Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
doch bis Ende März nehmen sollen«, fügte sie rasch hinzu, als sie sah, wie Alex die Luft anhielt.
»Und, wisst ihr schon, wohin es gehen soll?«, fragte die Chefredakteurin ein wenig gepresst.
»Spanien, genauer gesagt Kastilien.«
Alex legte den Kopf schief. »Ach, Kastilien. Hat Sven dich auf diese Idee gebracht? Zugegeben, mein erster Gedanke gestern war, da hat wieder einer den Mund aufgemacht, ehe er sein Gehirn eingeschaltet hat, doch dann musste ich gestern Abend immer wieder über den Vorschlag nachdenken. Ich habe ein wenig gegoogelt, und je mehr ich gelesen habe, desto besser fand ich die Idee. Mir schwebt eine Reportage über mehrere Hefte vor: ›Das goldene Jahrhundert der katholi schen Könige, die finstere spanische Inquisition, der Kampf um Granada und das Schicksal der Juden, die Spanien verlassen mussten.‹ Ja, ich könnte mir vorstellen, dass das richtig zieht.«
Isaura nickte. Ihre Gedanken glitten wieder über das karge Hochland, das sie nie gesehen hatte und das ihr dennoch so deutlich vor Augen stand. Erst als sie Alex’ Strahlen bemerkte, war ihr klar, dass diese einen Hintergedanken hegte.
»Ich meine eine große Reportage, die so richtig Hand und Fuß hat. Mit Recherchen vor Ort.«
»Aha«, sagte Isaura, der klar war, was als Nächstes kommen würde.
»Wenn du eh nach Spanien willst, dann würde ich sagen, du übernimmst die Geschichte. Lass dir Zeit. Sieh dir alles an, was du für lohnend hältst. Was sagst du?«
»Ich dachte, ich mache mit Justus richtig Urlaub«, gab Isaura zurück, obwohl ihr klar war, dass die Sache für Alex bereits beschlossen war. Und so wunderte sie sich auch nicht über deren wegwerfende Handbewegung.
»Ach, das könnt ihr verbinden. Ihr fahrt ein wenig durch die Gegend, seht euch die wichtigen Sehenswürdigkeiten an, führt ein paar Gespräche an den richtigen Orten und geht dann abends schön essen. Ich würde auch nicht nachfragen, wenn auf deiner Spesenabrechnung Doppelzimmer auftauchen. He, und deinen Flug würde die Redaktion auch übernehmen. Ist das nicht besser, als nur Urlaub zu machen?«
Isaura wusste nicht, ob sie lachen oder sich ärgern sollte. »Ein ›Nein‹ wirst du wie üblich nicht akzeptieren, also nehme ich den Auftrag an und sehe zu, was ich machen kann. Ich behalte mir aber vor, den ein oder anderen privaten Tag einzuschieben, den du dann von meinem alten Urlaub abziehen kannst.«
»In Ordnung.« Alex nickte und zog den Ordner für die Themenplanung der Hefte heran. »Dann wäre das geklärt. Wann können wir den ersten Teil reinnehmen? In das Maiheft oder erst im Juni?«
»Woher soll ich das wissen? Ich habe ja noch nicht einmal mit der Vorrecherche begonnen«, protestierte Isaura. »Was weiß ich, wie schnell ich vor Ort etwas finde und ob das die Geschichte wirklich trägt?«
Alex hob nur die Schultern. »Du bist Profi. Du machst das schon. Also, ich plane den ersten Teil im Mai ein, sagen wir sechs Seiten mit einer Fotostrecke – ach ja, nimm dir eine ordentliche Ausrüstung mit und bring mir gute Bilder. Ich will nachher nicht noch einen Fotografen runterschicken müssen.«
Isaura erhob sich und salutierte. »Verstanden, Chefin. Dann schreib ich mal meine Artikel fertig und schau nach einem Flug.« Mit gemischten Gefühlen verließ sie das Büro.
»Was machst du für ein Gesicht?«, erkundigte sich Sven, als sie an seinem Schreibtisch vorbeikam. »Schlechte Nachrichten?«
Isaura hielt inne und überlegte. »Nein, eigentlich nicht. Höchstens vielleicht für dich. Ich soll die Spaniengeschichte machen. Sorry.«
Sven riss die Augen auf. »Mein Vorschlag hat Gnade vor Alex’ Augen gefunden? Ich fass es nicht. Dabei war das …«
»… nur ein Schnellschuss, der nicht ernst gemeint war? Ich weiß. Aber nun hat sie Gefallen daran gefunden, und ich reise zur Recherche nach Spanien.«
»Mensch, das ist ja großartig. Ich wünschte, ich könnte dich begleiten.« Sie hörte den sehnsüchtigen Klang in seiner Stimme.
»Das geht nicht«, sagte sie schnell. Sie mochte Sven zwar, doch nicht so sehr, dass sie wochenlang mit ihm durch Spanien reisen wollte. Außerdem hoffte sie noch immer, dass es eine Art Urlaub für sie und Justus werden könnte.
»Ich weiß«, gab Sven zurück. »Keine Rosinen für die Praktikanten und Volontäre.«
Isaura lächelte ihn an. »Genau. Für sie gibt es nur hartes Brot, damit sie ja nicht auf die Idee kommen, Journalismus sei ein Zuckerschlecken.«
Sven grinste. »Du sagst es.« Mit einer
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