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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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Mister Dedlock. Wie bei allem.«
    »Selbstverständlich, Madam. Selbstverständlich.«
    Die Königin wirkte etwas ärgerlich über die Unterbrechung, die ihren Enthusiasmus so vermessen dämpfte. »Von diesem Tage an hat mein Haus einen neuen Gott und eine neue Religion. Leviathan ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.« Sie unterbrach sich. »Sie blicken mich so skeptisch an, Mister Dedlock. Haben Sie Zweifel an meiner Enthüllung?«
    Während seine Vorfahrin sprach, beobachtete Arthur den jungen Mann, und er meinte, bei diesen letzten Worten in Dedlocks Haltung ein leises Aufbegehren bemerkt zu haben. »Natürlich nicht, Madam. Jedoch würde ich zu Vorsicht raten.«
    »Zu Vorsicht?«
    »Das Direktorium hat bereits mit derartigen Erscheinungen zu tun gehabt, Madam; sie sind selten uneingeschränkt das, was zu sein sie vorgeben. Sagen Sie mir, hat dieses Wesen irgendwelche Bitten oder Forderungen geäußert?«
    Die Königin rümpfte die Nase. »Forderungen?«
    »Solche Wesenheiten haben zumeist einen handfesten Beweggrund, Madam. Sie handeln selten aus der Güte ihres – wenn ich es so nennen darf – Herzens heraus.«
    »Mister Dedlock, Leviathan ist kein dahergelaufener Gassenjunge, der uns um ein paar Münzen anbettelt! Ganz zu Recht schulden wir ihm Hochachtung und Opfer!«
    »Opfer, Madam?«
    »Dedlock, Ihr tiefes Seufzen und mühsam überspieltes Grinsen ist mir nicht entgangen. Sie dürfen versichert sein, dass Ihr skeptisches Mienenspiel durchaus nicht unbemerkt geblieben ist. Glauben Sie mir nicht?«
    »Ganz im Gegenteil, Madam! Ich glaube jedes Ihrer Worte! Und darum würde ich Ihnen dringendst empfehlen, mir zur Kenntnis zu bringen, was diese Kreatur von Ihnen verlangt hat!«
    Die Königin schien seltsam abwesend. »Es wird einen Vertrag geben«, sagte sie. »Eine Übereinkunft.«
    »Einen Vertrag? Was ist das für ein Gott, der sich mit Verträgen abgibt? Majestät, es ist absolut lebenswichtig, mir zu erklären, was Sie diesem Wesen versprochen haben!«
    Die Königin lächelte. »Wollen Sie das wirklich wissen? Schließlich ist Leviathan ein göttliches Wesen, dem man nichts abschlagen darf. Was ich getan habe, dient einem höheren Zweck, dem künftigen Ruhm des Hauses.«
    »Madam!« Dedlock konnte seinen Zorn kaum bezähmen. »Was haben Sie diesem Monster versprochen?«
    »Ich habe ihm London versprochen«, sagte sie, »mit allen seinen Einwohnern.«
     
    Das Licht flammte auf, und Arthur blinzelte erschrocken; als er wieder hinsah, waren die beiden Gestalten verschwunden. Ohne sie wirkte der Saal plötzlich so kahl und nackt wie eine Squashhalle.
    Er schnappte nach Luft. »Was war denn das?«
    »Das«, sagte Streater, »war der erste Teil Ihrer Geschichtsstunde.«
    »War das echt? War irgendetwas davon wahr?«
    Ein Grinsen. »Jetzt zischen Sie aber besser ab, Chef. Schließlich ist es ja Ihr Geburtstag.«
    Benommen und verwirrt und mit rebellisch gewordener Einbildungskraft stolperte der Prinz zur Tür.
    »Und herzlichen Glückwunsch, Chef!« Streater schickte ihm einen spöttischen Salut nach. »Noch was, Eure Hoheit!«
    Arthur drehte sich um.
    Ein letztes Feixen haarscharf zwischen Charme und Impertinenz. »Nehmen Sie doch noch ein Tässchen Tee, bevor Sie gehen.«

ZWÖLF
     
    Also ist es wieder passiert, und wieder einmal bin ich das Opfer eines Verbrechens, das wohl einzigartig sein muss – Erzählungsraub, Handlungsklau, Unterwanderung der Geschichte.
    Ich habe keinen Zweifel, dass sich dieses Phänomen wiederholen wird, aber ich versuche, so zu tun, als geschehe genau das nicht. Ich werde mich wie ein erwachsener Mensch benehmen und über den Dingen stehen. Und obwohl eigentlich nichts dagegen spräche, diese störenden Seiten einfach herauszureißen, lasse ich sie für den Moment in Ruhe. Wenn ich dieser Sache erlaube, ihren Lauf zu nehmen, dann könnte ich vielleicht Zeit gewinnen – könnte damit das Unabwendbare so lange aufschieben, dass ich vollenden kann, was ich angefangen habe.
    Also versuchen Sie, es zu ignorieren. Lesen Sie einfach darüber hinweg und machen Sie weiter, ohne es zu beachten. Von jetzt an werde ich selbst es ganz genauso halten.
    Ich lasse diese Einschiebungen nur da, damit Sie eine komplette und genaue Dokumentation meiner letzten Tage bekommen.
     
    Als ich mich am Tag nach der ersten Zusammenkunft mit den Präfekten mit Abbey zum Mittagessen traf, schlug sie vor, in ein Restaurant in der Nähe ihres Büros zu gehen. Es hieß Mister Mengs Peking-Restaurant und

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