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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gabl
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einem Dorf vorbei, aber die nächste Stadt war Canterbury.
    Auf der Straße war nicht viel Verkehr. In der Frühe sahen sie ein paar Bauern, die mit hochbeladenen Ochsenkarren auf dem Weg zum nächsten Markt waren, gelegentlich begegneten sie einzelnen oder in Gruppen reitenden Rittern, ein paar anderen Kaufleuten, und am späten Vormittag überholte sie eine eilige Gruppe von Soldaten des Sheriffs. Aber es blieb verhältnismäßig ruhig.
    „Junge, das hier ist doch wirklich eine Einöde“, bemerkte Jonathan seufzend.
    „London hat dir besser gefallen, ja?“, erkundigte sich Robin.
    „Darauf kannst du wetten. Warst du mal da?“
    Robin schüttelte den Kopf.
    Jonathan holte tief Luft und sagte dann doch nichts, als fände er keine Worte, um so viel Großartigkeit zu beschreiben. „Es ist … unglaublich riesig“, begann er schließlich hilflos. „Eine Stadtmauer wie ein Gebirge. Mit Toren, so hoch wie das Gewölbe einer Kathedrale.“
    Robin lauschte der blumigen Beschreibung überrascht und dachte grinsend: Du solltest Lieder dichten, statt Tuchballen zu tragen.
    „Und so viele Menschen“, fuhr Jonathan fort. Er machte eine weite Geste mit den Armen, um Robin klarzumachen, wovon er sprach. „Sie drängeln sich überall in den Straßen. Wo man hinsieht sind Wirtshäuser und Märkte mit Spielleuten und Schwertschluckern und Gauklern, was du dir nur wünschen kannst. Natürlich, es stinkt, das ist ein Nachteil. Es stinkt grauenhaft. Zehnmal zehnmal schlimmer als Canterbury. Zuerst meinst du, du erstickst. Aber du gewöhnst dich ganz schnell dran. Du merkst es gar nicht mehr nach ein paar Stunden. Und dann die Kirchen, Junge, du kannst dir das einfach nicht vorstellen. Die Kathedrale von St. Paul sieht aus, als sei sie von Riesen erbaut. Überall Kirchen. Große, kleine, alte, neue. Und der Hafen! So viele Schiffe. Von überall her. Und da gibt es die allermeisten Wirtshäuser. Und Hurenhäuser. Nein, ich kann dir das nicht beschreiben. Ich meine, sie haben eine ganze Stadt auf einer Brücke, wenn du dir das vorstellen kannst. Eine Brücke über den Fluss mit einer richtigen Stadt drauf. Und …“
    „Jonathan“, rief William warnend von hinten. „Ich hoffe, du tischst unserem Gast keine Lügengeschichten auf.“
    Jonathan drehte sich entrüstet um und ging rückwärts weiter. „Gab es etwa keine Stadt auf der Brücke?“
    William grinste ungewollt. „Doch. Stimmt. Robin, würdest du einen Augenblick mein Pferd halten?“
    Robin blieb stehen und wartete, bis William aufgeholt hatte und neben ihm anhielt. Er nahm den Zügel über der Trense in die rechte Hand und strich mit der Linken bewundernd über den edlen, hochmütigen Kopf des Wallachs. Das Pferd schnaubte leise und stupste Robin mit der Nase an der Schulter an.
    William saß ab. „Du magst Pferde, ja?“
    Robin nickte. „Oh ja, Sir.“
    William lächelte über seinen Enthusiasmus. „Sie dich offenbar auch. Komm, gehen wir ein Stück. Du kannst ihn führen, wenn du willst.“
    Robin war einverstanden, und der temperamentvolle Wallach folgte ihm ohne Einwände. Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her. Vor ihnen lief Jonathan mit dem Maultier. Er machte große Schritte mit seinen langen Beinen und zerrte am Zügel, so dass er von seinem Weggenossen missbilligende Seitenblicke erntete. Hinter Robin und Master Hillock kamen Isabella und Harold; der Junge hörte das leise Klappern der Hufe. Rings um sie herum lag das stille, hügelige Land unter der goldenen Septembersonne. Robin atmete tief durch. Er teilte Jonathans Ansicht nicht. Für ihn war Kent keine Einöde. Es war sein Zuhause.
    „Was treibt dich nach Waringham, Robin?“, fragte William nach einer Weile unvermittelt. „Hast du irgendwelche Verwandtschaft da?“
    Robin dachte unbehaglich, dass er sich besser eine glaubwürdige Geschichte zurechtgelegt hätte. Er hätte wissen müssen, dass dieser freundliche Mann sich irgendwann nach seinen Plänen erkundigen würde. Jetzt war es zu spät. Und es widerstrebte ihm, William anzulügen.
    „Meine Familie ist von dort“, antwortete er wahrheitsgemäß.
    „Aber du sagtest, deine Eltern sind tot.“
    „Ja, Sir.“
    „Wird dich irgendwer aufnehmen?“
    „Oh, ich werde schon irgendwo unterkommen.“
    William spürte deutlich, dass Robin ihm auswich. Er sah den Jungen nachdenklich von der Seite an. Robin erwiderte seinen Blick offen.
    William wurde nicht klug aus der Sache. „Junge, ich könnte dir vermutlich helfen. Aber du musst

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