog sich ins Auto zurück. Aus dem Fenster beobachtete
er das Leben im Camp. Es gab einen Pferch, in dem gerade Schafe gemolken wurden.
Die Tiere drängten zu den zwei Durchlässen, in denen die Melker saßen. Stripp,
strapp, strull, die Nächste bitte. In einem größeren Pferch standen die
Schlafzimmer der Schäfer, mannslange Holzverschläge auf Stelzen, gerade hoch
genug, um darin aufrecht zu sitzen. In den Kisten verbrachten die Hirten die
Nacht bei der Herde, um den Hunden schnell helfen zu können, wenn ein Bär
angriff. Jedes Jahr verloren dabei ein paar Schäfer ihr Leben, hatte Katharina
ihm erzählt. In den Städten im Tal interessierte das keinen.

    Zwei Eselinnen mit ihren Fohlen turnten zwischen den
Schafen herum. Eine war gesattelt. Das waren die Pick-ups der Hirten. Die
Fohlen spielten Fangen. Steifbeinig galoppierten sie über die Alm und landeten
auf der Straße. Ein Schäfer lief hin und holte sie da weg. Er trug einen randlosen
Filzhut. Wie eine schwarze Halbkugel steckte das Ding auf seinem Kopf. Es fiel
nicht herunter,

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