Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
weiteren Gin Tonic bestellt, der von einem Kellner serviert wird. Gleichzeitig setzen sich ein paar andere Gäste an unseren Tisch.
»Prost.« Charles stößt sein Glas an meines.
»Prost.«
Alle reden durcheinander, trinken, kiffen, tanzen. Die Bewegungen verschwimmen, die Leute verschmelzen zu einer einzigen Masse. Irgendwann ertappe ich mich dabei, dass ich mit einer fremden Frau herumknutsche. Zuerst finde ich nichts Seltsames dabei. Erst als ich ihr wie selbstverständlich unter den Rock fasse, merke ich, dass da was ist, was eigentlich nicht sein dürfte.
»Na, überrascht, Süßer?« Schlagartig wird mir klar, an wem ich die ganze Zeit rumgemacht habe. Ich war zu betrunken, zu berauscht, als dass ich Nora sofort erkannt hätte.
»Nora?« Ohne zu antworten, küsst sie mich. Lange, mit Zunge. Dabei fingert sie an meinen Brustwarzen unter dem halb offenen Hemd herum. In meinem zugedröhnten Kopf explodieren kleine Äderchen, vor den geschlossenen Augen vögeln Sterne, und in den Ohren tost das dazu passende Rauschen von Geilheit. Es ist wie ein unbeschreiblicher Fick im Kopf.
Ich schiebe meine Hand in ihre Unterhose und fange an, ihren Schwanz zu masturbieren. Ich spüre, wie sich auch in meiner Hose etwas regt und hart gegen den Stoff drückt, als fordere es sein Recht.
So lange, bis mein Kopf sich irgendwann ausknipst. Vor Erschöpfung? Vor Berauschtheit? Vor Geilheit?
Die Sterne sind erloschen, die Äderchen haben sich in Luft aufgelöst und die Geilheit ist verschwunden. Mein abgefülltes Ich ist jeder Erinnerung beraubt. Nebelbank. Filmriss. Blackout.
Aus der Ferne ist ein scheußliches Fiepen zu hören. Ein Klingeln. Es kommt näher. Ist ganz nah. Es quillt aus meiner Hosentasche, sagt: Da bin ich!
Ich bin wieder wach. Mein Kopf liegt auf dem Tisch der Bar wie auf einem Schafott. Mein Gürtel ist offen, die Hose ebenso. Es klingelt nach wie vor und vibriert gleichzeitig. Die Glitzervagina sieht stumpf aus, matt. Das Laute ist nicht mehr laut, das Schrille kaum noch schrill. Ein Schleier liegt über dem Roses. Nur das Rot ist noch rot und der Plüsch ist Plüsch. Die morgendliche Ernüchterung relativiert den nächtlichen Hype. Mein rechtes Augenlid zittert, die Augen brennen, das linke tränt. Ich habe den Geschmack von Holz im Mund. Oder schmeckt so Sperma? Nora ist verschwunden. Charles ebenso. Zwei Männer an der Bar küssen sich, weniger leidenschaftlich als routiniert.
Ich schiebe mir eine Tablette von Greta in den Mund, die gegen alles helfen soll, und spüle sie mit einem Rest Gin Tonic hinunter.
Als ich das Glas zurückstelle, sehe ich auf dem Tisch vor mir etwas liegen. Es ist der mit Blut verkrustete Einweghandschuh vom Teufelsberg. Ist es wirklich möglich, dass er der Spurensicherung durch die Lappen gegangen ist?, frage ich mich und schüttele den Kopf. Womöglich hat ihn der Obdachlose, bevor die Spurensicherung anrückte, gefunden und ihn mir nun aus irgendeinem Grund vor die Nase geworfen.
Aus meiner Hosentasche klingelt noch immer das Handy, scheint mir sogar noch lauter als zuvor. Eine Handvoll Gäste sitzen ziemlich mitgenommen auf den Barhockern am Tresen und blicken mitleidig zu mir herüber, als wollten sie sagen: Geh endlich ran, Mann!
»Ja?«
Eine Frauenstimme redet am anderen Ende auf mich ein. Ich brauche drei Sätze, um sie zu erkennen. »Greta?«, frage ich.
»Doreen ist nicht nach Hause gekommen«, sagt sie und hört sich an, als hätte auch sie eine schlimme Nacht hinter sich.
Ich weiß im Moment nicht, was das mit mir zu tun haben soll und sage schmunzelnd: »Sie ist nicht bei mir.«
Greta stöhnt im Hörer auf, dass ich erschrecke. »Mensch, Hài!« Sie klingt noch besorgter als zuvor. »Verstehst du denn nicht? Doreen ist verschwunden!«
ER
Es war nur eine kleine Traueranzeige. Er gab sie in allen Zeitungen der Stadt auf. »Kitty« stand da, und »Gerechtigkeit ist der Strohhalm des Wehrlosen, Rache der des Verletzten. Dein Tod lässt meine Liebe verzweifeln.« Mehr nicht. Daneben nur noch ein Porträt von ihr. Heiter, lachend, so wie sie gewesen war. Bevor ihr das alles widerfuhr. Bevor ihr das angetan wurde.
Das war er ihr schuldig. Die Anzeige war nur eine unzureichende Möglichkeit, seine Empfindungen in Worte zu fassen, und dennoch half sie ihm dabei, das Ganze zu verarbeiten. Immer, wenn er anfing zu zweifeln, holte er sie aus seinem Portemonnaie, betrachtete sie und versuchte, Kraft daraus zu schöpfen. Es gelang nur halbwegs.
Er fühlte sich
Weitere Kostenlose Bücher