Das Kreuz des Zitronenkraemers
darauf einstellen müssen, dass Ihr Fall bald ad acta gelegt werden wird. Es gibt keine verwertbaren Spuren, der oder die Täter hatten mit Sicherheit Handschuhe getragen, die Befragung der Nachbarn hat nichts ergeben, andere Zeugen gibt es keine und außerdem fehlt ja auch nichts. Es kann also auch kein Diebesgut aufgefunden werden. Im Klartext, es sieht schlecht aus. Falls sich dennoch etwas ergeben sollte, werden wir uns mit Ihnen in Verbindung setzen. Bis dahin betrachten Sie bitte den Fall als abgeschlossen.“
Na toll, Anne kochte vor Wut, ein wenig mehr Einsatz hatte sie sich vom Freund und Helfer schon erwartet. Sie fuhr viel zu schnell durch die Stadt. Natürlich blitzte es. 200 Meter weiter winkte sie ein freundlich lächelnder Streifenpolizist in Uniform an den Straßenrand.
Gefrustet zu Hause angekommen, wurde Anne von einem munter blinkenden Anrufbeantworter begrüßt. Die erste Nachricht war von Jutta. Sie hörte sich eine Spur vorwurfsvoll an. Sie machte sich Sorgen, weil Anne sich heute noch nicht gemeldet hatte. Mist, dachte Anne, das hatte sie total vergessen. Sie seufzte, sie würde Jutta später zurückrufen.
Die zweite Nachricht war von Hannes. Hörbar aufgeregt, berichtete er von seinem Polizeibesuch und dass er so langsam aber sicher die Schnauze voll hätte, für alles und jeden den Verdächtigen zu spielen. „Wahrscheinlich stecken mich die Amis noch nach Guantanamo, wenn sie mich erwischen, ich kaufe mir am besten schon mal einen orangenen Anzug.“
Anne musste lachen. Aber die Schnauze hatte sie auch gestrichen voll.
Was hatten sie beide nur verbrochen? Zuerst dieser Mord, Hannes Inhaftierung, dann der Einbruch. Wer weiß, was als nächstes kommt, dachte Anne und spürte ihr Herz klopfen.
Auf dem Wohnzimmertisch lagen noch die zwei übrigen Schlüssel zu ihrem neuen Sicherheitsschloss. Sie hatte drei erhalten und einen direkt gegen den alten an ihrem Schlüsselbund ausgetauscht. Den zweiten deponierte sie in der Schreibtischschublade. Mit dem dritten in der Hand lief Anne durch die Wohnung und überlegte, was sie damit machen sollte. Hannes. Sie würde Hannes einen Schlüssel geben. Wer weiß, vielleicht musste er sie ja mal retten kommen. Im Moment erschien Anne alles möglich. Sie stellte sich Hannes als Ritter auf einem weißen Pferd vor.
Das war eine gute Idee.
Sie ließ sich müde auf das Sofa nieder und schaute geradeaus auf das Carovewappen über dem zerstörten Kamin. „Ach, Ambrosius“, flehte sie die Steintafel an, „kannst du mir nicht vielleicht helfen?“
Anne griff zum Telefon. Sie hatte ein schlechtes Gewissen und rief nun doch bei Jutta an. Sie berichtete ihr alles was sie wusste, was ja nicht gerade viel war und entschuldigte sich, dass sie nicht schon vorher etwas von sich hatte hören lassen. Kein Problem, beschwichtigte Jutta und beschwerte sich über das „System“, eigentlich, so fand Jutta, müsste Anne Polizeischutz zustehen. Um Gottes Willen, dachte Anne und stellte sich einen schmierigen Beamten vor, der sie auf Schritt und Tritt verfolgte. Lieber nicht.
*
22 Kilometer entfernt in Bekond räkelte sich Hannes müde auf der Couch und zappte sich gelangweilt durch die Programme. Es lief ein guter Krimi, aber er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Zu viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Ständig sah er Annes zerstörte Wohnung vor sich.
Hannes starrte aus dem Fenster. Der Mond stand voll am Himmel und verzauberte die Welt mit einem sanften, silbrigen Licht. Es war eine Schande, einen solchen Abend auf dem Sofa zu verbringen!
Hannes rappelte sich auf, zog sich schnell die warme Lodenjacke über und schnappte sich seinen Drilling aus dem Schrank. Paula erwachte blitzartig aus ihrem scheinbaren Tiefschlaf.
„Klar kommst du mit, mein Mädel!“, beruhigte er seine aufgeregte Hündin. Zu Hause durfte er sie nicht lassen, wenn er zur Jagd ging. Diesen Fehler hatte Hannes nur einmal begangen! Sämtliche Nachbarn hatten sich über das laute Gejaule beschwert.
Zehn Minuten später parkte Hannes seinen Wagen am Rande des Golfplatzes und ging die letzten Meter zu Fuß zum Damensitz. Paula ging wie immer ordnungsgemäß bei Fuß und folgte ihm auf leisen Befehl die Leiter hinauf. Unzählige Stunden hatte Hannes gebraucht, um ihr dieses Kunststück beizubringen. Endlich saß Hannes zufrieden, mit seinem Hund als Fußwärmer auf der gemütlich gepolsterten Bank. Das sanfte Plätschern des kleinen Baches beruhigte schnell
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