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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Pfeil und Klinge sterben, bis auf den letzten Mann. Das schwören wir bei allem, was wahr ist.«
    Die Menge brüllte zustimmend; Conor hatte seine Worte sorgfältig gewählt, damit sie eine solche Wirkung auslösten. Der Vorbehalt in seiner Deutung würde rasch vergessen sein, die Männer rochen den Sieg, und nun zerrten sie an der Leine wie Jagdhunde. Vielleicht standen ihnen Blut und Tod bevor, aber welcher mutige, junge Krieger von einundzwanzig denkt schon, dass es sein eigener Tod sein könnte? Ihre Augen glühten, und ihre Schritte waren schwungvoll, als sie zu ihren Lagern zurückkehrten, um die Waffen vorzubereiten und letzte Arbeiten an Schiffen und Segeln vorzunehmen. Sie sahen nicht, wie bleich Conor war, sahen nicht den Schatten in den seltsamen, klaren Augen seines Bruders Finbar, als die beiden sich leise mit Sean von Sevenwaters, Johnny und dem Hauptmann unterhielten. Sie bemerkten nicht, wie Sean grimmig die Zähne zusammenbiss und auch nicht das Stirnrunzeln auf den jugendlichen Zügen des Kindes der Prophezeiung. Aber ich tat das; und ich hörte die Stimme meiner Großmutter, als ich dort auf dem Dach des Beratungshauses saß, eine Stimme, die lange geschwiegen hatte und die nun wieder erwachte, während das Amulett warm an meiner Brust glühte. Gut, Fainne. Gut, Kind. Alles ist an Ort und Stelle. Und nun sieh zu, dass du jetzt, so nah am Ende, nicht mehr versagst.
    Mein Herz hatte bei diesem Klang beinahe ausgesetzt. Ich hatte Recht gehabt; sie beobachtete mich, sie verfolgte mich selbst in der Vogelgestalt. Conor hatte Finsternis gesehen; ich wusste, welche Finsternis das war und woher sie kam. Großmutter war ein Teil davon, und ich ebenfalls, ob ich es nun wollte oder nicht. Ich empfand schreckliche Angst, als ich wieder daran dachte, wie ich letzte Nacht im Schutz von Darraghs Händen geschlafen hatte. Ich durfte nicht wieder in seine Nähe kommen, bis alles vorüber war. Und ich würde sie auch nicht auf Finbar aufmerksam machen, der bereits von ihrer Grausamkeit so gezeichnet war. Diesen Tag und die Nacht musste ich allein verbringen.
    Es gab nicht viele Bäume. Ein paar niedrige Büsche, ein paar kahle Apfelbäume. Hinter ein paar Hügeln waren Gebäude verborgen, von denen einige auch tief in den Boden gegraben waren, bedeckt von einem großen, rasenbewachsenen Erdhügel, sicher vor Wind und Frost. All das bot kein Versteck für einen kleinen Vogel, all das schützte nicht vor Füchsen, schwanzlosen Katzen oder dem neugierigen Auge eines Mannes mit zu viel Interesse am Rätsellösen. Und dann war da noch Fiacha. Ich begriff zwar, dass er auf meiner Seite stand, aber ich fürchtete immer noch seinen spitzen Schnabel, seine scharfen Klauen und seine Schnelligkeit. In der Nähe von Fiacha wäre ich vielleicht sicher vor anderen Raubtieren gewesen. Aber mein Vogel-Ich erstarrte vor Schreck bei dem Gedanken an seine dunkle Gestalt, wenn er Johnny durch das Lager folgte, manchmal vor ihm, manchmal hinter ihm. Ich konnte mich nicht dazu überreden, zu ihm zu fliegen.
    Ich fand eine Stelle in den Büschen nahe dem Weg, der zur Bucht hinunterführte. Das war mein Versteck; ich blieb so reglos dort sitzen wie ich konnte und hoffte, dass niemand mich bemerken würde. Ich verfluchte diese rötlichen Federn. Der Zauber, den ich benutzte, um mich zu verändern, hatte nichts davon enthalten; eine böswillige Macht hatte das verursacht und es damit allen, die mich kannten, nur zu leicht gemacht, mich zu identifizieren. Selbst Darragh hatte es gewusst, Darragh, der von Magie keine Ahnung hatte.
    Der Tag verging; die Männer kümmerten sich um ihre Angelegenheiten, entweder mit grimmig entschlossenen Mienen oder mit freudiger Zielstrebigkeit. In ihren Augen stand keine Angst vor dem Tod. Sie gingen auf dem Weg an mir vorbei und bemerkten mich nicht. Aber einmal, als die Krieger in Grün hinunter zu den Schiffen gingen, die dort so anmutig auf dem ruhigen Wasser lagen, blieb der Herr von Sidhe Dubh und Glencarnagh auf dem Weg stehen und bedeutete seinen Männern voranzugehen. Er blieb stehen und schirmte die Augen ab, als inspizierte er die Flotte oder die Wolken oder die weite Fläche des Meeres hinter der Bucht.
    »Nun, Fainne«, sagte er leise, »das ist wahrhaft eine seltsame Begegnung. Meine Männer würden denken, dass ich den Verstand verloren habe, wenn ich mich mit einem wilden Tier unterhalte. Aber ich kann die Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Ich nehme an, du hast genau aus diesem Grund hier

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