Das Kloster (German Edition)
ich, sie zu beantworten. Laßt uns um einen Stoß pausieren, damit ich Euch sagen kann, wie meine Meinung über den Streit ist, in welchem wir beide liegen. Denn soviel ist gewiß, daß sich tapfre Männer nicht in den Tod stürzen wie wilde Bestien, sondern einander mit Raisen, unter Wahrung von Anstand und Schicklichkeit, umbringen sollen. Treten wir also mit Kälte und Ruhe an diese Untersuchung unsers Zwistes heran, so wird sich leichter ermessen lassen, ob einer von uns, und welcher, durch die drei Schwestern verurteilt worden ist, den Zwist mit seinem Blute zu büßen. Verstehst Du den Sinn meiner Rede?«
»Ich habe den Pater Eustachius von den drei Furien sprechen hören,« antwortete Halbert nach kurzem Besinnen, »die mit Faden und Schere arbeiten.«
»Genug, genug!« fiel ihm Sir Piercie grimmig ins Wort, »Dein Lebensfaden ist gesponnen.«
Mit diesen Worten warf er sich mit äußerstem Ungestüm auf den Jüngling, dem kaum Zeit genug blieb, sich in Verteidigungsstand zu setzen. Aber wie so häufig bemerkt wird und bemerkt worden ist, infolge der unbesonnenen Wut des angreifenden Teiles kam der angegriffene in unvermuteten Vorteil, denn gerade als der Ritter einen verzweifelten Stoß führte, beugte Halbert sich vor und versetzte, ehe der Ritter sich seiner Waffe wieder bedienen konnte, ihm eine, um in seiner Blumensprache zu reden, Stoccata par excellence , die ihm mitten durch den Leib fuhr, so daß er wie eine Planke zu Boden schlug.
Fünftes Kapitel.
Halbert wurde, als er den Ritter auf den Rasen hingestreckt sah, aus dessen Leib das dunkelrote Blut hervorquellte, wie wenn ein Pumpwerk darin arbeitete, von so wildem Schreck gepackt, daß er sein Schwert auf den Boden und sich auf die Knie warf, um dem Verwundeten beizustehen und die Wunde zu verstopfen, die allem Anschein nach mehr äußerlich als innerlich ihren Sitz zu haben schien.
In den Zwischenräumen der Ohnmacht, die den Ritter befiel, sprach derselbe in der ihm eignen affektierten Weise, die jetzt mehr als sonst auf seine eitle, wenn vielleicht auch nicht unedle Seele schließen ließ:
»Du bäurischer Knabe, Deine glückliche Hand hat über ritterliche Kunst obgesiegt, Kühnheit hat Herablassung überwunden. Es kommt ja vor auch im Leben der Natur, daß der gemeine Habicht den Edelfalken überfällt und zerreißt. Fliehe, Knabe, und rette Dich! Nimm aus der untern Tasche meines Beinkleids meine Börse und bring Dich in Sicherheit! Was Du an Geld darin findest, ist für einen Bauern nicht zu verachten. Aber eines vergiß nicht! meine Koffer sollen mit meinen Kleidern ins Liebfrauenkloster geschafft werden.«
Hier wurde seine Stimme schwächer, und es schien, wie wenn Gedächtnis und Besinnung von ihm schwänden.
»Seid guten Muts, Herr Ritter,« sagte Halbert, der außer sich war vor Gewissensbissen; »ich glaube bestimmt, es wird noch alles gut gehen ... ach! wäre doch nur ein Wundarzt zur Stelle!«
»Und wären zwei Dutzend Aerzte zur Stelle, so wäre ich doch nicht mehr zu kurieren, denn sieh, mein Leben entflieht ja in Strömen. Grüße die ländliche Nymphe noch bestens von mir, die ich meine Protektion nannte ... o, Du wahrhaftige Kaiserin dieses nunmehr im Ernste blutenden Herzens! Aber Du, bäurischer Sieger, lege mich lang auf den Boden! wer hätte es Dir wohl an der Wiege fingen sollen, daß es Dir beschieden sein sollte, den Stolz alles flammenden Lichts am Hofe Felicias auszulöschen! ... o, ihr Heiligen und Engel! ihr Ritter und Edeldamen! Masken und Schaubühnen! witzige Sinnsprüche! Kettenwerk und Stickerei! Liebe, Ehre und Schönheit!«
Dieweil der ritterliche Sir Piercie Shafton diese letzten Worte lispelte, die ihm ohne allen Zweifel unwillkürlich entschlüpften, als er der Herrlichkeit des englischen Hofes gedachte, streckte er die Glieder aus, stöhnte tief auf, schloß die Augen und lag regungslos da.
Der Sieger raufte sich das Haar vor Schmerz, als er das bleiche Antlitz seines Schlachtopfers erblickte. Wenn auch das Leben noch nicht ganz aus dem Körper gewichen war, so sah er sich doch ohne andre Hilfe außer stande, es zu erhalten. Er verwünschte sich und die blutige Tat; er fluchte dem unheilkündenden Platze, den er, trotzdem er wußte, daß er einer Hexe oder dem Teufel selbst als Aufenthalt diente, als Stätte für die Austragung des Zweikampfes erwählt hatte; an jedem andern Orte, mußte er sich sagen, hätte er Hilfe herbeischaffen können, entweder durch die Schnelligkeit seiner Füße oder durch
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