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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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daß er Reifenspuren hätte entdecken können. Er ging bis zur Grenze des Hofs, ohne eine andere Spur zu finden als die zur Straße, und von dort war er selbst gekommen. Es schoß ihm durch den Kopf, daß die Überschwemmung erst kürzlich eingetreten sein konnte, da die Reifen der Lastwagen und Traktoren nicht mit Kalk beschmiert waren. Zudem war der Boden nur an der einen Stelle überschwemmt.
    Im Widerschein des Feuers leuchtete die Wasseroberfläche wie geschmolzenes Gold, bei Tageslicht würde sie wie wäßrige Milch aussehen. Er schätzte den Umfang der Grube auf fünf Meter im Quadrat. Er senkte die Hacke in die Grube; sie war mindestens zwei Meter tief. Ein Gegenstand stieg an die Oberfläche, der wie eine der Länge nach aufgeschnittene Wurst aussah. Die Wurst drehte sich und ließ den runden Unterkiefer, die spitz zulaufenden Ohren und die Schnauze eines Schweins erkennen - ein Gesicht, das durch den ätzenden Kalk glatt und haarlos geworden war und sich jetzt noch einmal um sich selbst drehte, um gleich anschließend wieder zu versinken. Federn und Haare klebten im Schaum, der die Grube bedeckte. Ein Gestank, weit intensiver und tiefer als der bloßen Verfalls, durchdrang den Nebel.
    Arkadi stieß mit der Hacke in die Mitte der Grube und traf auf Metall. Er traf auf Metall und Glas. Neben der Grube auf und ab schreitend, machte er die Umrisse eines Wagens unter der Oberfläche aus. Inzwischen atmete er flach und keuchend, nicht nur wegen des Gestanks. Er glaubte, Jaak im Inneren des Wagens zu hören, wie er gegen die Decke von Juljas Volvo klopfte und schrie. Nicht, daß das Geräusch wirklich aus der Grube drang, aber Arkadi konnte es fühlen.
    Er zog Jacke und Schuhe aus und sprang hinein. Er hielt die Augen geschlossen, um sie vor dem Kalk zu schützen, und tastete sich zu den Seitenfenstern und zur Tür hinunter, fand einen Griff und zog daran. Der Druck des Wassers vereitelte seine Bemühungen. Er tauchte auf, atmete tief ein und tauchte wieder unter. Die Bewegung seines Körpers rührte die Brühe auf, und unsichtbare Gegenstände stiegen auf und kamen ihm in die Quere, als versuchten sie, ihn von der Tür fortzustoßen. Als er das zweite Mal Luft schöpfte, war die Oberfläche der Grube bedeckt mit aufgestiegenem Bodensatz, gesättigt vom Geruch des Todes.
    Beim dritten Versuch gelang es ihm, beide Füße gegen den Wagen zu stemmen und die Tür einen Spalt zu öffnen. Das genügte. Das in den Wagen drängende Wasser glich den Druck aus, mit jeder Sekunde schneller. Arkadi hielt aus, da er nicht noch einmal auf- und untertauchten wollte. Als sich die Tür schließlich öffnete, drang das Wasser mit einem Schwall in den Volvo und zog Arkadi mit sich. Er tastete sich blindlings zu den Vordersitzen, kletterte dann nach hinten, wo Jaak hochzutreiben begann.
    Die Tür schloß sich durch die Saugkraft des Wassers.
    Immer noch mit geschlossenen Augen versuchte Arkadi, den Innengriff zu ertasten, aber die Tür bewegte sich nicht, und er konnte keine Stütze für die Füße finden, da Jaaks Körper ihm überall im Wege war. Was für ein solider, gutgemachter Wagen, dachte Arkadi. Er drehte das Fenster hinunter, und als sich der Wagen nun vollständig mit Wasser füllte, ging die Tür wie von allein auf. Arkadi stieß sich mit den Füßen ab, wobei er Jaak hinter sich her zerrte.
    Er kroch über den Rand der Grube und zog Jaak an den Armen auf den Hof. Jaak sah nicht zu übel aus - naß, die Augen weit geöffnet, das lockige Haar wie das eines Lamms verfilzt -, aber er war kalt und bewegungslos, ohne Puls an den Handgelenken und am Hals, die Iris wie aus Glas. Arkadi begann mit Wiederbelebungsversuchen, hob Jaaks Arme und drückte Luft in seinen Brustkorb, bis ein Regentropfen auf einem Auge Jaaks zerbarst, ohne daß er reagierte. Arkadis Hand fand eine kleine Einschußwunde hinten an Jaaks Schädel.
    Kein Hinweis darauf, daß die Kugel wieder ausgetreten war. Ein kleines Kaliber, das Geschoß war Jaak vermutlich geradewegs ins Gehirn gedrungen.
    Das Schwein tauchte wieder an der Oberfläche der Grube auf. Nein, dieser Kopf war kleiner, die Ohren kürzer. Dann die X-Form ausgestreckter Glieder. Arkadi wußte plötzlich, warum er so schwer aus dem Wagen gekommen war: Auf dem Rücksitz mußten sich zwei Körper befunden haben, nicht nur einer. Was für ein ergiebiger Angelplatz, diese Grube! Mit der Hacke zog Arkadi den zweiten Körper näher und zerrte ihn neben Jaak. Es war ein älterer Mann, kein Koreaner

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