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Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Titel: Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Arbeiten, die sie für die Nonnen erledigt hatte, und wie wohl sich Jacques hier fühlte, weil er zwar ein bisschen Wasser schleppen und Holz sammeln musste, dafür aber die doppelte Menge zu essen bekam.
    Ellen erholte sich von Tag zu Tag mehr und fühlte sich nach nicht einmal einer Woche kräftig genug, um weiterzuziehen. Gesicht und Bauch waren zwar noch immer lilablau, aber die aufgeplatzte Haut an Augenbrauen und Lippen war inzwischen recht ordentlich verheilt.
    Kurz vor Sonnenaufgang des sechsten Tages war es so weit. Nach einem herzhaften Frühstück verabschiedeten sich die drei von Schwester Agnes und den anderen Nonnen und zogen weiter Richtung Béthune. Die Bäume waren von dickem Raureif weiß gefärbt. Äste, Blätter und sogar die Grashalme waren von einer eisigen Kristallschicht umhüllt. Als die Sonne am Horizont aufging, färbte sie den Reif zartrosa, und noch vor dem Mittag hatte sie ihn zum Schmelzen gebracht.
    »Wenn wir nicht trödeln, können wir in einer guten Woche zu Hause sein«, munterte Claire ihren Sohn auf.
    Es war ganz offensichtlich, dass er keine Lust hatte, bei dieser Kälte zu Fuß zu gehen, nur weil sie Ellen mitnahmen. Mürrisch brummelte er vor sich hin.
    Ellen brachte es nicht fertig, Mitleid mit dem Jungen zu haben. Sie war nie zuvor auf einem Pony geritten – schließlich hatte der Mensch Beine zum Laufen. Sie ärgerte sich über sein zimperliches Verhalten, da hatte sie als Mädchen in seinem Alter mehr Ausdauer gehabt. Als Jacques nicht aufhörte herumzunörgeln, weil er nicht reiten durfte, hielt sie schließlich an, glitt mit zusammengebissenen Zähnen vom Pferd und streckte ihm die Zügel hin. »Ich sehe, du ärgerst dich, weil mir deine Mutter das Pony überlassen hat. Ich werde also laufen.« Ellen bemühte sich, gefasst und kühl zu klingen.
    Jacques wurde blass.
    Entweder er bricht jeden Moment in Tränen aus, oder er fängt gleich an zu toben, dachte Ellen überrascht.
    Aber der Junge schüttelte nur heftig den Kopf und beschleunigte seinen Schritt, als sei der Teufel persönlich hinter ihm her.
    Wie es schien, wollte er doch weiterlaufen. Ellen beschloss, wieder aufzusteigen. Glücklicherweise war das Pony stoisch genug und blieb geduldig stehen, während sie sich mühsam wieder auf seinen Rücken hievte.
    Jacques verzog keine Miene mehr. Er bemühte sich, höflich zu Ellen zu sein, und war sogar zu seiner Mutter ein wenig freundlicher als sonst.
    »Ich glaube, er mag dich«, sagte Claire am nächsten Tag nicht ohne Verwunderung. »Er ist nicht wie andere Jungen.«
    Ellen war ganz ihrer Meinung, sie hielt ihn für kindisch und unerzogen. Wahrscheinlich verwöhnt sie ihn zu sehr, dachte sie missmutig.
    »Er ist ein bisschen, na, wie soll ich sagen? Einfältig.« Claire lächelte geniert.
    Ellen sah sie erstaunt an. Für zurückgeblieben hatte sie Jacques nicht gehalten, aber aus Claires Mund klang es, als wolle sie genau das sagen.
    »Er braucht nur mehr Disziplin«, murmelte Ellen ein wenig beschämt.
    »Mag sein, vielleicht bin ich nicht streng genug. Sein Vater, Gott hab ihn selig, ist vor zwei Jahren gestorben.« Claire bekreuzigte sich. »Es ist nicht immer leicht alleine mit dem Jungen.« Sie zuckte verlegen mit den Schultern. »Ich führe die Werkstatt meines Mannes seit seinem Tod, obwohl jeder im Dorf erwartet hatte, dass ein neuer Meister ins Haus käme. Als Seidenweberin oder Garnmacherin wäre es nicht ungewöhnlich gewesen, dass ich als Frau eine Werkstatt führe, aber als Gehängemacherin ist es etwas Besonderes«, erklärte sie.
    Ellens Atem stockte vor Glück, als sie erfuhr, welches Handwerk Claire ausübte. »Bitte lasst mich Euch helfen und damit meine Schuld bei Euch begleichen. Ich lerne schnell und habe geschickte Hände, Ihr werdet bestimmt zufrieden sein!«, bettelte sie.
    »Einverstanden!« Claire lächelte und erzählte den weiteren Weg über fröhlich eine Geschichte nach der anderen. Sie wusste von fast allen Bewohnern des Dorfes, in dem sie lebte, etwas zu berichten, und als sie endlich in Béthune ankamen, hatte Ellen das Gefühl, nicht ganz fremd zu sein.
    Das Dorf bestand aus ungefähr drei Dutzend gedrungenen Hütten aus Holz und Lehm, deren Dächer mit Reet gedeckt waren. Zu jeder Hütte, die sich um den Dorfplatz und die Landstraße drängte, gehörten ein kleiner Gemüsegarten und ein fruchtbares Feld. In der Dorfmitte am Brunnen standen zwei alte Linden, dahinter eine Kirche aus Stein, die erst vor kurzem fertig geworden

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