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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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schlagend und schluchzend rücklings auf den Stein geschnallt wurden. Tzlayloc riss das Messer hoch.
    »Während eures Lebens saugtet ihr den Menschen, um die ihr euch hättet kümmern sollen, das Blut aus. Nun wird euer Opfertod die Sehnen des Volkes stärken und seine Sache vorantreiben. Xamku, Vater Spinne, höre mein Gebet – lass das Opfer dieser beiden Ratten, die wir mit ihren Schnauzen in unseren Getreidetöpfen erwischten, deine Macht anschwellen und deine Rückkehr beschleunigen. Schon zu lange haben wir unter der Knute der Sklaventreiber, Händler und Märkte geschuftet, ohne dass uns das Licht des Wüdcaotyl erleuchtet.«
    »Sieh nicht hin, Molly Weichkörper«, riet Einrohr.
    Molly wandte den Blick ab, aber sie konnte ihre Ohren nicht vor den Schreien verschließen, die von den Mauern des Platzes widerhallten, als Tzlayloc den Händlern die Herzen bei lebendigem Leib aus dem Körper schnitt. Dann hielt er die noch pulsierenden Organe hoch. »Xam-ku, spüre die Nahrung, die ihre Seelen bieten.«
    Die Kristalle der Höhle wurden von lebendigen Blitzen durchzuckt, und tiefrote Feuerbögen zeigten sich auf den Steinen über ihnen. Auf dem Platz skandierte die Menge den Namen ihres Erlösers.
    »Die alten Götter des Wildcaotyl sind schon lange nicht mehr gefüttert worden«, sagte Schleichrad.
    »Ich kann ihren Hunger spüren«, erwiderte Molly. »Wie er unter dem Boden aufwallt. Die vergossenen Seelen sind wie der Geruch von frischem Fleisch für einen Schlitzhai, der seit tausend Jahren nichts mehr zu fressen bekommen hat.«
    Das Blut der beiden schlaffen Körper floss den Altarstein hinab. »Durch ihren Tod«, brüllte Tzlayloc, »haben diese beiden korrupten Vampire ihren Mitmenschen ein Opfer gebracht, zu dem sie lebend nie bereit gewesen wären. Seht her, ich habe ihre Mitte gefunden, und sie nährt das Gemeinwesen.«
    Molly versuchte sich von dem Anblick abzuwenden, aber in dem Gedränge des rhythmisch rufenden Pöbels war ihr das nicht möglich.
    »Unsere Landsleute in Quatershift füttern mit solchen Leuten ihre Gideonskragen, aber in ihrem bewundernswerten Streben nach Effektivität haben sie die Weisheit unserer Vorväter vergessen. Sie verschwenden gute Seelen, die Xam-ku gewidmet werden könnten«, sagte Tzlayloc. »Aber in Middlesteel über unseren Köpfen wimmelt es auf den Straßen immer noch vor Unterdrückern, vor dem Feind innerhalb unserer Mauern, der den Hungernden, Besitzlosen und Verzweifelten das Paradies vorenthält. Sollen wir ein Land der Gleichen erschaffen? Sollen wir das Volk befreien?«
    »Ja!«, brüllten die Menschen.
    »Sollen wir die selbstsüchtigen Blutsauger in die Gosse werfen und sie niederknüppeln, bis ihr Blut rot durch die Straßen von Middlesteel fließt?«
    »Ja, ja!«, heulte die Menge.
    »Jetzt versteht ihr«, flüsterte Silber Einrohr. »Jetzt versteht ihr, weshalb es falsch von euch war, hierherzukommen. Grimhope ist tot. Dieser verrottende Leichnam einer Stadt ist alles, was von der Legende noch übrig ist.«
    Schleichrad senkte den Kopf. »Vergib mir, Silber Einrohr. Das wusste ich nicht.«
    »Nein«, sagte Molly. »Das ist nicht deine Schuld, Schleichrad. Es war mir bestimmt, hierherzukommen. Ich habe diesen Irrsinn – oder zumindest etwas Ähnliches – schon einmal erlebt.«
    Schleichrad senkte beschämt den Kopf. »Es liegt ein Lied in deinem Blut, Molly Weichkörper, und die Erinnerung deiner Zellen zeigt dir den Weg, den du bereisen musst.«
    Aber wo habe ich das schon einmal gesehen?, fragte sich Molly, als sie sich vom Platz wegtreiben ließen. Wo?
    Molly und die beiden Dampfmänner waren gerade wieder in Einrohrs Unterkunft angekommen, als die Komiteebeauftragte, die sie zuvor zur Versammlung geschleppt hatte, ihnen erneut einen Besuch abstattete. Sie trommelte laut gegen die Tür zur Werkstatt. »Gemeinwesen-Tag, Metall-Landsmann, Gemeinwesen-Tag.«
    Silber Einrohr öffnete die Tür. »Tritt ein, Weichkörper-Landsmännin.«
    »So eine wunderbare Zusammenkunft, Metall-Landsmann. So eine herrliche Zurschaustellung von Gleichheit. Der Tag wird kommen, wo die Hunde an der Erdoberfläche unter dem Gewicht unserer Stiefel aufheulen werden, das steht fest.«
    »Sicher«, machte Silber Einrohr.
    »Dein Einnahmenbuch, Landsmann.«
    Einrohr führte sie in einen kleinen Raum hinter der Werkstatt, gab der Frau ein staubiges Buch, in dem er seine Ein- und Ausgaben auflistete, und sah schweigend zu, wie sie die letzten Einträge durchblätterte.

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