Das Kreuz des Zitronenkraemers
„Wir sind sehr erfreut über Ihre Hilfsbereitschaft. Unser Hundeführer Herr Kramer wird mit Ihnen nun die Vorgehensweise besprechen.“
Herr Kramer erwies sich als netter, kooperativer Zeitgenosse. „Ich denke, es ist am sinnvollsten, wenn Sie uns zuerst ihre Ansitzeinrichtungen und auch eine eventuelle Jagdhütte zeigen. Herr Steinmetz befand sich zwar, wie die Spurensicherung ergeben hat, vermutlich hier am Tatort, aber leider kam die Vermisstenanzeige erst am Mittwoch bei uns an. Die Hunde konnten daher leider keine Witterung mehr aufnehmen.“
Hannes überlegte. „Na gut, am besten teilen wir uns in Gruppen auf, da wir über 28 Hochsitze und eine Jagdhütte verfügen. Wenn wir die alle zusammen begutachten, stehen wir uns nur gegenseitig in den Füßen und durch die vielen Fremdgerüche wird uns alles verstänkert, dass wir die nächsten Wochen nicht zu jagen brauchen! Wie viele Beamte sind denn dabei?“
„Wir sind zwölf. Vielleicht können jeweils drei im Team arbeiten?“
Hannes nickte und zog eine Revierkarte aus der Jackentasche. Schnell waren die Polizisten samt Hunden in Gruppen eingeteilt. Um 14:00 Uhr sollte am Sportplatz die Ergebnispräsentation erfolgen. Nachdem Hannes die Lage aller Hochsitze erklärt hatte, zogen die einzelnen Teams los. Der Jagdaufseher hatte das Revier in vier Bezirke eingeteilt: Weinberge, Golfplatzbiotop, Schleicher- und Enscherwald. Hannes selbst leitete die Gruppe im Enscherwald.
Um 10:00 Uhr fuhr der Suchtrupp dann zu fünft endlich los, das heißt Hannes mit drei Polizisten und zum Glück nur einem Hund. Gott sei Dank hatte er Paula zu Hause gelassen! So konnten sie wenigstens alle Sitze anfahren und mussten nicht die ganzen Wege zu Fuß bewältigen. Paula hätte niemals einen anderen Hund in ihrem Wagen akzeptiert. Hannes führte die Herren zunächst zum Sitz am Aulweiher. Die mächtige Schlafkanzel steht am Rande eines wunderschönen Reitweges. Von ihr aus bietet sich ein beeindruckender Blick in den gegenüberliegenden Steilhang und auf den malerischen kleinen Weiher. Im Inneren waren jedoch keine außergewöhnlichen Spuren festzustellen. Der wohl noch junge Schäferhund zeigte sich auch mehr an den noch frischen Sauwechseln interessiert, als an irgendeiner menschlichen Spur. Also ging es schnell weiter zum Sauerbrunnen, an dem ein fahrbarer Bauwagen stand. Hannes öffnete den Beamten das alte Vorhängeschloss, welches ungebetene Bewohner am Einzug in das gemütliche Einzimmerappartement hindern sollte. Hausten doch ständig nicht angemeldete Gastarbeiter in ihren Autos in dieser Gegend.
Herr Kramer sicherte den Inhalt des noch vollen Aschenbechers in ein durchsichtiges Tütchen und beschriftete es mit Sauerbrunnen. „Die Kippen sind von einem unserer Jäger, mit Sicherheit von Theo Wetzel“, versicherte Hannes, „er ist Kettenraucher und arbeitet bei, wie es jetzt auch immer heißt, na jedenfalls in dieser Zigarettenfabrik in Trier. Er besetzt jedes Wochenende diesen Sitz und harrt stundenlang auf Sauen.“
„Das werden wir sehen“, antwortete Kramer und schrieb gleichzeitig Wetzel, Theo? auf die Tüte. Ein anderer Beamter stolperte über die mit Lupinen übersäte Wildwiese und untersuchte argwöhnisch jeden Grashalm. „Hier ist etwas!“, rief er plötzlich aufgeregt. Schnell trampelten alle zu seiner Fundstelle. Mit spitzen Fingern hielt der frischgebackene Polizist ein Kirrfass in die Höhe! Es handelte sich dabei um ein altes Bierfässchen, in das Löcher gebohrt waren. Es war mit einem Drahtseil an der Salzlecke befestigt und wurde täglich mit etwas Mais gefüllt. So konnte sich das intelligente Schwarzwild nachts damit vergnügen. Hannes war jedes Mal beeindruckt mit welcher Ausdauer die Sauen das Fass hin- und herrollten, bis jedes Körnchen draußen war! Auf diese Weise konnten dann auch einige Taubenjäger aus dem Ruhrpott einen sicheren Schuss anbringen.
Hannes klärte die Beamten schnell über ihren sensationellen Fund auf und so ging die Fahrt dann weiter durchs angrenzende Kautenbachtal. Auch dieser Hochsitz wurde eingehend abgesucht. Außer einer leeren Packung Hustenpastillen und einigen verschnudelten Papiertaschentüchern konnten die Herren jedoch keine Spuren sichern. Das dortige Kirrfass ließen sie glücklicherweise in Ruhe. Nach und nach wurden auf diese Weise alle Reviereinrichtungen abgeklappert.
Zum Schluss fuhr das Sondereinsatzkommando dann am alten Enscher Forsthaus vorbei durch die Weinberge Richtung Bekond. Am
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