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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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helfen, so schauderhafte Positionen auszuarbeiten, dass nicht einmal ich einen Ausweg daraus finden kann.« Er hob ihnen sein Glas entgegen. »Schließlich ist allein das Spiel wichtig, nicht wahr?«
    Hamin schnaubte, seine Schultern bebten. Er zog wieder an seiner Pfeife und erklärte durch einen Rauchschleier: »Kein wahrer Spieler könnte mehr sagen.« Er klopfte Gurgeh auf die Schulter. »Mr. Gurgeh, selbst wenn Sie sich nicht dazu entschließen, von den Annehmlichkeiten Gebrauch zu machen, die mein Haus zu bieten hat, hoffe ich, Sie werden eine Weile bei uns bleiben. Es wäre mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu plaudern. Wollen Sie?«
    »Warum nicht?«, gab Gurgeh zurück, und er und Hamin prosteten einander zu. Olos lehnte sich zurück und lachte lautlos vor sich hin. Alle drei drehten sich zu den Tänzern um, die inzwischen ein kopulatorisch kompliziertes Muster aus Körpern in einem lebenden Puzzle gebildet hatten und dabei immer, wie Gurgeh beeindruckt feststellte, im Rhythmus der Musik blieben.
     
    Für die nächsten fünfzehn Tage blieb er in dem Haus. Während dieser Zeit sprach er – zurückhaltend – mit dem alten Rektor. Als er abreiste, hatte er immer noch das Gefühl, dass sie sich nicht richtig kannten, aber vielleicht wussten sie jetzt ein bisschen mehr über die Gesellschaft, in der der jeweils andere lebte.
    Hamin fand es offensichtlich schwer zu glauben, dass die Kultur ohne Geld auskam. »Aber wenn ich nun etwas Unvernünftiges haben möchte?«
    »Was?«
    »Meinen eigenen Planeten?« Hamin keuchte vor Gelächter.
    »Wie kann man einen Planeten besitzen?« Gurgeh schüttelte den Kopf.
    »Aber angenommen, ich möchte einen?«
    »Ich vermute, wenn Sie einen unbewohnten fänden, könnten sie landen, ohne irgendjemanden zu verärgern… vielleicht würde das funktionieren. Aber wie wollten Sie andere Leute daran hindern, ebenfalls dort zu landen?«
    »Könnte ich nicht eine Flotte von Kriegsschiffen kaufen?«
    »Alle unsere Schiffe haben ein eigenes Bewusstsein. Sie könnten natürlich versuchen, einem Schiff zu erzählen, was Sie von ihm erwarten… aber ich glaube nicht, dass Sie damit sehr weit kommen würden.«
    »Ihre Schiffe glauben, dass sie Bewusstsein haben!« Hamin kicherte.
    »Ein verbreiteter Irrglaube, der von einigen unserer menschlichen Bürger geteilt wird.«
    Die sexuellen Bräuche der Kultur fand Hamin sogar noch faszinierender. Er war gleichzeitig entzückt und entrüstet, dass in der Kultur Homosexualität, Inzest, Geschlechtsumwandlung, Zwittertum und Änderung der sexuellen Merkmale nicht anders betrachtet wurden, als wenn Leute auf eine Kreuzfahrt gingen oder sich eine neue Frisur machen ließen.
    Hamin meinte, dadurch würde einem bei allem der Spaß verdorben. War in der Kultur überhaupt nichts verboten?
    Gurgeh versuchte, ihm zu erklären, dass es keine geschriebenen Gesetze gab, aber auch so gut wie kein Verbrechen. Gelegentlich kam es zu einem Verbrechen aus Leidenschaft – wie Hamin es nannte –, aber sonst geschah wenig. Es war eben schwierig, mit irgendetwas durchzukommen, wenn jeder ein Terminal besaß, aber es waren auch nur sehr wenige Motive übrig geblieben.
    »Aber wenn jemand einen anderen tötet?«
    Gurgeh zuckte die Achseln. »Es wird ihm ein Roboter angehängt.«
    »Aha! Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Was tut dieser Roboter?«
    »Er folgt dem Betreffenden überallhin und sorgt dafür, dass er es nicht wieder tut.«
    »Ist das alles?«
    »Was wollen Sie mehr? Es ist der soziale Tod, Hamin; man wird nicht mehr zu sehr vielen Parties eingeladen.«
    »Ah! Aber kann man in Ihrer Kultur nicht ohne Einladung kommen?«
    »Ich denke schon«, räumte Gurgeh ein. »Aber niemand würde mit einem reden.«
    Das, was der alte Rektor Gurgeh über das Kaiserreich erzählte, bestätigte nur, was er schon von Shohobohaum Za gehört hatte: Es sei ein Edelstein, so bösartig seine scharfen Kanten auch sein mochten. Die Azadier hatten eine recht verzerrte Ansicht von dem, was sie die >menschliche Natur< nannten – diesen Ausdruck benutzten sie immer, wenn sie etwas Unmenschliches und Unnatürliches rechtfertigen mussten. Doch sie war in der Umgebung dieses selbst geschaffenen Monstrums, des Imperiums von Azad, das einen so festverwurzelten Instinkt – Gurgeh fand kein anderes Wort dafür – der Selbsterhaltung zeigte, nicht so schwierig zu verstehen.
    Das Imperium wollte weiterleben; es war wie ein Tier, ein massiger, mächtiger Körper, der nur bestimmten Zellen

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