Das Karrieremacherbuch
USA.
Dabei ist die Kündigungsfrist, in Dänemark in Tarifverträgen festgelegt, mit durchschnittlichen 30 Tagen ähnlich lang wie in Deutschland, wobei es in Dänemark individuelle gewerkschaftliche Vereinbarungen gibt. Überhaupt haben die Gewerkschaften dort eine historisch andere Rolle als bei uns. Während sich bei uns Gewerkschaften als Schutzengel der Arbeiter darstellen, sehen sie sich dort als Partner der Unternehmen.
Es liegt also nicht an der Dauer der Kündigungsfrist, sondern daran, dass deutsche Unternehmen – mit Ausnahme der Durchlauferhitzer, also der Unternehmensberatungen – denken, sie müssten ihre Mitarbeiter mehr oder weniger lebenslang einstellen, während dänische das nicht tun. Und schon haben wir es wieder erwischt, das deutsche Sicherheitsdenken und die Karriere-Planwirtschaft.
Ich erinnere mich, dass ich beim Antritt meines letzten Angestelltenjobs am ersten Arbeitstag mit Handschlag und den Worten begrüßt wurde: »Bei uns haben Sie einen Dauerarbeitsplatz. Hier arbeiten oft drei Generationen aus einer Familie zusammen.« (Übrigens: Es war nicht Opel.) Bei mir löste diese Begrüßung Unwohlsein aus, denn was ich auf gar keinen Fall wollte, war, ewig in diesem Unternehmen zu bleiben. Es ist also nicht nur Arbeitnehmerdenken, letztendlich sehen sich auch viele Firmen noch in der Rolle des guten, väterlichen Beschützers, der nicht nur Arbeit und Brot gibt, sondern auch familiäre Zugehörigkeit und Bindung.
Deutsche setzen auf Dauer
Einwickeln statt Entwickeln
Nun sind seitdem zwölf Jahre vergangen, und solche Aussagen von Arbeitgeberseite dürften seltener geworden sein. Dennoch höre ich zum Beispiel von Personalentwicklern, dass viele von ihnen immer noch davon ausgehen, dass sie selbst und die jungen Berufseinsteiger, die sie betreuen, einen Lebens- oder zumindest doch einen Dauerjob haben. Wer einmal in einem deutschen Unternehmen drin ist, kommt so schnell nicht wieder raus, dafür sorgen unter anderem interne Nachwuchsförderungsprogramme, die gestrickt werden, um die Jungakademiker nicht nur zu entwickeln, sondern vor allem auch in das spezielle Unternehmen einzuwickeln. Das funktioniert nach dem Motto »Ich mach dich abhängig, aber wenn ich dich loswerden will, sieht natürlich alles ganz anders aus.« Das sehr beliebte duale Studium als weitere deutsche Besonderheit etwa ist genau wie die duale Ausbildung auf den folgenden Verbleib des dualen Studenten im auszubildenden Unternehmen ausgerichtet. Doch können die Unternehmen das wirklich bieten?
Im Moment jedenfalls ist ein Wechsel nach dualem Studium nicht so einfach. Wer nach Abschluss den Arbeitsplatz wechselt, hat es deutlich schwerer, bei einem anderen Unternehmen eingeladen zu werden. Das Misstrauen ist ihm sicher: Wenn die dich nach einer dualen Ausbildung oder einem Trainee-Programm nicht übernehmen wollten, musst du ein Underperformer sein. Irgendwie ist ganz Deutschland auf Dauer programmiert, seine Wirtschaftsvertreter und die restliche Welt schreien aber nach Flexibilität. In einem Newsletter der PR-Branche wurden kürzlich fünf Geschäftsführer und Personalverantwortliche zu den Anforderungen an Mitarbeiter in der Krise befragt. Bei allen Anforderungen gab es unterschiedliche Meinungen, nur bei einer nicht: Flexibilität. Alle sagten einmütig: Daumen rauf, das brauchen wir, heute und in Zukunft. 60 Gut, dann müssen Arbeitgeber diese Flexibilität aber auch den Berufstätigen zugestehen! Dies ist noch nicht überall so.
Weniger Kündigungsschutz schafft mehr Möglichkeiten
Mehr Hire & Fire würde uns richtig guttun. Das sehen wir nicht nur in Dänemark, sondern auch in Großbritannien. Dort können Arbeitnehmer innerhalb einer Woche wechseln, wenn sie etwas Neues haben. Wenn Arbeitgeber kündigen, hängt dies von der Dauer des Arbeitsverhältnisses ab. Die Fristen reichen von einer Woche bis zu drei Monaten. Folge: Der Markt in Großbritannien ist wesentlich beweglicher. Bei uns ist jede Einstellung ähnlich endgültig wie eine Eheschließung. So eine schwer auflösbare Bindung überlegt man sich als Arbeitgeber gut. Kein Wunder also, dass Deutschland lange und teure Personalauswahlverfahren hat. Meine Kunden aus dem Ausland oder Deutsche, die länger dort gelebt haben, konnten nicht fassen, wie lange Bewerbungsprozesse bei uns dauern. Drei, vier Monate Auswahlverfahren? Das gibt es wahrscheinlich in keinem anderen Land.
Hire & Fire wäre nebenbei auch gut für die Motivation der Arbeitnehmer.
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