Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
überschlug sich dabei fast. Die roten Flecken bedeckten jetzt nicht mehr nur ihren Hals, sondern auch ihre Wangen und die Stirn. Vermutlich reichten sie bis in die weißblonden, etwas schütteren Haare hinein, und, wer weiß, wenn sich Adele nur genug aufregte, würden sie sich vielleicht sogar bis zu den Händen und Füßen ausbreiten.
»Wer hier bei uns keinen anständigen Mann findet, kann ja die Herrin bitten, sich darum zu kümmern. Zu Béthune gehören schließlich genügend Dörfer, und nicht überall wird es so an Männern mangeln wie in Beuvry. Es lässt sich bestimmt ein anständiger Mann für jede von euch finden«, versuchte Claire, die aufgeregten Gemüter zu beruhigen. Voller Mitgefühl streichelte sie Morgane über die pechschwarzen Haare. Sie war erst sechzehn und schon besessen von der Angst, als alte Jungfer sterben zu müssen.
»Aber ich finde ihn nett!«, begehrte Morgane auf.
Claire zuckte nur verständnislos mit den Schultern. Sie hatte sich Jacques’ Vater damals nicht selbst aussuchen können. Die Ehe war von ihrem Vater und der alten Dame von Béthune, der Schwiegermutter der jetzigen Herrin, vereinbart worden. Man hatte den Gehängemacher dazu bewegen wollen, sich im Dorf niederzulassen, weil es in der Gegend keinen solchen Handwerker gegeben hatte, die Schmiede aber danach verlangten. Also hatte man ihm eine hübsche Braut und als Mitgift ein kleines Haus in Beuvry angeboten. Für Claires Vater war es ein gutes Geschäft gewesen, hatte er doch seine jüngste Tochter ohne Kosten mit einem ordentlichen Handwerker verheiraten können. Bei ihrem ersten Treffen hatte Claire ihrem Bräutigam nicht viel abgewinnen können. Trotzdem hatte er sich schließlich als guter Ehemann erwiesen. Er war ruhig, sogar ein wenig verschlossen gewesen, aber er hatte sie nicht geschlagen und ihr allesbeigebracht, was sie heute wusste. Von Eheschließungen wegen irgendwelcher zweifelhafter Liebesgefühle hielt Claire gar nichts. Ein Mann musste Frau und Kinder gut behandeln und sie versorgen können, nur das zählte.
Morganes Neugier war noch immer nicht gestillt, und sie riss Claire aus ihren Gedanken. »Es heißt, sein Vater habe ihn vor Jahren verkauft. Ob das wahr ist?«, fragte sie, und die bloße Vorstellung ließ sie schaudern.
Claire zuckte ungerührt mit den Schultern. »Niemand weiß das. Ein Fremder ist damals ins Dorf gekommen. Der alte Jean, Guiots Vater, hat ihn mitgebracht. Noch am selben Tag ist er wieder gegangen und hat den Jungen mitgenommen. Jean hat nie ein Wort darüber verloren, wohin er ihn geschickt hat. Deshalb haben alle im Dorf geglaubt, er habe Guiot verkauft. Sie haben es dem Alten übel genommen und ihn von jenem Tag an gemieden, schließlich war er nicht so arm, dass er seinen einzigen Sohn zu Geld machen musste, auch wenn Jean nur ein einfacher Tagelöhner war«, erklärte Claire.
»So schlecht kann es Guiot gar nicht ergangen sein, sonst wäre er wohl kaum zu seinem Vater zurückgekehrt!« Morgane hatte sich offenbar entschieden, sich auf die Seite von Vater und Sohn zu stellen.
»Kann schon sein, aber ehrlich gesagt ist es mir egal, wo er war, Hauptsache, er macht uns hier keinen Ärger. Von mir aus kann er geradewegs dahin zurückkehren, wo er herkommt«, sagte Claire schroff. Guiots Rückkehr behagte ihr nicht. Der Gedanke an ihn löste ein bedrohliches Zittern in ihrem Inneren aus, und das gefiel ihr gar nicht.
Zu Claires Verdruss hatte Guiot, nachdem er das Strohdach der Hütte seines Vaters repariert hatte, tatsächlich eine Werkstatt gebaut und verkündete nun überall, er sei Gehängemacher. Er reiste herum und stellte sich bei den Schmieden vor, um sie als Kunden zu gewinnen.
»Und er hat die Frechheit, nicht einmal herzukommen und mir persönlich zu sagen, dass er sich hier als Gehängemacher niederlassen will, obwohl es schon eine Werkstatt gibt. Dabei wäre das doch das Mindeste«, ereiferte sich Claire, ohne zu bemerken, dass Guiot bereits hinter ihr in der Tür stand.
Ellens warnende Blicke hatte sie übersehen. Guiot setzte sein strahlendstes Lächeln auf, zog seine Kopfbedeckung ab und verneigte sich.
»Ihr habt völlig Recht, gute Frau. Ich hätte früher kommen müssen. Als ich hörte, Euer Mann sei schon vor einiger Zeit verstorben, habe ich geglaubt, es gäbe in Béthune nun keinen Gehängemacher mehr. Ich dachte, es sei ein Wink des Himmels, der mich endlich nach Hause zurückführen sollte«, erklärte er freundlich.
Claire fuhr erschrocken
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