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Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Titel: Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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lebendig, dass Ellen oft den Eindruck hatte, dabei gewesen zu sein. Wie gebannt hing sie jedes Mal an seinen Lippen. Und im Lauf der Zeit waren ihr die Traditionen und Werte, die allen Pagen, Knappen und Rittern so überaus wichtig waren, etwas begreiflicher geworden, erschienen ihr weniger sinnlos und brutal als bisher. Aber je mehr sie sich mit dem Leben beschäftigte, das Guillaume führte, desto klarer wurde ihr, dass man in den Adel hineingeboren sein musste, um zu denken und zu fühlen wie ein Ritter. Ellen setzte sich ans Ufer des kleinen Baches, an dem sie sich immer ausruhten, und stellte sich vor, Guillaume säße neben ihr. Sie begann zu erzählen, erklärte ihm, wo ihre Unsicherheiten waren und warum sie sich nicht für diese oder jene Ausführung entscheiden konnte. Sie zeichnete Schwerter in den Sand, redete und redete und vergaß dabei völlig, dass sie allein war.
    »Du machst dir viel zu viele Gedanken, mach doch einfach ein Schwert, so wie du es selbst gerne hättest!«, hätte Guillaume vermutlich irgendwann gesagt.
    »Das ist es!«, rief sie und sprang auf. Natürlich! Sie musste sich einfach auf das besinnen, was ihr selbst am wichtigsten an einem Schwert war. Die Ausgewogenheit der Waffe musste stimmen! Dafür waren Größe und Gewicht des Knaufes im Verhältnis zur Länge der Klinge ausschlaggebend, weil so der Schwerpunkt des fertigen Schwertes festgelegt wurde. War dieser richtig gewählt,würde es gut in der Hand liegen und leicht zu führen sein. Außerdem musste das Schwert scharf sein, sehr scharf, und dafür war die Härte wichtig. Das Eisen durfte keine Einschlüsse haben und beim Härten nicht brüchig werden. Da es keinen Auftraggeber für das Schwert gab, war es in der Tat naheliegend, es für ihre eigene Größe herzustellen. Und da Ellen für eine Frau recht groß war, würde es genügend Ritter geben, die später als Käufer infrage kämen. Auf dem Heimweg überlegte sie sich alle weiteren Details und ließ das neue Schwert in ihrem Kopf entstehen.
    Für die Qualität der Klinge war auch die Politur besonders wichtig. Donovan überließ seine Schwerter nur in Ausnahmefällen einem Schwertfeger. Obwohl die meisten von ihnen überaus gute Handwerker mit viel Erfahrung waren, behauptete er, sie seien zwar in der Lage, alte Schwerter ganz ordentlich aufzuarbeiten, meinte aber, nur der Schmied, der die Klinge gefertigt habe, könne diese auch perfekt polieren. Diesem Umstand hatte Ellen es zu verdanken, dass sie auch das Polieren beherrschte. Sie liebte es, weil man damit die Schönheit und Schärfe einer Klinge vollends herausarbeiten konnte. Es war der krönende Abschluss eines gut geschmiedeten Schwertes. Form und Größe der Parierstange spielten dagegen nur eine untergeordnete Rolle und waren mehr eine Frage des Geschmacks und der Ästhetik. Ellen beschloss, eine recht kurze, breite Parierstange zu fertigen. Außerdem gehörte zu einem Schwert natürlich auch eine Scheide, die der Klinge genau angepasst wurde. Diese Arbeit machte ein Gehängemacher, der erst beginnen konnte, wenn die Waffe fertig war. Das Gehilz, die Holzverschalung für den Griff, die mit Draht, Leder oder Kordel umwickelt wurde, fertigte ein Gefäßmacher an. Für die Verzierungen der Klinge und vielleicht auch des Knaufs würde sie die Ausführung ihrer Vorstellungen mit einem Gold- oder Silberschmied besprechen müssen. Ellen wusste, dass es ratsam war, mit allen Handwerkern, die an der Fertigung beteiligt waren, rechtzeitig zu besprechen, wann sie ihre Arbeit benötigte, um nicht in zeitliche Bedrängniszu geraten. Donovan hatte ihr zwar vier Monate Zeit gegeben, aber sie konnte nicht den ganzen Tag an ihrem Schwert arbeiten, sondern musste auch in der Schmiede helfen.
    Ellen fertigte das Schwert Schritt für Schritt so, wie der Meister es sie gelehrt hatte. Als sie die Schnittflächen anlegen musste, überlegte sie, ob sie Donovan um Rat fragen sollte, ließ aber davon ab.
    Art nach seiner Meinung zu fragen wäre reine Zeitverschwendung gewesen. Er arbeitete zwar sorgfältig, war aber nicht in der Lage, eigene Ideen zu entwickeln oder Vorschläge zur Verbesserung eines Arbeitsganges zu machen.
    Also besann sich Ellen auf ihr eigenes Können und schaffte es schließlich allein. Den Knauf ließ sie vergolden, nachdem sie mit Donovan die entstehenden Kosten abgesprochen hatte. In die fertige Klinge tauschierte der Goldschmied mit Silberdraht die Worte »IN NOMINE DOMINI« – Im Namen des Herrn –, mit je

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