Das Lachen und der Tod (German Edition)
zwar mehrmals: Ich habe Medikamente besorgt, damit Sie sich vom Fleckfieber erholen konnten. Die Mitglieder des Sonderkommandos können das bezeugen. Wussten Sie, dass alle getötet wurden? Sie nicht, Herr Hoffmann. Sie nicht. Sie bekamen von mir einen Traumposten in der SS-Kantine! Welcher Häftling genießt eine solche Bewegungsfreiheit! Ich habe Ihnen künstlerische Freiheit gegeben, oder haben Sie das bereits vergessen?«
»Nein, Herr Obersturmbannführer.«
»Ich habe Ihre Jüdin beschützt. Ich habe sie sogar in meinem Haus aufgenommen!«
»Dafür bin ich Ihnen dankbar, Herr Obersturmbannführer.«
Er verstummte. Zog an seiner Zigarre.
»Reichsführer- SS Himmler wollte das gesamte Orchester liquidieren lassen. Ich konnte die Repressalien auf sieben Mann beschränken. Und Sie wollte er sogar auf der Stelle hinrichten lassen. Mit einer List habe ich Sie gerettet, Herr Hoffmann. Indem ich ihn erklärte, dass Häftling 173545 höchstwahrscheinlich Teil des Komplotts war und dass eine Kugel viel zu gnädig wäre. Ich schlug vor, Sie ohne Essen und Trinken in der Todeszelle krepieren zu lassen. Da hat mir der Reichsführer beigepflichtet.«
Er sah mich triumphierend an. »Sie wurden dort sicher verwahrt, zu Ihrem eigenen Besten. Meine Offiziere durften nichts davon wissen. Aber gegen Ende habe ich dem Wachmann persönlich befohlen, sich gut um Sie zu kümmern.«
Reinhard Schmidt mit dt. War ich wirklich so naiv gewesen zu glauben, dass er aus freien Stücken gehandelt hatte?
»Ach, Her Hoffmann. Meine Rettungsaktion ist so verwunderlich nun wieder nicht! Wir haben schließlich eine ganz besondere Beziehung, nicht wahr? Unsere Väter verbindet der letzte Krieg, und uns, die Söhne, dieser hier. Ich nehme an, Sie haben das genauso empfunden.«
Ich schluckte. »Ja, Herr Obersturmbannführer.«
»Und wir hatten eine Abmachung! Sie sollten vor uns auftreten. Das haben Sie gut gemacht, Herr Hoffmann. Dafür bin ich Ihnen dankbar.« Mit gespitzten Lippen probierte er Rauchringe zu blasen. Auch das hatte ich schon oft bei ihm gesehen. »Sagen wir mal so: Jetzt sind wir quitt. Ich bin gekommen, um eine neue Abmachung mit Ihnen zu treffen.«
Ich wartete.
»Ihre Jüdin ist in Sicherheit. Und ich nehme an, Sie wollen, dass das auch so bleibt?«
»Ja, Herr Obersturmbannführer.«
»Wissen Sie, Herr Hoffmann, ich vermute, dass die Russen und Amerikaner wenig Verständnis für meine Funktion haben werden. Meine persönlichen Auffassungen zur Judenfrage werden sie nicht groß interessieren. Es geht nicht um mich. Es geht um meinen Rang. Um meine Rolle als Kom mandant. Sie werden mich als Ungeheuer wahrnehmen. Sie hingegen wissen, wie ich wirklich bin. Welche Rolle ich hier ebenfalls gespielt habe. Sie wissen, dass mir das Leben eines Juden sehr wohl am Herzen liegt. Es wird einen Prozess geben. Ich möchte, dass Sie dann für mich aussagen.«
Ich war vollkommen verblüfft. »Aber wie …«
Er musste lachen. »Nein! Nicht einmal Sie, der Sie in jüdischen Kreisen sehr prominent sind, können mir Straffreiheit verschaffen. Vielleicht können Sie jedoch bewirken, dass die Todesstrafe in ein Lebenslänglich umgewandelt wird. Ich hoffe und erwarte, in zwanzig Jahren freizukommen.«
Meine Gedanken überschlugen sich.
»Und … Sie kümmern sich um Helena.«
»Selbstverständlich, Herr Hoffmann. Ich sorge auch dafür, dass Sie das Lager überleben.«
»Ich möchte sie sehen, Herr Obersturmbannführer.«
Sein Blick erstarrte. »Das ist in diesen chaotischen Zeiten leider unmöglich. Morgen kehrt meine Familie nach Deutschland zurück. Zusammen mit Helena. Davon gehen wir aus, nicht wahr? Und eines kann ich Ihnen sagen, Herr Hoffmann: Falls sie mit anderen Jüdinnen in ein Frauenlager geschickt wird … Die Reise wird hart. Es dürfte mehr als zweifelhaft sein, ob sie überlebt.«
Eine Pause entstand. Ein schwaches Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Herr Hoffmann, glauben Sie mir, es täte mir wirklich sehr leid, wenn Sie niemals Kinder mit Helena haben sollten. Stellen Sie sich vor, Sie werden eines Tages Vater! Dann verstehen Sie bestimmt, warum ich jetzt hier vor Ihnen stehe. Sie haben meine Söhne gesehen, Helmut und Manfred. Haben sie etwa kein Recht auf einen Vater?«
Ich sah ihn vor mir, Otto, sein Briefmarkenalbum unter dem Arm, mit dem er seinen Vater überraschen wollte. Er wollte in der Postabteilung einer Fabrik arbeiten, damit er ihn jeden Tag sehen konnte. Bis dieser freundliche Herr von der SS ihn
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