Das Kreuz des Zitronenkraemers
recht?“
Claire räusperte sich. „Ja und nein. Ja, es hat was mit dem Mord zu tun. Und nein, ich bin nicht die Frau des Mordopfers. Das war mein Schwager. Mein Mann ist entführt worden. Ich denke, der Mörder und Entführer hat die beiden Brüder verwechselt. Bernd und Andreas sind, oder besser gesagt, waren Zwillinge.“
Anne sah mitleidig in die durchs viele Weinen geröteten und geschwollenen Augen der Frau.
„Andreas, das ist mein Mann, war mit Bernd am Morgen des Mordtages zusammen im Wald. Sie waren mit jemandem verabredet. Ich weiß nicht mit wem. Seitdem werde ich erpresst. Er hat Andreas in seiner Gewalt. An diesem Abend im Restaurant in Föhren habe ich zufällig Ihr Gespräch mit angehört. Daraufhin habe ich mich erkundigt und Hannes aufgesucht. Ich habe ihn um seine Hilfe bei der Suche nach meinem Mann gebeten.“
„Und ich hatte Angst, dass du da mit reingezogen wirst, wir wissen nicht, wozu dieser Typ noch alles fähig ist!“, platzte schließlich die aufgestaute Anspannung aus Hannes heraus, „Ich kenne dich doch, du hättest dich wahrscheinlich wieder da reingesteigert und mithelfen wollen und …“ Frau Steinmetz mischte sich ein: „Auch ich habe ihn überredet, Stillschweigen zu wahren, ein Fehler und Andreas ist vielleicht tot, bevor …“ Eine neue Ladung Tränen schoss der Frau ins Gesicht und sie fischte nach einem Taschentuch in der Handtasche. Anne sprang auf und reichte ihr ein Blatt Küchenrolle. „Danke“, hauchte Frau Steinmetz. „Aber so ist Hannes auch nicht mehr zu gebrauchen.“ Sie schnäuzte alles andere als ladylike laut ihre Nase. „Frau Seifert, es macht ihn fertig, dass Sie so sauer auf ihn sind und er ja gar nichts dafür kann, und als er dann noch erfahren hat, dass Sie womöglich denken, dass Hannes und ich …“ Sie stockte.
Anne kam sich plötzlich total lächerlich vor, sie führte sich auf wie eine eifersüchtige Ziege.
„Anne“, sagte sie rasch und bot Claire Steinmetz die Hand. „Bitte was?“
„Ich heiße Anne, ich meine, wir können uns doch eigentlich auch duzen, oder?“ „Ja sicher, sehr gern, Claire.“ Die Frau nahm Annes Hand an. „Claire? Das klingt französisch. Stammen Sie aus Frankreich?“, wollte Anne wissen. „Nein, nein“, Claire hatte Gott sei Dank wieder aufgehört zu weinen. „Ich komme aus Gummersbach. Und eigentlich heiße ich Klara, finde ich aber schrecklich.“
Hannes knabberte derweil verlegen an einem Plätzchen herum. „Es tut mir alles so leid, ich hätte ehrlich zu dir sein sollen, Anne. Ich werde dir jetzt die ganze Geschichte erzählen.“
Hannes räusperte sich theatralisch und setzte sich zurecht wie der Märchenonkel im Kinderprogramm.
„Also, am Montagabend war ich mit Paula im Wald, wir saßen am Damensitz, den kennst du doch“, begann er zu erklären. „Ja, ich weiß, wo der Damensitz ist“, gab Anne leise zurück und starrte ihre scheinbar sehr interessante Tischplatte an. „Und dass du Montagabend dort warst, weiß ich auch, Ariane hat’s mir nämlich brühwarm erzählt!“ Mit wissendem Blick wandte Anne sich nun an Claire. „Und sie, äh, ich meine du, warst auch dort.“
„Ja, ich hab Hannes am Hochsitz aufgesucht …“ „Stimmt, ausgerechnet Gabi und Ariane mussten dort auftauchen!“, plärrte Hannes laut dazwischen. „Entschuldige, bitte“, murmelte er dann etwas leiser, als ihm aufging, dass er Claire einfach ins Wort gefallen war.
Anne zog genervt die Augenbrauen nach oben und schüttelte mit einem Seitenblick zu Hannes den Kopf. „Aber warum hast du Hannes überhaupt gesucht und woher wusstest du, wo er zu finden war?“ Diese Frage galt Claire. Annes offensichtliche Wut der letzten Tage schien so langsam aber sicher ihrer Neugier Platz machen zu wollen. Außerdem hatte sie wohl begriffen, dass zwischen Hannes und Claire nichts lief. Insgeheim freute sich Hannes riesig, dass sie eifersüchtig war. Wenn nur die derzeitige Situation nicht so verdammt verzwickt wäre! Hannes hatte das Gefühl, im Moment gute Chancen zu haben, einen Neuanfang bei Anne wagen zu können. Aber dazu war leider keine Zeit. Trotzdem, allein bei dem Gedanken lief ihm ein wohliges Kribbeln den Rücken herab. „Kannst du vielleicht mal damit aufhören?“ Anne sah Hannes missmutig an. Augenblicklich stellte Hannes das Trommeln mit dem Kaffeelöffelchen gegen seine Tasse ein. Hatte er ja gar nicht bemerkt! „Und deinen Dackelblick kannst du auch ablegen!“, blaffte sie hinterher. Na ja, vielleicht
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