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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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ihre Züge legte. »Du Armer.«
    »Wieso liegt mein Freund zerlegt auf einem Tisch in deinem Jinn-Palast?«
    »Das ist nichts Persönliches, Bauernjunge. Er war nichts als ein Auftrag, einer, der noch dazu sehr hübsch bezahlt wird.«
    »Grabräuberei? Du hast früher nur Aufträge angenommen, die dir Spaß machten. Du hast dich über die Jahre verändert.«
    »Wir sind heute nicht mehr die zwei Grünschnäbel, die ohne eine einzige Guinea in der Tasche in Middlesteel ankamen«, sagte die Gibbonkatz. »Und der Nachtarbeiter, den ich einmal kannte, hätte keine drei Hundehaufen auf einen senilen alten Dampfer gegeben, der seit hundert Jahren kaum mehr als eine Hockstange für Tauben gewesen ist.«

    Verdammt. Sie war zu gerissen, um das Schicksal des Dampfmanns preiszugeben, noch nicht einmal jetzt, da Cornelius gebunden und ihr ganz und gar ausgeliefert in ihrem Jinn-Palast gegenübersaß.
    »Ich gehe also davon aus, dass du mich nicht um der alten Zeiten willen gehen lassen wirst?«
    Sie grinste ihn an, aber ihr Blick war nicht freundlich. »Ich würde es ja gern, aber du weißt doch, wie es läuft. Wenn ich dich gehen ließe, würden alle plötzlich davon reden, dass die Gibbonkatz einen Kartenzähler erwischt hatte und ihm gegenüber Milde walten ließ. Dann würden die kleineren Banden aufhören, mir meinen Anteil zukommen zu lassen, sondern mir stattdessen Meuchler mit Dolchen in den Hosenbeinen und Würgkordeln im Ärmel vorbeischicken.«
    »Ich dachte mir schon, dass du so etwas sagen würdest.«
    Sie befingerte die Dornenkrone auf seinem Kopf. »Ich werde dir gegenüber genauso handeln wie du zuletzt an mir. Ich werde gehen. Ohne ein Wort. Ohne mich umzusehen. Und dann werde ich meine Bande anweisen, deinen Verstand mit unserem Dornenkrönchen zu Rinderbrühe zu verkochen. Du hast doch immer gern die verschiedensten Gesichter getragen – wenn meine Jungs mit dir fertig sind, wirst du für jedes davon eine eigene Persönlichkeit besitzen.«
    »Es ärgert dich, nicht wahr«, sagte Cornelius, »dass ich gegen die Verlockungen deines Körperduftes ebenso immun bin wie deine alten Besitzer in Cassarabien.«
    »Du bist nur ein halbblütiger Wüstenassassine«, sagte die Gibbonkatz, »und wenn du hättest weiterleben wollen, dann wärst du besser in Quatérshift geblieben.«
    Cornelius lächelte. »Seltsam, dass du das sagst, denn ein Teil von mir ist tatsächlich in jenem Todeslager geblieben. Ich würde sagen, es erklärt die zwei Pfund, die deinen Leuten auf deiner schlauen Waage aufgefallen sind. Komm, ich zeige es dir …«
    Er sandte einen Befehl an seinen Arm, und das mechanische Konstrukt wurde steif, dann zerriss er die Stricke, die ihn an den Stuhl fesselten. Sie flitzte bereits zur Tür, während ihre Peitscher zurück ins Zimmer drängten. Aber Cornelius hatte es auch nicht darauf angelegt, durch den Haupteingang zu verschwinden. Eine der Doppeldüsen, die sich aus seinem Handgelenk geschoben hatten, sprühte Sprengkapselsaft in einem feinen Kreis gegen das Bullauge, und Cornelius duckte sich, nachdem er einen Schuss Zündkammerflüssigkeit hinterhergespritzt hatte. Die Explosion sandte eine mächtige Druckwelle über Cornelius dahin und schleuderte die Schläger der Gibbonkatz wieder in den Flur, während er sich seitwärts aus der entstandenen Lücke gleiten ließ, die kalten Wasser des Gambleflowers in sein Gesicht klatschten und der Wutschrei der Gibbonkatz zu ihm hinunterdrang.
    Bleikugeln flogen an ihm vorüber, aber sie büßten im schwarzen Flusswasser ihre Durchschlagskraft ein. Er tauchte und sah, wie die Dornenkrone in der Dunkelheit der Tiefe versank, begleitet von den Salven der
Bandenkrieger. Ein Kautschukrohr fuhr aus seinem Arm, und Cornelius sog gierig die Luft daraus ein, während er sich mit den Füßen tiefer in die Arme der alten Mutter Gambleflowers hinabstieß. Der Gezeitenstrom trieb ihn schnell nach Westen, und der Jinn-Palast war schon außer Sichtweite, als er endlich wieder an die Oberfläche kam. Er war mindestens eine ganze Meile flussabwärts geschwommen. Cornelius’ Leben würde nun wesentlich gefährlicher sein, da die Verbrecherbanden wussten, dass er noch am Leben war und sich in Middlesteel aufhielt. Aber es gab nichts, was sein altes Leben mit dem Einsiedler der Dolorous-Insel in Verbindung gebracht hätte. Nichts, was darauf hindeutete, dass ein Band bestand zwischen jenem geisterhaften Dieb, der mit Ham Yard Katz und Maus gespielt hatte, und dem Dämon, der als

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