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Das Kloster (German Edition)

Das Kloster (German Edition)

Titel: Das Kloster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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die Macht seiner Stimme; aber hätte er hier gerufen, wen anders hätte er erreichen können als den bösen Geist, der ihm dieses Unheil angeraten? ... Und nun rief er und schrie den dem Leser bekannten Zauberspruch ... aber nichts ließ sich hören oder sehen, weder eine Erscheinung noch ein Laut oder Zeichen. »Hexe! Zauberin! böser Feind!« erklang es aus seinem Munde; »bist Du taub? und doch warst Du so bereit, meinem Worte zu gehorchen und auf den Ruf nach Rache zu antworten? ... Nun, auf und rede! rede, wenn Du es nicht erleben willst, daß ich Deine Quelle verstopfe, Deinen Dornbusch ausreiße und Deine Behausung zur Wüstenei wandle!«
    Da! was erklang dort aus der Ferne? vom Eingange der Schlucht her? Ein Ruf war es, der sich ähnlich anhörte, wie ein Halloh!
    »Heilige Jungfrau, sei gepriesen!« rief der Jüngling, »ich höre die Stimme eines lebendigen Menschen, der mir in dieser furchtbaren Not raten und helfen kann.«
    Und der Stimme von Zeit zu Zeit durch ein Halloh antwortend, stürzte er, wie ein gehetztes Reh, den rauhen Pfad hinunter, und in einer Frist, unglaublich kurz für jeden andern, als einen Bewohner schottischer Berge, erreichte der Jüngling den von einem kleinen Bache durchströmten Eingang zur Schlucht Corrinan-Shinan.
    Hier blieb er stehen und ließ den Blick nach allen Richtungen hin durch das Tal schweifen, war aber außer stande, ein menschliches Wesen zu entdecken. Schon verlor er den Mut, aber im andern Augenblicke sagte er sich, daß ja die Krümmungen, die das Tal bildete, den Blick hemmten, und daß der Mensch, dessen Stimme er gehört habe, noch gar nicht bis zu ihm gelangt, geschweige schon sichtbar für ihn sein könne. Dicht neben ihm reckte eine Eiche ihren kräftigen Stamm empor. Mit einem Sprunge hatte der Jüngling den niedrigsten Ast erfaßt und kletterte, wie ein Eichkätzchen so flink, an dem Baum empor. Und von dieser hohen Warte aus konnte er ganz deutlich eine menschliche Gestalt sehen, die das Tal herab geschritten kam. Sie sah weder aus wie ein Schäfer noch wie ein Jäger, und doch pflegte sonst niemand durch diese Oedenei zu wandern, besonders nicht auf dem Pfade von Norden her, denn der Bach entsprang aus einem in dieser Richtung gelegnen weiten und höchst gefahrvollen Moraste.
    Halbert Glendinning hielt sich nicht auf mit Erwägungen, wer der Wanderer sein könne und was ihn in diese unwegsamen Ländereien führe. Ihm war es genug, zu wissen, daß ein Mensch, der ihm vielleicht helfen könne, in der Nähe sei. Im Nu war er wieder unten auf dem Erdboden und wieder in einem Nu war er um die Biegung herum gerannt, die das Tal hier bildete; und als er nun am Ende desselben stand und von neuem den Blick hinausschweifen ließ, und wiederum nichts erblickte, da war es ihm zu Mute, als sei er vom Schicksal genarrt worden, als sei die Gestalt, die er gesehen zu haben meinte, ein leeres Luftgebilde gewesen, oder die Ausgeburt seiner überhitzten Phantasie.
    Aber als er sich jetzt um den Fuß eines gewaltigen Felsblocks herum wand, da sah er zu seiner ganz unsäglichen Freude auf dem schmalen Pfade, der kaum einem Wanderer Raum bot, plötzlich vor sich einen Mann stehen, dessen Tracht auf einen Pilgrim zu deuten schien.
    Es war ein Greis, schon ziemlich hoch an Jahren, mit langem Bart, mit breitem Hut mit niedergeschlagner Krempe auf dem Haupte, in einem Kittel aus schwarzer Sersche, mit einem die Arme verdeckenden Oberteil, das im übrigen ganz ohne Falten auf den Leib herniederfiel. An der Seite trug er eine kleine Flasche und eine Tasche, in der Hand hielt er einen derben Stock. Er ging langsamen Schrittes, wie jemand, der bereits eine lange Wanderung hinter sich hat.
    »Grüß Gott, Vater!« sprach der Jüngling, »Gott und die heilige Jungfrau haben Euch hergesandt, mir zu Beistand und Hilfe.«
    »Und wie könnte solch schwaches Geschöpf wie ich Euch eine Hilfe sein?« erwiderte der Greis, der nicht minder überrascht war, einen so rüstigen Jüngling vor sich zu sehen, dessen Züge von Angst erfüllt und dessen Hände mit Blut besudelt waren.
    »Es verblutet sich ein Mensch hier unten im Tale!« sagte Halbert. »Hier ganz in der Nähe! Kommt mit, kommt mit! Ihr seid ein erfahrner Mann, Ihr seid im Besitz Eurer fünf gesunden Sinne, mich haben die meinigen so gut wie vollständig verlassen.«
    »Ein Mensch verblutet sich? hier im Tale?« wiederholte der fremde Greis, »hier in dieser öden Gegend?«
    »Verzieht nicht, guter Vater!« erwiderte Halbert, »die

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