Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
hinausschießen oder ihre Sünden hinter der Bibel verstecken. Dann sagte er, er hätte gehört, daß ich an Gott zweifle. Ich dachte, darüber würde er nun wirklich sauer werden, aber nein. Er erklärte, in meinem Alter ist es ganz normal, wenn man sich fragt, woran man eigentlich glaubt. Dann riet er mir: »Frage weiter, bis du eine Antwort findest, die deine Seele befriedigt.« Wir haben noch über andere Dinge geredet, zum Beispiel über Himmel und Hölle und darüber, daß man aus seiner Zeit auf Erden das Beste machen muß. Er sagte nicht: »Wenn du nicht an Gott glaubst, kommst du in die Hölle«. Als ich reinkam, hatte ich eine Standpauke erwartet. Beim Rauskommen ging es mir prima. Oma hat draußen auf mich gewartet und fragte, wie es war. »Gut«, antwortete ich. Sie lächelte mich an und sagte, daß sie mich liebt.
Auf dem Heimweg haben wir Patsy besucht. Anscheinend gewöhnt sie sich endlich ein. Inzwischen mag sie Ruby. Aber was kann man an Ruby nicht mögen? Man könnte genausogut mit einer Gurke das Zimmer teilen. Patsy hat Oma einen Aschenbecher geschenkt, den sie aus Muscheln gebastelt hat. Oma tat, als würde sie sich furchtbar darüber freuen. Sie küßte Patsy und sagte: »Danke, mein Schatz.« Patsy hat nur gekichert.
20. April
Seit heute ist das Materiallager wieder zugänglich. Aaron und ich haben zur Feier des Tages die ganze Mittagspause dort verbracht. Wir haben uns sogar die Mühe gespart, uns zuerst in der Cafeteria die Erlaubnis zu holen, sondern sind einfach direkt hingegangen. Haben uns geküßt und uns gut unterhalten. Weil der Kammerjäger zwei große Fässer mit Chemikalien stehengelassen hat, war es ein bißchen eng. Aber wir haben uns Platz geschaffen. Habe Aaron von meinem Gespräch mit Reverend Silk erzählt und er fand es gut, daß ich Fragen stelle. Er hat mich nicht ausgelacht oder mich als Idioten hingestellt, wie ich befürchtet hatte. Als es gongte, haben wir uns wieder wie zwei Fremde benommen. So als wäre der andere gar nicht vorhanden.
20:42
Habe gerade Mag und Scott im Laden getroffen. Die beiden haben sich gestritten. Anscheinend war Mag sauer wegen etwas, das Scott vorher gesagt hat. »Das nimmst du zurück«, verlangte sie. Aber Scott hat nur gelacht und ihr einen Klaps auf den Hintern gegeben. Gary Gould, der hinter der Kasse stand, blickte angestrengt in die andere Richtung. Offenbar war ihm das ganz schön peinlich. Mag hat Scott ein Schwein genannt und ist zum Getränkekühlschrank gegangen. Ich merkte wie sehr sie sich geniert hat. Fast hätte ich sie angesprochen, aber Mag hat überhaupt nichts mehr wahrgenommen. Sie hat Scott böse angefunkelt als würde sie ihn am liebsten ermorden.
Scott hat mit Gary ein Gespräch über seine Plakette angefangen. Mag kam zurück, hat wie wild eine Pepsi-dose geschüttelt und Scotts Namen gerufen. Als Scott sich zu ihr umdrehte, hat sie ihm das Pepsi ins Gesicht geschüttet. Sie hat ihn voll erwischt. Einen Teil hat er in die Augen gekriegt, daß er nichts mehr sehen konnte. Scott brüllte und wollte sich auf sie stürzen, aber statt dessen stieß er gegen einen Chipstüten-Ständer und hat ihn umgeschmissen. Er ist mit dem Gesicht auf einer Tüte Fritos gelandet. Dann hat er sich aufgerappelt und ging auf Mag los. Ich wollte mich schon dazwischenwerfen, aber Gary ist hinter der Fleischtheke rausgerannt und hat ihn sich geschnappt. Gary sagte zu Mag, daß sie besser verschwinden soll. Mag hat Scott nur ganz cool angeschaut und gemeint: »Mich nennst du nie wieder Fotze.«
In diesem Moment schien sie einen unheimlichen Haß auf Scott zu haben. Ich jedenfalls hasse ihn. Als sie rausstürmte, haben sich unsere Blicke getroffen. Ich habe das gleich bedauert. Denn sie hat MICH auch haßerfüllt angesehen. Dann ist sie raus und hat die Tür hinter sich zugeknallt. Am liebsten wäre ich ihr nachgelaufen. Doch dann überlegte ich, daß sie ganz bestimmt nicht ausgerechnet mit mir reden will. Scott war STINKSAUER. In seinem Bart klebten Maischips, und das Cola tropfte ihm aus der Nase. Er hat Gary abgeschüttelt und ist rausgerannt. Ich habe nur noch gesehen, wie er die Straße runterrannte und Mags Namen brüllte.
Bin neugierig, wie Mag sich heute abend fühlt. Ich würde so gerne mit ihr sprechen. Früher hätten wir wegen so was bis Mitternacht am Telefon gehangen. Aber das ist vorbei.
21. April
Papa hat einen Job. Ich versuchte, cool zu bleiben, aber er hat sich so gefreut, daß es mir schwerfiel. Oma hat ihm den Job
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