Das Kreuz des Zitronenkraemers
waren Hannes Chancen doch nicht so gut.
Claire Steinmetz sah abwechselnd zwischen Anne und Hannes hin und her und schaffte es durch ein gekünsteltes Hüsteln in schauspielerischer Manier, die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken: „Am besten, ich beginne ganz von vorn. Wie ich bereits erwähnte, ist mein Schwager ermordet und mein Mann entführt worden. Man erpresst mich, wegen irgendwelchen Schmucks, von dem ich überhaupt keine Ahnung habe. Ich bin also hierher gekommen. Ich wollte Nachforschungen betreiben und vor allem in der Nähe meines Mannes sein. Zumindest vermute ich, dass er irgendwo in dieser Gegend ist. Ich habe es zu Hause nicht mehr ausgehalten. Ich musste doch irgendetwas tun, also …“
„Hast du dich in dein Flugzeug gesetzt und bist her gejettet“, vollendete Anne den Satz. „Genau“, bestätigte Claire. „Und zufällig begegne ich dann euch beiden, im Restaurant. Ich konnte mehr oder weniger unfreiwillig mithören, wie ihr euch über den Mord unterhalten habt und auch, dass möglicherweise irgendwelche Jäger in die Sache verwickelt sind. Ich dachte, vielleicht könnte ich über diesen Weg irgendetwas in Erfahrung bringen. Als ihr das Lokal verlassen hattet, bin ich auch raus und Hannes hinterhergefahren. Glücklicherweise hatte ich mir im Vorfeld einen Leihwagen bereitstellen lassen.“ Sie schmunzelte, als sie Hannes ansah und ihm dann fast liebevoll den Unterarm mit ihrer Hand tätschelte. „Hannes muss gedacht haben, dass ich ihm hinterher renne, sein verblüffter Blick, als er mich in der Tür dieser Jägerkneipe hat stehen sehen, sprach auf jeden Fall Bände“, vertraute sie Anne an, als wär’s der neueste Tratsch unter Freundinnen. Verlegen untersuchte Hannes den Grund seiner mittlerweile leeren Kaffeetasse. Annes Augen schossen einen Blitz in dessen Richtung: „Ich glaube, die Zukunft kann man nur aus Teeblättern lesen Schatz. Nicht aus Kaffeesatz.“ Anne vollführte einen gekonnten Augenaufschlag. „Davon hattest du mir ja sonntags gar nichts erzählt, wo du mir doch sonst alles haarklein von deinem Abend berichtet hast.“
Mit einem lauten Klirren donnerte Hannes die Tasse auf den Unterteller zurück. „Es war eben nicht so wichtig“, verteidigte er sich.
„Außerdem haben wir, ich meine Claire und ich, an diesem Abend ja auch noch gar nicht miteinander gesprochen, das war ja erst Montagnacht, am Hochsitz“, quäkte Hannes beleidigt.
„Genau, also sind wir wieder am Anfang.“ Claire wirkte leicht genervt, sah zu Anne rüber und nahm endlich ihre Hand von Hannes Arm. „Ich habe mich also in dieser Kneipe, die ja gleichzeitig eine Pension ist, einquartiert, natürlich unter fremdem Namen. Es war nicht schwierig, die Gespräche zu verfolgen, so laut haben die sich unterhalten. Unter anderem hat Hannes erzählt, dass er das nächste Mal zum Damensitz wolle, wenn er noch mal rausgeht. Also habe ich am nächsten Morgen beim Frühstück den Wirt gefragt, wo denn dieser Damensitz sei. Abends habe ich mich dann auf den Weg gemacht. Und ich hatte Glück. Hannes war da.“
„Bei so viel detektivischem Geschick, warum bist du ihm nicht direkt nach Hause nachgefahren? An diesem Abend nach der Kneipe. Wäre doch viel einfacher gewesen?“, wunderte sich Anne. „Das wäre zu auffällig gewesen, niemand durfte uns zusammen sehen oder eine Verbindung vermuten, schließlich wissen wir ja überhaupt nicht, wer der Mörder und Entführer ist. Es könnte ja jeder sein.“
„Hmm“, bestätigte Anne die Aussage nachdenklich. Claire erhob sich von ihrem Stuhl, wanderte zum Küchenfenster und schaute sich teilnahmslos das Treiben auf dem Viehmarkt an. „Ich habe schreckliche Angst um Andreas. Hätte ich doch nur die Polizei da rausgehalten. Aber als ich zwei Tage nichts von ihm gehört hatte, und das ist noch nie vorgekommen, habe ich mir überlegt, ihn als vermisst zu melden. Die Polizei kam mir allerdings zuvor. Sie hatten mich irgendwie ausfindig gemacht, sie brauchten jemanden zur Identifizierung des Toten. Eigentlich waren sie zu diesem Zweck auf der Suche nach Andreas. Schließlich ist er der einzige lebende Familienangehörige. Zuerst habe ich erzählt, Andreas sei nicht da, er wäre auf Reisen. Ich weiß auch nicht, wieso ich ihnen das aufgetischt hatte, ich muss wohl irgendwie in Panik gewesen sein. Mein Gott, hatte ich eine Angst. Man sagte mir, dass es sich bei der Leiche mutmaßlich um Bernd Steinmetz handeln würde, wegen der gefunden Papiere im Wagen. Aber wie
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