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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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weggefahren sind, um Benz zu suchen. Sie sind zuerst in den Sexclub gefahren?«
    »Tommy hat ihn dort vor einem Jahr gesehen.«
    »Wer war der Verbindungsmann? Wie haben sie sich getroffen?«
    Es war Arkadi bisher gelungen, den Namen von Albow aus dem Fall herauszuhalten. Max war nur einen Schritt von Irina entfernt. Es wäre bitter, dachte er, wenn sie durch seine Schuld in Schillers Ermittlungen einbezogen würde.
    »Warum trafen sie sich? Wollte Tommy mit Benz über den Krieg reden?«
    »Ich bin mir sicher, daß Tommy mit ihm darüber geredet hat. Er hat Leute interviewt, um ein Buch über den Krieg zu schreiben. Er war davon wie besessen. Seine Wohnung ist ein einziges Kriegsmuseum.«
    »Ich war dort.«
    »Was halten Sie davon?«
    Schillers Augen glühten, als hätten sie aus dem Funkgerät neue Energie bezogen. Er zog einen Schlüssel aus der Jacke.
    »Ich denke, wir sollten das Museum noch einmal besuchen.«
     
    Hakenkreuze an zwei Wänden. Die dritte Wand wurde von einer Wehrmachtskarte eingenommen. Auf den Regalen Tommys Gasmasken- und Blechpanzersammlung, eine Radkappe von Hitlers Tourenwagen, Munition, Goebbels’ orthopädischer Schuh. Eine Uhr in Form eines Adlers zeigte auf kurz nach Mitternacht.
    »Normalerweise durchsuchen wir die Wohnungen von Verkehrsopfern nicht«, sagte Schiller.
    Auf dem Tisch stand eine Schreibmaschine neben Papierstößen und Karteikarten. Peter Schiller schlenderte umher, hob einen Feldstecher an die Augen, streifte sich eine Armbinde über und setzte sich eine SS-Mütze auf, wie ein Schauspieler in einer Requisitenkammer. Er nahm den Helm auf, den Tommy bei der Party getragen hatte, und hob einen Gipsabdruck hoch.
    »Hitlers Zähne«, sagte Arkadi.
    Schiller öffnete das Gebiß. »Sieg Heil!«
    Arkadis Nackenhaare sträubten sich.
    »Wissen Sie, warum wir den Krieg verloren haben?« fragte Schiller.
    »Warum?«
    »Ein alter Mann hat es mir erklärt, auf einer Bergwanderung in den Alpen. Auf einer Hochalm, umgeben von Feldblumen, machten wir Pause, um zu essen, und kamen auf den Krieg zu sprechen. Er sagte, daß sich die Nazis gewisser Ausschreitungen schuldig gemacht hätten, aber der wahre Grund, weshalb Deutschland den Krieg verloren habe, sei Sabotage gewesen. In den Munitionsfabriken habe es Arbeiter gegeben, die absichtlich das Pulver in den Patronen mit irgendwelchem Zeug vermischten, um unsere Waffen unwirksam zu machen. Sonst hätten wir bis zu einem ehrenhaften Frieden durchhalten können. Er schilderte, wie die Großväter und Jungen, die in den Ruinen von Berlin kämpften, von diesen Saboteuren hinterrücks erdolcht wurden. Jahre später erfuhr ich dann, die Saboteure seien Russen und Juden gewesen, auf Hungerrationen gesetzte Sklavenarbeiter. Ich erinnere mich noch an die Blumen, die herrliche Aussicht und die Tränen in seinen Augen.«
    Er stellte den Gipsabdruck zurück, trat neben Arkadi an den Schreibtisch und durchblätterte die Karteikarten und Notizen. »Wonach suchen Sie?« fragte Arkadi.
    »Nach Antworten.«
    Sie durchsuchten die Schubladen des Schreib- und des Nachttischs, in Schränke gestopfte Aktendeckel und Adreßbücher, die sie unter dem Bett entdeckten. Schließlich fanden sie neben dem Telefon in der Küche an die Wand gekritzelte Nummern ohne Namen. Peter Schiller ließ ein leises, amüsiertes Lachen hören, legte den Finger unter eine Nummer und hob den Hörer ab, um sie zu wählen.
    Der Teilnehmer am anderen Ende der Leitung meldete sich in Anbetracht der frühen Stunde überraschend schnell. Peter Schiller sagte: »Großvater, ich komme gleich mit meinem Freund Renko vorbei.«
     
    Der ältere Schiller trug einen seidenen Morgenmantel und Samtpantoffeln. Sein Wohnzimmer war mit Orientteppichen ausgelegt. Die Lampen hatten Schirme aus farbigem Glas.
    »Ich war ohnehin wach. Nachts ist die beste Zeit, um zu lesen.«
    Der Bankier schien eine deutliche Unterscheidung zwischen Arbeit und Privatleben zu machen. In den Bücherschränken standen keine Werke über die Regularien des Bankwesens, sondern Kunstbände mit Abbildungen türkischer Teppiche und japanischen Porzellans. Kunstgegenstände - die griechische Bronzeplastik eines Delphins, mexikanische Jadeschädel, ein chinesischer Alabasterhund - wurden von Spotlights angestrahlt und waren offensichtlich von einem Mann erworben worden, der große Sorgfalt darauf verwandt hatte, ausgewählte Stücke von bescheidener Größe, aber ungewöhnlicher Qualität zusammenzustellen. Eine Madonna hing am

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