Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
das Holz gestapelt, die Wintervorräte sorgfältig verpackt. Auf den Höfen übten Männer endlos mit Schwertern, Speeren und Dolchen, tanzten die tödlichen Kriegstänze. Mehr Pferde wurden gebracht, und die Stallknechte hatten zu viel zu tun, um sich noch mit Reitstunden für ein Mädchen abzugeben. Sean wirkte grimmig und in Gedanken versunken, wenn er durchs Haus ging, stets gefolgt von den beiden großen Hunden, die lautlos hinter ihm hertrabten. Andere Männer kamen und besprachen sich mit ihm und gingen wieder. Vorräte und Material wurden auf Wagen hereingebracht und wieder weggeschafft, ehe jemand sie auch nur gesehen hatte. Häufig kam Conor zu seinem Neffen, überprüfte die Dinge und gab ernsten Rat. Es war nicht so ungewöhnlich für einen Druiden, sich mit einem Feldzug zu beschäftigen, besonders wenn es um etwas ging, was seinem Herzen so nahe stand.
    Meine Großmutter hatte Recht gehabt, was das große Unternehmen des Sommers anging. Es sollte tatsächlich der letzte Angriff gegen die Briten von Northwoods sein, den Clan, der die Inseln, die dem alten Glauben heilig waren, beschlagnahmt hatte, und das schon vor Generationen. In diesem Sommer sollten die Inseln ihren rechtmäßigen Hütern zurückgegeben werden. Nicht Besitzern; dieser Begriff war nicht angemessen. Die Mitglieder der Familie waren nur Hüter des Waldes, des Sees und der Inseln. Diese Aufgabe war schon vor uralter Zeit von den Túatha Dé Danaan unserem Ahnherrn auferlegt worden, als er den Wald von Sevenwaters zum ersten Mal betreten hatte. Diese Aufgabe war später schrecklich vernachlässigt worden, und es war Northwoods gelungen, die Inseln zu erobern. Über zahllose Jahre hatte der Kampf um diese winzigen Landflecken weit draußen im Meer getobt, und Söhne von Erin und Britannien waren gleichermaßen für diese Sache gestorben. Nun würde der letzte Angriff erfolgen. Northwoods würde vertrieben werden, seine Streitkräfte zerstreut. Der Zeitpunkt war der richtige; das Kind der Prophezeiung befand sich unter ihnen und war zum Krieger herangewachsen. Mit ihm als Anführer und so vielen Verbündeten wie nie zuvor konnten sie nicht versagen.
    All das erfuhr ich, indem ich zuhörte und beobachtete. Die Ausbildung, die Vater mir gegeben hatte, hatte mich bei beidem sehr geschickt werden lassen. Tatsächlich gab es Zeiten, in denen ich mehr belauschte, als ich wollte, Zeiten, in denen ich mich fragte, wie viele Geheimnisse noch mit der Geschichte dieser großen Familie verbunden waren. Eines Tages war ich wieder einmal vor dem Geschwätz der Kinder geflohen und hatte mich in eine abgeschiedene Ecke des Gartens zurückgezogen, um dort still auf einer alten Steinbank zu sitzen. Die Luft war kalt; ich hatte mich fest in meinen warmen Umhang eingewickelt. Ich hielt das Amulett meiner Großmutter in der Hand und versuchte, mich auf die Aufgabe zu konzentrieren, die sie mir übertragen hatte. Manchmal, wenn ich das kleine Bronzedreieck berührte, sah ich Großmutters Gesicht vor meinem geistigen Auge und hörte ihr entschlossenes Flüstern: Vergiss es nicht, Fainne, vergiss nicht deinen Vater. Ich erinnerte mich daran, wie sie mich bestraft hatte, und zweifelte nicht an ihrer Macht. Manchmal verzagte ich angesichts der Unmöglichkeit des Unternehmens, das vor mir lag. Das Amulett half in diesen Augenblicken des Zweifels. Dieses kleine Dreieck in meiner Hand war stets tröstlich. Wenn ich es festhielt, glaubte ich, beinahe alles erreichen zu können.
    An diesem Tag saß ich auf meiner Bank im Schatten einer hohen, winterbraunen Hecke, als ich Stimmen hörte: meine Onkel Sean und Conor. Sie gingen über einen Kiespfad auf der anderen Seite der Buchenhecke und blieben direkt hinter mir stehen, so dass ich ihre Worte klar und deutlich verstand. Nur für den Fall, dass sie beschließen sollten, um die Ecke zu biegen, wo sie mich sehen könnten, benutzte ich einen kleinen Bann, um mich dichter mit dem Heckenschatten zu verbinden, verlieh meiner Kleidung die Farbe trockener Winterblätter und dunkler Zweige. Und ich lauschte.
    »… habe mich häufig gefragt, was Ciaráns Grund dafür gewesen sein könnte«, sagte Conor.
    »Ich finde es klar genug, Onkel«, erwiderte Sean. »Selbst Ciarán muss begreifen, dass seine Tochter in einem abgelegenen Dorf irgendwo am Rand von Kerry keine Zukunft hat. Er kann sie nicht selbst nach Norden bringen, er weiß, dass er hier nie freundlich empfangen würde, auch wenn er ein Verwandter ist. Also schickt er uns

Weitere Kostenlose Bücher