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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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unterwegs, und wie es der Wunsch seines Herrn gewesen war, hatte die Kutsche nur die nötigsten Pausen eingelegt.
    Nun hatten sie endlich Dresden erreicht, dessen Mauern sich majestätisch gegen den Abendhimmel erhoben. Michael Nehmitz, der den Brief des Königs zum Statthalter bringen sollte, schloss die Augen und schickte ein Dankgebet gen Himmel. Sie waren am Ziel! Da machte es auch nichts, dass die Tore der Stadt bereits geschlossen waren. Er würde den Kutscher einfach zu den Torwachen schicken und verlauten lassen, dass er eine wichtige Order Ihrer Majestät bei sich trug, die unverzüglich überbracht werden musste.
    Seine Hand lag auf der Ledertasche, in dem sich das Schreiben verbarg. Nicht mal, wenn er seine Notdurft verrichten musste, hatte er sie aus der Hand gelegt. Er hatte keine Ahnung, was der König Fürstenberg befohlen hatte, doch er wusste, dass es um den Goldmacher ging. Wie viele von diesen Quacksalbern und Scharlatanen hatte Dresden schon hängen gesehen! Für den Unbekannten hoffte er, dass diesmal mehr dahintersteckte als Flittergold – und dass er diese Schinderei nicht für jemanden auf sich genommen hatte, der es letztlich nicht wert war.
    »Wollt Ihr vielleicht aussteigen, Eure Durchlaucht?«, fragte der Kutscher, der nun an der Tür erschienen war.
    Nehmitz schüttelte den Kopf. »Nein, geh zu den Wachen und frage, ob sie uns passieren lassen. Sag ihnen, dass es wichtig sei, nein, sag, dass es um Leben und Tod geht. Ich habe nach dieser Höllenfahrt nicht vor, mir noch länger die Knochen von dieser Kälte einfrieren zu lassen.«
    »Sehr wohl, Eure Durchlaucht.« Der Kutscher verbeugte sich und wandte sich um.
    Nehmitz beobachtete, wie er zu den Wachen ging und mit ihnen redete. So heftig, wie er nach einer Weile gestikulieren musste, schienen sie ihm die Wichtigkeit der Angelegenheit keineswegs abzunehmen. Als Nehmitz bereits erwog, sich einzumischen, machte der Kutscher schließlich kehrt und kam zum Wagen gelaufen.
    »Was ist, lassen sie uns durch?«
    »Sie sagen, dass sie Order haben, niemanden durchzulassen.«
    »Und ich sage, dass ich Order des Königs habe, und die muss ich dem Statthalter so schnell wie möglich überbringen.« Nehmitz presste die Lippen zusammen. Diese ignoranten Tröpfe wollten ihn offenbar die ganze Nacht hier vor den Toren campieren lassen. »Schwing dich auf den Kutschbock und fahr mich näher an das Tor heran. Ich rede mit ihnen.«
    Der Kutscher kam der Anweisung seines Herrn unverzüglich nach. Als die Wachposten in Rufweite waren, winkte Nehmitz einen von ihnen heran.
    »Höre Er, ich fürchte, mein Kutscher hat sich nicht ganz richtig ausgedrückt. Ich muss durch dieses Tor, und es ist mir egal, welche Anweisungen Er hat. Ich habe hier eine wichtige Order des Königs, von der Leben und Tod abhängt.«
    »Und uns hat man befohlen, die Tore geschlossen zu halten, für den Fall, dass die Schweden kommen.«
    Nehmitz verdrehte die Augen gen Himmel und murmelte ein Stoßgebet. Er versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben, und konnte doch nicht verhindern, dass seine Stimme einen scharfen Ton annahm. »Wie es aussieht, weiß Er nicht, wen Er vor sich hat. Die Schweden sind in Lettland im Winterquartier. Dresden ist nicht in Gefahr. Ich bin der Vizelehnsherr des Königs und muss umgehend zum Statthalter Fürstenberg. Und wenn Er mich nicht durchlässt, wird Er morgen Nacht keine Arbeit mehr haben. Also, was ist, öffnet Er nun das Tor?«
    Der Wachposten blickte sich erschrocken nach seinem Kumpan hinter ihm um und die beiden liefen los, um die Torflügel aufzustoßen.
    Nehmitz atmete tief durch. Er wollte nur noch seinen Auftrag zu Ende bringen und dann in ein weiches Bett fallen. Der Hufschlag hallte vom Torbogen wider, als sie passierten, und wenig später fuhr die Kutsche vor dem Palais Fürstenberg vor. Der Statthalter des Königs hatte sich bereits zu Bett begeben, doch sein Ärger darüber, dass man ihn den weichen Daunen entriss, würde schon vergehen, wenn er die Order des Königs las.
    Noch auf dem Weg zur Eingangtür des Palais kam Vizelehnsherr Nehmitz ein Lakai entgegen. Seine Perücke und seine Kleider saßen unordentlich, wahrscheinlich hatte er sich beides in aller Eile übergeworfen. Aber aufgrund der Uhrzeit würde sein Herr gewiss gnädig sein.
    »Ich muss unverzüglich zu Seiner Gnaden, sieh zu, dass er geweckt wird. Ich bringe Order vom König!«
    Der Lakai verneigte sich, dann bedeutete er dem Gast, dass er ihm folgen möge. Er führte

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