Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
hervorragend für Parierstange und Knauf eignen würde. Pierre hatte sie bei ihrer Auswahl des Materials beobachtet und zog sie auf, als sie zu ihm kam, um nach dem Preis zu fragen.
»Weiber! Könnte mich schieflachen, wie du das Material aussuchst! Wie Armelle, wenn sie auf den Markt geht und kauft, was sie für ein neues Kleid braucht«, spottete er, stolzierte mit einem imaginären Einkaufskorb am Arm durch die Schmiede und ahmte seine Frau nach.
»Mach dich ruhig lustig, aber vergiss nicht, mir einen vernünftigen Preis für das Eisen zu machen«, wiederholte Ellen selbstsicher.
»Machst dir viel unnötige Arbeit mit diesem Klotz, statt dir ein ordentliches Stück für die Klinge auszusuchen. Was du mit dem Stabeisen vorhast, ist mir auch schleierhaft.« Pierre schüttelte den Kopf über Ellens Wahl. Er kratzte sich am Hinterkopf, wog die Stücke mit der Hand, überlegte einen Moment und rechnete. Der Preis, den er ihr schließlich nannte, war erstaunlich fair.
Ellen bezahlte sofort. Eine Verrechnung mit ihrem Lohn lehnte sie ab. Ein Meister gewöhnte sich zu leicht daran, weniger oder gar keinen Lohn mehr zu zahlen, und wenn er erst einmal damit angefangen hatte … Ellen nahm ihre Börse und zählte ihm das Geld in die Hand.
»Ich bezahle für jeden Abend, an dem ich deinen Amboss und dein Werkzeug benutze – natürlich arbeite ich nur, wenn du die Schmiede nicht selbst benötigst. Wie viel verlangst du?«
Pierre antwortete, ohne zu zögern, und forderte die Hälfte ihres Lohns. Dafür durfte sie auch von seiner Holzkohle nehmen. Ellen zögerte nur kurz, sie hatte ohnehin keine Wahl, und schlug in seine ausgestreckte Hand ein.
»Du zahlst meinen Lohn wie immer, ich zahle am Ende jeder Woche.« Ellen wusste genau, dass sie nun noch eine Weile an Pierre gebunden war. Es würde ihr gerade genug zum Leben von ihrem Verdienst übrig bleiben, aber einen anderen Weg gab es nicht. Wenn sie erst alle Materialien gekauft hatte, die sie für das Schwert benötigte, würde überdies auch von ihrem Ersparten nicht mehr viel übrig sein. Aber das war ihr das Schwert wert. Sie musste Guillaume unbedingt zeigen, was sie konnte. Er würde ein gutes Schwert sofort erkennen, und vielleicht, so hoffte sie, sähe er dann auch mehr in ihr als nur ein Mädchen, das sich schon nach einer kurzen Bekanntschaft von ihm hatte verführen lassen. Guillaume hatte nie von Liebe gesprochen, sondern immer nur von Verlangen. Auf dem Weg in die Schmiede hatte Ellen immer wieder darüber nachgedacht. Was war mit ihr? Liebte sie Guillaume? Oder begehrte sie ihn nur? Bei Jocelyn war sie sicher gewesen. Sie hatte sich nichts sehnlicher gewünscht, als jeden Tag mit ihm zusammen zu sein, mit ihm zu arbeiten und mit ihm alt zu werden. Aber Guillaume? Er löste andere Gefühle in ihr aus. Er war verführerisch und gefährlich, so wie das Meer, das erfrischend und faszinierend war, bis seine Strömung einen ohne Vorwarnung in die dunkle Tiefe zog und nie wieder aus den kalten Fingern ließ. Trotzdem fehlteGuillaume ihr. Sie träumte von seinen Küssen und Liebkosungen, wachte mitten in der Nacht erregt auf und fragte sich, was schlimmer war: ihre Angst, ihn nie wiederzusehen, oder die Furcht, ihm noch mehr zu verfallen.
Am Ende des Turniers zogen Handwerker, Händler und Gaukler weiter. Bis zum nächsten Austragungsort würden sie nur acht oder neun Tage brauchen. Wer sich gleich auf den Weg machte, hatte nach seiner Ankunft noch eine gute Woche, bevor das Turnier beginnen würde, und so die Gelegenheit, Werkzeug, Karren, Zelte oder Haushaltsgerät in Ordnung zu bringen.
Obwohl Ellen in der Schmiede gut zu tun hatte und sich abends kaum noch bewegen konnte, beschloss sie, schon am übernächsten Tag mit dem Schmieden des Schwertes zu beginnen. In den vergangenen Monaten hatte sie jeden freien Augenblick in Guillaumes Armen verbracht. Nun, während seiner Abwesenheit, würde ihr genügend Zeit für Athanor bleiben. Am Sonntag heizte sie die Esse an und schmiedete aus dem Stabeisen eine Vierkantspitze aus. Zufrieden betrachtete sie das Ergebnis. Für die nächsten Arbeitsgänge fehlte ihr ein Helfer. Während Ellen noch überlegte, wen sie um Hilfe bitten sollte, kam Pierre wutschnaubend zum Schmiedeplatz.
»Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?«, schnauzte er sie an.
Ellen verstand nicht, worüber er sich dermaßen aufregte, und sah ihn verdutzt an.
»Guck nicht wie eine Kuh, wenn es donnert! Am heiligen Sonntag darf nicht
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