Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
vereinbarten Treffpunkt. »Da bist du ja endlich! Was hast du denn für Schatten unter den Augen, hast du wieder schlecht geträumt?«, fiel Rose mit der Tür ins Haus.
»Geträumt habe ich, ja, aber schlecht? Nein.«
Rose zog die Augenbrauen hoch und sah sie neugierig an. »Dann hast du von einem Liebhaber geträumt! Kein Wunder, dass du so unausgeschlafen aussiehst«, erklärte sie schelmisch.
»Liebhaber, so ein Unsinn, ich habe im Traum gearbeitet!«, gab Ellen barsch zurück.
»Oh, Entschuldigung!« Rose sah zur Seite, damit Ellen nicht merkte, dass sie mit den Augen rollte.
»Seit Tagen schon träume ich immer das Gleiche«, begann Ellen zu erzählen. »Manchmal möchte ich gar nicht mehr aufwachen, weil ich so glücklich bin. Im Traum bin ich ein berühmter Schmied! Sogar Donovan ist stolz auf mich, weil die Ritter von weit her kommen, um meine Schwerter zu kaufen. Und dann erklingen plötzlich Fanfaren! Es ist der König! Er kommt, damit ich ein Schwert für ihn mache. Und genau dann, wenn ich am glücklichsten bin, wache ich auf. Einen Moment lang bilde ich mir ein, alles wäre so, wie ich es geträumt habe. Aber dann begreife ich allmählich wieder, wer ich bin, stehe auf und wickle heimlich meine Brust.«
Rose wusste nicht, wie sie ihre Freundin trösten sollte. »Du kannst nicht ewig so tun, als seist du ein Mann, irgendwann musst du damit aufhören.« Mit einer fast mütterlichen Geste streichelte sie Ellen über die Wange. »Ich hab’s! Das ist die Idee!«, rief sie, und ihre Miene hellte sich auf. »Als Frau kannst du keine Schmiede führen, richtig?«
»Wohl kaum.«
»Na, dann heiratest du einfach einen Schmied. Als Ehefrau kannst du bei ihm mitarbeiten!« Rose sah sie erwartungsvoll an, aber Ellen schüttelte den Kopf.
»Glaubst du nicht, dass ich schon selbst auf die Idee gekommen bin? Aber das ist nicht die Lösung. Ich will in meiner eigenen Werkstatt schmieden und allein bestimmen, nicht als Frau eines Schmieds nur Handlanger sein. Dazu bräuchte ich mich nicht bei Donovan abzuplagen. Was ein einfacher Helfer könnenmuss, kann ich schon längst. Oder glaubst du, ein Mann würde seiner Frau gestatten, besser zu sein als er?«
Rose schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht.«
»Siehst du, aber genau das will ich! Ich will besser sein als die anderen. Ich weiß, ich kann einmal ein großer Schmied werden. Ich fühle es!« Ellen klang entschlossen und ein bisschen trotzig.
»Ich mach es mir nicht so schwer wie du. Ich heirate mal einen Müller, und aus seinem Mehl backe ich die besten Kuchen und Pasteten.« Rose lachte, wackelte albern mit dem Kopf und zog Ellen fröhlich mit sich fort. »Na komm, wir gehen zum Übungsplatz, dann fühlst du dich gleich besser.«
»Seit wann interessierst du dich denn für Kampfübungen?« Ellen sah sie ungläubig an.
»Nicht für Kampfübungen, aber für Knappen!« Rose lachte und errötete ein wenig.
»Es wird bald dunkel. Dann hören sie auf, weil sie nicht mehr genug sehen. Und du auch nicht!«, scherzte Ellen, schon wieder besserer Laune.
Auf dem Weg zum Kampfplatz kamen sie am Burgtor vorbei.
»Er steht immer noch da«, murmelte Ellen nun doch bewundernd, als sie sah, in welch stolzer Haltung Guillaume nach wie vor auf dem Holzblock stand.
»Ist nicht mein Geschmack, zu grobschlächtig, ich mag mehr die vornehmen Jungen. So wie den da.« Rose deutete verschämt auf einen hübschen Kerl, der ungefähr in ihrem Alter war.
»Ich glaube, er heißt Thibault«, raunte ihr Ellen verschwörerisch zu.
»Den Namen werde ich mir merken«, sagte Rose schmunzelnd.
Tancarville im Sommer 1163
E s war zu kühl für die Jahreszeit, der Himmel war schon seit Tagen grau verhangen, und immer wieder nieselte es. Der trübe Juni, der einfach keine Sonne bringen wollte, schlug Ellen aufs Gemüt – und Rose hatte auch keine Zeit, sie musste arbeiten, weil Gäste auf der Burg erwartet wurden. Ellen langweilte sich, lustlos schlenderte sie zum Kampfplatz, aber da Sonntag war, übten die Knappen nicht. Als sie wieder umkehren und zurück zur Schmiede gehen wollte, hörte sie das Gespräch zweier Knappen, die an ihr vorbeigingen. Einer der Fechtmeister suche einen Bauernjungen, der mit einem langen Stock gegen sie antreten solle, meinte der eine. Die Knappen lachten und höhnten, sie wollten so einem Bauernbengel schon gehörig einheizen, aber Ellen hörte es nicht mehr, sie war sofort losgerannt. Seit einem Jahr schon arbeitete sie bei Donovan und wusste längst,
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