Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
weder Stroh noch andere leicht brennbare Dinge herumliegen.
Jean hielt den Stab tapfer fest und rührte sich auch nicht, als die Funken auf seinen Händen verglühten und dabei kleine Brandblasen hinterließen.
»Gut gemacht!«, lobte Ellen ihn, als sie fertig war. »Mit dem Griff, den wir jetzt haben, arbeitet es sich leichter als mit der Zange!« Sie wischte den Zunder vom Amboss und ließ ihn in einen Sack gleiten, den Pierre dafür bereitgestellt hatte. »Man kann die feinen Eisenblättchen, die wir Schmiede Zunder oder Hammerschlag nennen, aufbereiten und wiederverwenden«, erklärte sie. »Und jetzt pass auf, gleich musst du auf mein Kommando achten. Bei ›vor‹ schiebst du das Paket ein kleines Stück nach vorn, bei ›drehen‹ drehst du das Paket auf die andere Seite und ziehst es gleichzeitig wieder zu dir zurück. Der Amboss ist kalt, also bleibt das Eisen nicht lange heiß, und wir müssen schnell sein, um jede Wärme richtig auszunutzen. Du hältst dich gut!«, lobte sie Jean, um ihn anzuspornen. »Und jetzt raus mit dem Eisen!« Ellen nahm den schweren Vorschlaghammer und begann, das Eisen erneut zu strecken. Als das Paket ungefähr doppelt so lang war, griff sie Handhammer und Meißel, um es erneut in der Mitte einzuspalten und zu falten.
Jean legte das Eisen abermals in die Esse, holte es raus, als es heiß genug war, und hielt es am Stab fest, während Ellen die beidenLagen durch mehrere kräftige Schläge mit dem Vorschlaghammer verschweißte. Sie erhitzten das Eisen noch einmal und beendeten den ersten Faltvorgang.
»Schaffst du noch eine Faltung? Dann brauchen wir morgen und übermorgen nur noch zwei und drei zu machen und sind dann damit fertig«, erklärte Ellen.
»Wozu machen wir das eigentlich?«, erkundigte sich Jean.
»Ist so eine Art Frühjahrsputz für Eisen«, grinste Ellen und pustete sich eine Locke aus dem Gesicht. »Eisen hat immer Verunreinigungen und Einschlüsse. Die Faltungen reinigen es und verhindern Fehler in der Klinge. Je mehr Faltungen man macht, desto besser wird das Schwert, aber das Eisen wird weicher dadurch, deshalb kann man nicht unbegrenzt falten.«
Jean bemühte sich auszusehen, als ob er sie verstünde.
»Vieles begreift man erst nach Jahren«, beruhigte Ellen ihn. Es hieß ja unter Schmieden, das Eisen forme in den ersten zehn Jahren den Schmied und erst dann der Schmied das Eisen. Nur für sich selbst empfand Ellen das anders; sie und das Eisen waren von Anfang an so etwas wie gute Freunde gewesen.
Es war bereits dunkel, als sie mit den ersten beiden Faltungen fertig waren. Der Himmel war schwarz und wolkenlos, aber das Mondlicht war hell genug, um Ellen und Jean sicher den Weg zum Zelt zu weisen.
Als sie ankamen, schlief Madeleine schon fest. Sie lag zusammengerollt auf ihrer Decke und hatte sich dicht an Graubart gekuschelt. Der Hund hob kurz müde den Kopf, wedelte matt mit dem Schwanz und schloss wieder die Augen. Er war viel schneller und mehr gewachsen, als sich Ellen hatte träumen lassen, und nahm inzwischen genauso viel Platz wie ein Mensch für sich in Anspruch.
»Mann, hab ich einen Hunger!«, stöhnte Jean.
»Tut mir leid, es ist viel zu spät geworden.« Ellen hatte auf einmal ein schlechtes Gewissen.
»Nix braucht dir leidzutun, ich habe so viel gelernt. Weißt du, wenn ich könnte, würde ich Schmied werden, oder Tischler oder so was. Aber einen wie mich will ja keiner in die Lehre nehmen. Ich kann nichts zahlen, und außerdem muss ich mich ja um Madeleine kümmern.«
»Ach, Jeannot! Du bekommst sicher eines Tages deine Chance, du darfst nur nicht aufgeben, darauf zu hoffen!« Ellen kniff ihn in die Wange und lächelte.
Jean sah sie unwillig an. Er mochte es nicht, wenn sie ihn wie ein Kind behandelte. »Bei der Arbeit hast du mich Jean genannt, nicht Jeannot, kannst du das nicht immer tun?«, fragte er, ohne sie anzusehen.
»Sicher«, antwortete Ellen kauend.
An den nächsten beiden Abenden beobachtete sie den Jungen genauer bei der Arbeit. Er war fleißig, lernwillig und stellte sich geschickt an. Sicher würde er seinen Weg machen. Wehmütig dachte Ellen an den Tag, an dem sie bei Llewyn vorgesprochen hatte. Wie lange das schon her war! Sie war ein wenig jünger gewesen als Jean. Wenn er sich öfter in der Schmiede herumtrieb und sie ihm einiges erklärte, warum sollte er dann nicht auch einmal Glück haben?
Nachdem Ellen das Eisen noch ein letztes Mal gefaltet hatte, spaltete sie es in zwei gleich große Stücke, ohne es zu
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