Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
Erfrischungen reichen ließen, blieb Fernando mitten im Raum stehen und ließ den Blick in die Runde schweifen, um ihn dann auf Jimena zu richten. Er fixierte sie mit einer Intensität, dass ihr ein Schauder über den Rücken lief. Kaum zu glauben, dass der Prinz jünger sein sollte als sie selbst. Seine Haltung und das Selbstbewusstsein in seinem Blick enthielten jedenfalls keine jungenhafte Schüchternheit. Und Scheu vor dem weiblichen Geschlecht schien er ebenfalls nicht zu verspüren. Er trat ein paar Schritte auf sie zu, ohne den Blick abzuwenden.
»Und mit wem haben wir hier das Vergnügen?«
Jimena warf Don Gonzalez einen Hilfe suchenden Blick zu. Der Haushofmeister reagierte sofort, erhob sich von seinem Platz und trat neben Jimena. Mit einer Verbeugung reichte er ihr die Hand, sodass ihr nichts anderes übrig blieb, als ihren Platz auf dem Polster in der düsteren Ecke zu verlassen.
»Darf ich vorstellen, Principe Fernando? Das ist Doña Jimena de Morón, Hofdame und Vertraute Ihrer Hoheit Isabel.«
» Encantado «, sagte der Prinz, »sehr erfreut«, verbeugte sich und küsste ihr die Hand, ohne jedoch den Blick von ihr zu wenden, der sie bis in ihr Innerstes zu durchbohren schien.
Zumindest in einem hatte das Porträt nicht gelogen. Er war dunkelhaarig, und seine Züge waren durchaus einnehmend. Auch die Farbe seiner Augen stimmte, wenn auch die Unschuld, die in der Miniatur aus den braunen Augen sprach, der Vergangenheit angehörte. Er war ein Mann, der wusste, was er wollte, kein unschuldiger Junge, den man aus dynastischen Gründen über seinen Kopf hinweg verheiratete, selbst wenn sich Jimena bereits zu Anfang des Gesprächs davon überzeugen konnte, dass der König derjenige war, der alle Fäden in der Hand hielt und hier in Aragón die Entscheidungen traf. Er wollte seinen Sohn auf dem Thron in Kastilien sehen – aber dies deckte sich durchaus mit Fernandos Absichten.
Endlich ließ er von ihr ab und schlenderte zu seinem Platz. Don Gonzalez führte Jimena nun ebenfalls zu den anderen. Keiner der Berater des aragonischen Königs sagte etwas, doch Jimena konnte die fragenden Blicke spüren, als würden sie ihre Verwunderung laut aussprechen. Nur der König ignorierte sie völlig. Vielleicht, weil er sie nicht sehen konnte? Oder weil eine Frau seiner Beachtung nicht wert schien?
Die Verhandlungen begannen. Jimena achtete weniger auf die genauen Worte, die gesprochen wurden. Was interessierte sie, wie hoch die Gelder waren, die von der einen zur anderen Seite flossen? Dieses Spiel wurde hier in Aragón nicht anders gespielt als in Kastilien. So viele ließen sich ihre Unterstützung mit klingender Münze vergolden. Echte Treue oder selbstlose Hingabe schien es nicht mehr zu geben.
Jimena beobachtete die Mienen der Männer und lauschte dem Klang und dem Tonfall, während Don Gonzalez auf die Hochzeitsgabe zu sprechen kam, die die zukünftige Königin erwarten durfte.
»Wollt Ihr mit ein paar Kisten Gold über Land reisen?«, warf König Juan schroff ein.
Don Gonzalez schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre un serer Sache nicht dienlich«, entgegnete er ruhig. »Wir hatten uns ja darauf geeinigt, kein Aufsehen zu erregen, um weder den Prinzen noch unsere Hoheit Isabel in Gefahr zu bringen. Es gibt zu viele Gegner dieser Verbindung.«
»Das glaube ich gern«, bestätigte Juan II . und kicherte gehässig. Vermutlich aus Freude darüber, dass er den großen Höfen Europas zuvorkommen sollte, die die künftige Königin von Kastilien nun mit großem Interesse betrachteten und einen Boten nach dem anderen zu Enrique sandten.
»Wir waren bei der Hochzeitsgabe«, erinnerte Don Gonzalez noch immer ruhig.
Über das faltige Gesicht des alten Königs zuckte es, und er winkte ungeduldig mit seiner knochigen Hand, bis einer seiner Vertrauten ein Kästchen auf den Tisch stellte. Als er den Deckel hob, funkelte in einem schwarzen Samttuch ein prachtvolles Geschmeide, wie Jimena es noch nie gesehen hatte.
»Reicht das? Es ist das Halsband von Königin Juana Enriquez!«
Fernando nickte mit einem leichten Lächeln. »Ja, und mein werter Herr Vater und König hat das gute Stück eben erst für vierzigtausend Dukaten aus seiner Verpfändung gelöst.«
»Das will niemand wissen«, fuhr ihn sein Vater an.
»Ach ja, und wie Erzbischof Carrillo fordert, werden wir auch nicht ganz ohne Gold nach Kastilien reisen. Dort drüben in der kleinen Kiste stecken zwanzigtausend Golddukaten. Möchte einer der Herren
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