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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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um zu bekommen, was er wollte. Ein Mann, der dafür sorgte, dass seine körperlichen Bedürfnisse zwar hin und wieder befriedigt wurden, den aber nur ein einziger Gedanke wirklich erregte, und das war der an die Kehle seines Feindes unter seinen Händen und das Geräusch des letzten Atemzugs, den er langsam aus dem Körper des Bemalten Mannes drückte.
    »Berühre mich, Fainne«, flüsterte er, und ich hörte die gleiche Art von Erregung in seiner Stimme, nervös und gefährlich. »Lass mich deine Lippen schmecken, lass mich meine Rache auf ihnen schmecken.«
    Ich hatte das intensive Bedürfnis, ihm ins Gesicht zu spucken, denn es kam mir so vor, als sähe mich der Mann überhaupt nicht als wirkliche Frau, sondern nur als ein Werkzeug, das er zu seinen Zwecken einsetzen konnte. Zorn und Selbstverachtung stiegen in mir auf; ich unterdrückte beides. Reiß dich zusammen, sagte Großmutters Stimme, mach nicht jetzt am Ende noch einen Fehler. Tu, was er von dir verlangt. Du hast gesagt, du würdest ihm eine gute Frau sein, nicht wahr? Zeig ihm wie gut. Bring ihn dazu, dass er dich begehrt.
    »Ihr habt gesagt –«
    »Nur ein Kuss, ein einziger«, sagte Eamonn leise, nahm mich in die Arme und drückte seine Lippen auf meinen Hals und meine Wange, und weil ich keine andere Wahl hatte, ließ ich zu, dass er mich auf die Lippen küsste. Das war das Schwierigste von allem; so zu tun, als wäre ich willig, ihm die Arme um den Hals zu legen und meinen Mund zu öffnen, so dass er mit seiner Zunge tiefer tasten konnte, und dabei seine Hände auf meinem Körper zu spüren und zu wissen, dass das alles vollkommen unehrlich war. Ich war von kaltem Ekel erfüllt, während ich in gespielter Erregung stöhnte und mich an ihn schmiegte. Was Eamonn anging, so begehrte er mich, das konnte ich spüren, aber ich war nicht so dumm anzunehmen, dass das irgendetwas mit meinen Reizen zu tun hatte. Er hatte an diesem Abend bewiesen, dass es nur der Gedanke an Rache war, der ihn aufleben ließ. Interessant, dachte ich, als seine Hand sich auf mein Bein zubewegte, was wohl danach geschehen wird? Ich konnte mir nicht vorstellen, die Frau dieses Mannes zu sein. Falls es je so weit kommen würde, dann hätte ich die Möglichkeiten, ihn für seine Arroganz zu bestrafen. Aber es würde nicht geschehen. Wie immer diese Geschichte weiterging, nach dem Sommer gab es für mich keine Zukunft. Ich hatte nur um die Ehe gebeten, um mein Angebot magischer Hilfe überzeugender zu machen, denn es wäre kaum plausibel gewesen, wenn ich eine solche Geste aus reiner Herzensgüte vollzogen hätte. Vielleicht hatte es auch geholfen, einen gewissen Stolz zu wahren. Seine Hände wanderten etwas weiter, als sie sollten. Vielleicht hatte er mich falsch verstanden.
    »Eamonn …«, keuchte ich, »Ihr habt versprochen …«
    »Nur einmal«, murmelte er, »nur ein einziges Mal, Fainne. Es wird dir gefallen, dafür werde ich sorgen, nur heute Nacht. Dann werde ich warten … sag nicht Nein …«
    Er war ziemlich stark, kräftig genug, dass ich ohne mein Handwerk keine Chance gehabt hätte zu entkommen, und den Trick vom Wasserfall konnte ich wohl kaum noch einmal anwenden. Ich wollte ihn nicht verärgern, denn immerhin hatte er noch nicht wirklich zugesagt. Außerdem konnte ich die Zauberworte nicht aussprechen, solange er seine Zunge in meinem Mund hatte, und es schien ihm nicht sonderlich eilig zu sein, sie zurückzuziehen.
    Ich hörte das leise Geräusch noch vor ihm. Es war nichts weiter als ein Knarren, ein Rascheln, als die Tür geöffnet wurde und jemand plötzlich auf der Schwelle stehen blieb. Eamonn ließ mich gehen und holte Luft, um den Diener zu tadeln, der da gewagt hatte zu stören. Er schaute zur Tür hin. Dann schwieg er verblüfft.
    »Ich bin gekommen, um meine Töchter nach Hause zu holen.« Die Stimme war die von Onkel Sean und so kalt wie der Morgenfrost an Samhain. »Und wie es aussieht, nicht einen Augenblick zu früh.«
    Ich drehte mich langsam um und spürte, wie trotz aller Anstrengungen, mich zu beherrschen, meine Wangen zu glühen begannen. Onkel Sean trug Reitkleidung, und sein Blick war so kalt wie seine Stimme.
    Hinter mir holte Eamonn tief Luft, und ich spürte, wie er mir in einer besitzergreifenden Geste die Hände auf die Schulter legte. »Sean, du hast uns überrascht«, sagte er mit erstaunlicher Glätte. »Fainne hat mir die Ehre erwiesen, sich bereit zu erklären, meine Frau zu werden.«
    Sean hatte schon zuvor schockiert und

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