Das Kreuz des Zitronenkraemers
Bescheid.
Anne war mittlerweile mit den Nerven am Ende. Warum kam Hannes denn nicht frei? Das war bestimmt kein gutes Zeichen. Schon die ganze Woche war er jetzt im Gefängnis. Mittlerweile müsste doch geklärt sein, dass er nichts mit dem Mord zu tun hatte. Anscheinend gab es immer noch Ungereimtheiten! Vielleicht war an dem Gerede von Barbara ja doch was dran! Ob Hannes wohl an dem Streit im Revier beteiligt war? Wahrscheinlich schon, schließlich war das Revier sein Ein und Alles.
Außerdem machten diese Anrufe sie fertig. Jeden Abend. Es klingelte, sie ging ran, dann wurde aufgelegt. Gestern hatte sie die Schnauze voll und das Klingeln einfach ignoriert. Innerhalb einer Stunde rief dieser Bekloppte dreimal an und hörte ihrem Anrufbeantworter zu, bevor er auflegte.
Kurze Zeit später hatte es dann an ihrer Wohnungstür geklopft. Die wie rasend knurrende und kläffende Paula hätte allerdings so ziemlich jeden von der Tür vertrieben, als Anne die Tür aufmachte, war jedenfalls niemand mehr da. Sie hörte nur noch jemanden die Treppe hinunter laufen und kurze Zeit später die Haustür zuschlagen.
Am Montag besorge ich mir eine Geheimnummer, dachte Anne und streifte sich den Schaum von den Händen. Sie griff nach dem perlenden Sekt.
Es klingelte an der Tür noch bevor sie mit dem Glas die Lippen erreichte. Anne begann augenblicklich zu zittern. Paula bellte das ganze Haus zusammen. „Ruhig, Paula“, flüsterte Anne, während sie das Glas auf den Beckenrand zurückknallte und sich aus dem Wasser erhob, „ich will endlich wissen, was das für ein Idiot ist!“ Sie wickelte sich in ein überdimensionales Badetuch. Paula dachte nicht daran, die Klappe zu halten und sprang vor der Wohnungstür herum.
Anne hinterließ auf ihrem Weg zur Sprechanlage eine Spur nasser Fußabdrücke, vermischt mit herumtanzenden Schaumflöckchen.
„Hallo“, rief sie unwirsch in die Muschel. Nichts. Kein Ton. Stimmt ja, die Anlage war mal wieder kaputt.
Anne nahm allen Mut zusammen und betätigte den Haustüröffner. Schließlich hatte sie Paula als Wachhund. Anne öffnete ihre Wohnungstür nur einen Spaltbreit. Platz genug für Paula, sich an Annes nackten Beinen vorbeizuquetschen und mit lautem Winseln und aufgeregt wedelnder Rute die Treppen hinunterzustürzen. Warum freut sie sich denn so, wunderte sich Anne.
„Hallo“, rief Anne ins Treppenhaus. „Hey, mein Mädchen, hab ich dich vermisst“, erklang von unten eine tiefe Stimme. Diese Worte galten allerdings nicht Anne. Hannes begrüßte seine Hündin. Hannes. Warum hat er denn nicht angerufen, dachte Anne und versuchte etwas verlegen, eine Spur Wasser zu trocknen, die ihr zwischen den Brüsten hinablief.
Kapitel 3
„Olala“, keuchte Hannes und schnappte atemlos wie ein Fisch am Strand nach Luft. Schuld waren allerdings weniger die 30 Stufen, die er gerade hoch gestapft war. Schuld war vielmehr Anne. Scheinbar gerade eben der Wanne entstiegen, entließen ihre nassen Haarsträhnen in einem stetigen Fluss wunderbar duftendes Wasser in ein weißes Badetuch, in welches Anne ihren zierlichen Körper wie ein Weihnachtsgeschenk verpackt hatte. Das Tuch verhüllte allerdings nicht wirklich alles. Ihre feuchte Haut glänzte verführerisch golden und Hannes musste erstmal tief schlucken.
„Na, mit so einem Empfang habe ich nicht gerechnet!“, ließ er schließlich mit Frosch im Hals verlauten. „Da hat sich die U - Haft ja glatt gelohnt!“ Anne wirkte allerdings alles andere als entzückt. Mit beiden Händen klammerte sie ihr Handtuch zusammen und verschwand nach einer mehr als knappen Begrüßung wieder Richtung Badezimmer. Hannes blieb verdattert im Türeingang stehen.
Was war das denn jetzt? Warum war Anne denn so zickig? Enttäuscht wanderte Hannes zaghaft in die Küche und fand eine offene Flasche Sekt. Wie er erfreut feststellte, handelte es sich um seinen eigenen. Jahrgang 2002, ein besonders gelungener. Wenigstens dem Sekt ist sie treu geblieben, seufzte Hannes innerlich.
Er suchte sich ein Glas, goss sich zur Feier seiner Entlassung schon mal selber diesen guten Tropfen ein und machte sich anschließend auf der Couch breit. Auf dem Tisch lagen ein paar Internetauszüge herum. Neugierig warf Hannes einen Blick darauf und las von einem Ambrosius Carove, der angeblich dieses Haus 1656 gebaut hatte. Ganz schön alter Kasten!
„Ich wusste gar nicht, dass dieses Haus so alt ist“, begrüßte er Anne, die irgendwann endlich aus dem Bad kam,
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