Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
deutete auf den Stoffrest, den sie ganz zu Anfang abgeschnitten hatte.
Ellen freute sich, weil das Kleid so schnell Form annahm.
Nachdem die Seitennähte geschlossen waren, zog Claire eine bunt gewebte Borte aus einem Korb. »Mein Mann hat sie mir geschenkt«, sagte sie und freute sich, wie gut die Farben zu dem Blau von Ellens Kleid passten. »Ich werde sie dir hier oben an den Ausschnitt nähen«, sagte sie versonnen.
»Aber er hat sie dir geschenkt.« Ellen sah Claire bestürzt an. »Warum nähst du sie nicht an ein neues Kleid für dich?«
»An meinem Hals kann ich die Borte doch gar nicht sehen, aber an deinem sehe ich sie jeden Tag! Ich bin sicher, sie wird dich hervorragend kleiden. Es ist dein erstes richtiges Kleid. Lass mir die Freude, bitte.« Claire zog die Brauen konzentriert zusammen und begann, die Borte aufzunähen.
»Du bist so gut zu mir, wie soll ich dir deine Freundschaft je vergelten?«
»Das hast du schon, Ellen, durch dein Vertrauen.« Claire lächelte mild und sah wunderschön aus.
Am späten Nachmittag kam Adelise de Béthune zu Besuch.
Das Kleid war fast fertig, und Ellen hatte es nach der letzten Anprobe einfach nicht mehr ausgezogen.
Claire hockte vor ihr und beendete den Längensaum.
»Meine Güte, was für eine Veränderung. Deine Wangen haben ja wieder richtig Farbe bekommen, Kindchen«, freute sich die Dame.
»Eure Hühnersuppe und das neue Kleid haben Wunder gewirkt!« Claire lachte.
»Danke für alles, Madame, ohne Euch und Claires Hilfe wäre ich verloren gewesen.« Ellen sah kurz zu Boden. »Ist Euer Sohn wohlauf?«, fragte sie scheu.
»Ja, mein Kind, es geht ihm gut, und es vergeht kein Tag, an dem er nicht nach dir fragt. Er nennt dich seinen Engel und lässt dir ausrichten, du mögest ihn unbedingt bald besuchen. Aber erst musst du zu Kräften kommen, schließlich möchten wir nicht an einem neuen Schwächeanfall schuld sein.« Die Damevon Béthune lächelte wissend und zwinkerte Ellen fast unmerklich zu.
* * *
Nachdem er sich an Ellen vergangen hatte, fühlte sich Thibault nur für kurze Zeit besser. Die erste Genugtuung, die er nach seiner Rache empfunden hatte, hinterließ schon bald einen schalen Nachgeschmack. Ellen hatte keinen Gefallen am Beischlaf mit ihm empfunden, das vergällte ihm den Triumph. Nie würde sie sich so nach ihm verzehren wie er nach ihr. Thibault war tagelang unausstehlich und ließ seine schlechte Laune an den jüngeren Knappen aus, bis er Rose zufällig begegnete. Seine blinde, von der Eifersucht geschürte Wut auf sie war längst verflogen. Er wusste jetzt, dass Rose nie zwischen ihm und Ellen gestanden hatte. Er vermisste sie, die Zärtlichkeiten, mit denen sie seinen hungernden Körper labte, die Hingabe, mit der sie ihm zu Füßen lag, und die Wollust, mit der sie das Liebesspiel mit ihm genoss. Thibault strich sich die Haare aus der Stirn und lächelte sie an.
Rose errötete.
Sie war ihm noch immer verfallen!
Schnell sah sie weg und verschwand im Gesindehaus.
Thibault straffte die Schultern. Er musste Rose wieder für sich gewinnen, dann würde er sich besser fühlen. Nicht, dass er sich Sorgen machte. Es würde ihm ein Leichtes sein, sie wieder in seinen Bann zu ziehen. Vielleicht besorgte er ihr einen würzigen Schinken, ein wenig Honiggebäck oder einen hübschen Bronzering. Er wusste genau, was die Mädchen gern hatten! Warum nur hatte er nicht versucht, Ellen für sich zu gewinnen, statt ihr Gewalt anzutun? Wütend schlug Thibault mit der flachen Hand gegen die Tür. Mit lautem Krachen flog sie auf.
»Was für eine Laus sitzt dir denn schon wieder im Pelz?«, fragte Adam d’Yquebœuf seufzend. »Ärger mit den Weibern?«
»Halt die Klappe, was verstehst du schon davon? Vor dir laufen sie fort, während sie von mir gar nicht genug bekommen können!«, fauchte Thibault ihn an.
»Schon gut!«, brummte Adam und zog sich auf sein Lager zurück. »Wenn du wieder bessere Laune hast, sag Bescheid.«
Thibault ließ sich ebenfalls auf sein Lager fallen. Er würde sich noch ein paar Tage Zeit lassen, bevor er wieder zu Rose ging. Mit Sicherheit wartete sie dann schon ungeduldig auf ihn! Er würde auf der Hut sein müssen, um nicht das Falsche zu sagen, wenn sie über Ellen sprachen. Sicher machte sie sich Sorgen, weil ihre Freundin seinetwegen geflohen war. Bei dem Gedanken an Ellen und ihre angstgeweiteten Augen kroch Erregung in ihm hoch.
Thibault schaffte es ohne Schwierigkeiten, Rose erneut zu verführen. Er gaukelte
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