Das Kreuz des Zitronenkraemers
Reitstall entlang wurde der Wagen von den drei Terriern verfolgt und Hannes trat ordentlich auf die Tube, um die kleinen Kampfratten abzuschütteln. Erst an der Kreuzung zum Golfplatz drosselte er die Geschwindigkeit. Hier verbarg sich kurz nach ein paar vereinzelten Weinbergen ein weiterer Hochsitz, der so genannte Damensitz. Heimlicher Treffpunkt des ehemaligen Pächters mit seiner Liebsten. Der Hochsitz war von dieser Dame besonders nett ausgestattet worden. Selbstgenähte beige Rücken- und Sitzpolster, ein künstlicher kleiner Rasen auf dem Außenpodest als Fußabstreifer, ein nobler Aschenbecher auf dem Auflagebrett. Der ganze Sitz war mit schalldämmendem, braunem Teppich verkleidet. Leider fand sich auch im Inneren keine Spur, war doch der Sitz seit der letzten Säuberungsaktion im April nicht mehr benutzt worden. Eigentlich komisch, er bot einen wundervollen Blick in die Pferdeschneise, eine lang gezogene Waldlichtung und auch die vorgesetzten Weidenfelder waren jagdlich sehr interessant. Mehr als einmal hatten die Hunde auf Treibjagden dort die Sauen hochgemacht. Hannes beschloss, an dieser Stelle noch eine Kirrung anzulegen, vielleicht könnte er auf diese Weise auch den Schaden auf dem Golfplatz dezimieren.
Enttäuscht von der bisher erfolglosen Suche nach Spuren von Andreas Steinmetz fuhr die Mannschaft noch zum letzten Sitz im Wald, der „Schönen Aussicht“. Die Aussicht von der riesigen Kanzel war beeindruckend. Die Dörfer Bekond, Föhren sowie Teile von Schweich, Kenn und sogar Ehrang waren gut zu erkennen. Von diesem Sitz aus wirkte die Nacht nie schwarz, die Lichter des Industrieparks Föhren und des nahe gelegenen Sportflughafens spendeten weiches Licht.
„Wer klettert denn nun hier hoch?“, hörte Hannes den jungen Beamten fragen. „Immer der, der fragt! Hoch mit dir Dieter, bist doch sonst so mutig!“, antwortete Kramer hämisch grinsend. Mit wackligen Knien kletterte der hochgewachsene Polizist die dünne Stahlleiter empor und betrat oben schnell die mit Dachpappe verkleidete Kanzel. Der ganze Hochsitz wankte durch den einsetzenden Wind stark und wirkte alles andere als vertrauenserweckend. Nach einigen Sekunden öffnete Dieter ein Fenster und schrie begeistert: „Ich hab etwas! Hier liegt eine leere Patronenhülse und eine Zeitung, Düsseldorfer Abendblatt! Die gehört bestimmt irgendwem aus Düsseldorf. Wir haben ihn!“ Er wedelte aufgeregt mit der Zeitung aus dem Fenster. „Idiot!“, schrie Kramer wütend und mit hochrotem Kopf. „Tüte die Sachen ein und mach, dass du wieder runterkommst! Mattes wird dich da oben ablösen, der geht mit Beweismaterialien vorsichtiger um!“ Enttäuscht verließ Dieter seinen wertvollen Fund und überließ neidisch dem Kollegen die restliche Arbeit. „Kaliber 7.65 R!“, rief Mattes von oben. Nun wurde auch Kramer nervös. „Das ist doch ...“, begann er und unterbrach seinen Satz aufgeregt. „Ähm, Herr Harenberg, schießt einer ihrer Mitjäger dieses Kaliber?“, fragte er nun eilig. Hannes überlegte eine Weile. „Ich weiß nicht genau, ich glaube aber nicht!“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Ach, ist auch nicht so wichtig, wir haben ja eh die Waffenbesitzkarten der Herren“, sagte Kramer nun etwas ruhiger. Nun wurde Hannes aufgeregt.
„Also ist an den Gerüchten doch was dran?“, fragte er ungläubig. „Sie verdächtigen also wirklich jemanden von meinen Jagdkameraden?“
Kramer stotterte herum. „Sie wissen doch, wir dürfen über unsere Ermittlungen keine Angaben machen, das verstehen Sie doch sicher! Und Sie sind wirklich aus allem raus!“
„Klar, sagen wollen Sie mir nichts, aber helfen soll ich Ihnen!“, keifte Hannes wütend. „Dann kann ich ja jetzt nach Hause fahren! Von hier aus ist es ja nur ein Katzensprung bis zum Sportplatz! Ihre Kollegen warten sicher schon“, bemerkte er giftig mit einem Blick auf die Uhr. Es war bereits zehn nach zwei.
„Herr Harenberg! Wir sind Ihnen wirklich außerordentlich dankbar für Ihre Hilfe!“, versuchte Kramer Hannes zu beruhigen. „Wollen Sie nicht noch im Anschluss mit uns essen gehen?“, fragte er freundlich.
„Wirklich nicht, danke“, antwortete Hannes. Schließlich war er ja mit Anne zum Essen verabredet. Ihre Gesellschaft war ihm doch wesentlich angenehmer als die einer Horde Polizisten. Seine Laune besserte sich schlagartig. Ernesto kochte wundervoll. Hannes sah ein Schweinefilet Princess vor sich und das Wasser lief ihm prompt im Mund zusammen. Super Idee
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