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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Schiguli kam vor ihren Hosenbeinen zum Stehen.
    Arkadi sprang heraus. Der Helm des Verkehrspolizisten war mit einem Plastiküberzug bedeckt. In der einen Hand hielt er die Konzession des Taxifahrers, in der anderen einen blauen Fünf-Rubel-Schein. Der Taxifahrer hatte ein schmales Gesicht mit Augenbrauen, die sich vor Angst bis zum Haaransatz wölbten. Beide machten den Eindruck, als seien sie vom Blitz getroffen worden und warteten jetzt auf den Donnerschlag.
    Der Milizionär blickte auf die Stoßstange des Schiguli. »Sie hätten uns beinahe überfahren.« Er schwenkte den feuchten, schlaffen Rubelschein. »In Ordnung, er hat mich bestochen. Lausige fünf Rubel. Sie können mich abführen und erschießen, aber deswegen brauchen Sie mich doch nicht gleich zu überfahren. Ich bin seit fünfzehn Jahren im Dienst und verdiene zweihundertfünfzig Rubel im Monat. Meinen Sie, meine Familie könnte davon leben? Ich hab zwei Kugeln im Leib und dafür eine Medaille bekommen. Als ob das eine Entschädigung wäre. Und jetzt wollen Sie mich wegen einer Bestechung zur Strecke bringen? Mir ist es egal, mir ist schon lange alles scheißegal.«
    »Sind Sie verletzt?« frage Arkadi.
    »Kein Problem.« Der Taxifahrer griff nach seiner Konzession und stieg in seinen Wagen.
    »Und Sie?« fragte Arkadi den Polizisten. Er wollte sicher sein.
    »Verdammt noch mal, wen kümmert das? Immer noch im Dienst, Genosse.« Der Polizist legte die Hand an den Helm. Er wurde mutiger, als Arkadi ihm den Rücken zuwandte. »Als ob Sie nie was extra einstrichen. Je höher ihr steigt, desto mehr streicht ihr ein. Ganz oben ist es eine Goldgrube.«
    Arkadi setzte sich in seinen Schiguli und zündete sich eine Belomor an. Er war völlig durchnäßt - durchnäßt und wahrscheinlich verrückt. Als er den Gang erneut einlegte, sah er, daß der Polizist den Verkehr für ihn angehalten hatte.
    Er fuhr, vorsichtiger jetzt, am Fluß entlang. Die Frage war, ob er die Scheibenwischer aufstecken sollte. Lohnte es sich, noch nasser zu werden; damit er sehen konnte? War er als Fahrer gut genug, um den Unterschied auszugleichen?
    Wolken trieben auf ihn zu. An der Badeanstalt, wo die Erlöserkirche einmal gestanden hatte, fiel die Straße nach Süden ab. Arkadi sah sich gezwungen, an den Bürgersteig zu fahren und anzuhalten. Es war idiotisch. Stalin hatte die Kirche niederreißen lassen. Wie viele Moskauer erinnerten sich wohl noch an sie? Als Arkadi ausstieg, um die Scheibenwischer aufzustecken, verlor er das Interesse daran. Der Wagen wirkte von außen wie ein mit nassen Blättern bedeckter Kanister und innen wie ein luftloses Grab. Er hatte das Bedürfnis, ein paar Schritte zu gehen.
    Ließ er sich von seinen Gefühlen hinreißen? Vermutlich.
    Aber tat das nicht jeder, dauernd? Gab es jemanden, der je ohne Gefühle gewesen wäre? Rechts von Arkadi versank ein Baumstamm im vom Schwimmbassin aufsteigenden Dampf. Er stieg hinunter und dann durch die Bäume hinauf, indem er die Äste als Geländer benutzte, bis er zu einem wirklichen Geländer aus Metall gelangte, kalt und schlüpfrig unter seinem Griff, an dem er sich zu einer Betonplattform hochzog.
    Er ging an den verschlossenen Umkleidekabinen vorbei, bis er den Beckenrand erreichte. Dampf stieg von der Wasseroberfläche auf, nicht in Schwaden, sondern weiß und dicht wie Rauch. Es war dies die größte Badeanstalt Moskaus - eine ideale Brutstätte für Nebel, der sich um Arkadi legte und dessen Chlorgehalt seine Augen schmerzen ließ. Arkadi kniete nieder. Das Bassin wurde beheizt, das Wasser war wärmer, als er erwartet hatte. Er hatte angenommen, daß die Anstalt geschlossen sei, doch sie war beleuchtet, die Natriumdampflampen durchdrangen den Nebel als schimmernde Lichthöfe. Er hörte das Wasser gegen den Rand des Bassins schlagen, und dann … Keine Worte, aber, als ob jemand summte. Er war sich nicht sicher, woher das Geräusch kam, doch glaubte er, Füße über den Beckenrand gehen zu hören. Wer immer es war, der da summte - er tat es nicht unmelodiös, lediglich selbstvergessen und abgerissen wie jemand, der sich völlig allein glaubte. Nach den Schritten - sehr leichten Schritten - und der Stimme zu urteilen, muß es eine Frau sein, dachte Arkadi. Vielleicht eine Bademeisterin oder Rettungsschwimmerin, die sich hier wie zu Hause fühlt.
    Nebel ist ein großer Täuscher. Auf einem Trawler hatte ein erfahrener Seemann über eine Stunde einem fernen Nebelhorn nachgelauscht, bevor er entdeckte, daß das

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