Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
stöberte in Marias Kräutervorräten herum und fand schließlich Zimt und Nelken. Er gab etwas davon in den Wein, holte zwei Becher von dem breiten Bord an der Wand und füllte das dampfende, wohlduftenden Getränk hinein. Er ergriff die Becher vorsichtig am Rand und trug sie zum Tisch.
„Hier. Trink, solange es heiß ist.“
Robin legte behutsam seine eiskalten Hände um den Becher. „Danke.“
Conrad setzte sich zu ihm, und Robin musste an den Tag denken, als er hier angekommen war. Zum Abendessen war er hier gewesen, und dieser Mann hatte ihn mit solcher Ehrfurcht erfüllt, dass es ihm die Kehle zusammenzog. So war es nicht mehr. Er hegte großen Respekt für Conrad, und es gab immer noch Momente, da der wortkarge Stallmeister ihm Unbehagen bereitete, aber er hatte keine Angst mehr vor ihm. Sie waren keine Fremden mehr.
„Sie hat eine schwere Schwangerschaft“, sagte Conrad unerwartet. Er hatte ebenfalls die Hände um seinen Becher gelegt, die Ellbogen auf den Tisch gestützt und sah auf das tiefrote, heiße Gebräu vor sich. „So war es bisher nie. Sie trägt schwer an diesem Kind.“
„Wie lange noch?“, erkundigte Robin sich vorsichtig. „Es muss doch bald so weit sein?“
„Nein. Wir denken, noch zwei Monate.“
„Ein Christkind.“
„Junge, du bist doch wirklich ein gottloses Lästermaul.“
Robin sah erschrocken auf. „Entschuldige. So hab ich’s nicht gemeint …“
„Nein, ich weiß. Gut möglich, dass du recht hast. Dass es zu Weihnachten kommt. Wir werden sehen.“
Es war eine Weile still.
„Wie hast du es gemacht, Robin?“, fragte Conrad schließlich. Seine Stimme klang ruhig und leise wie gewöhnlich, nichts lauerte darin.
„Ich weiß es nicht“, antwortete der Junge ehrlich.
„Hast du das gemeint, als du zu mir gesagt hast, du könntest sie manchmal verstehen?“
„Ja, vielleicht. Ich bin nicht sicher. Alles hier ist so neu für mich. Diese Arbeit. Ich bin Pferden noch nie so nahe gewesen. Ich weiß nicht genau, was es ist.“
„Als du zu ihm gingst, wusstest du, dass er wieder aufstehen würde?“
„Nein.“
Conrad sah ihn nachdenklich an. Dann nickte er ihm zu. „Trink deinen Wein aus. Ich hoffe, du wirst nicht krank.“
„Nein, sicher nicht. Mir war nicht kalt. Und ich bin nie krank.“ Er hob trotzdem seinen Becher und nahm einen großen Schluck. Es durchrieselte ihn wohlig.
Es regnete wieder stärker. Conrad stand auf und schloss die Läden an den Fenstern. „Besser, du bleibst den Rest der Nacht hier. Wir werden Stevie zu William ins Bett legen, und du kannst in seinem schlafen.“
„Oh, das ist nicht nötig …“
„Verdammt, willst du wohl einmal tun, was ich sage, ohne mir zu widersprechen.“
Robin seufzte. „Ja, Conrad.“ Die anderen würden ihn auslachen, aber das war vermutlich nicht so wichtig. „Stevie ist dein Ältester, nicht wahr?“
„So ist es. Sechs im nächsten Mai.“
„Und Stephen ist sein Pate?“
„Erraten.“
„Wirst du mir erzählen, was zwischen ihm und meinem Vater war?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Weil es besser in Vergessenheit versinken sollte. Es nützt nichts, wenn du es weißt.“
„Aber …“
„Spar dir die Mühe, Robin.“
Der Junge nickte. „Na schön.“
In einträchtigem Schweigen leerten sie ihre Becher. Dann führte Conrad ihn durch eine schmale Tür auf einen kurzen Gang, von dem aus eine Tür in die rückwärtige Schlafkammer und eine schmale Treppe noch oben führte, wo es drei weitere, kleine Räume gab, von denen einer Elinor und ihren kleinsten Bruder Henry, einer den alten Henry und der letzte Conrads größere Söhne beherbergte. Sie traten leise ein. Conrad beugte sich über das Bett seines Ältesten und hob ihn behutsam hoch. Keiner der Jungen wachte auf, als er ihn neben seinem Bruder wieder hinlegte und sorgsam zudeckte.
Er wies auf das freie Bett. „Gute Nacht, Robin. Viel ist nicht davon übrig.“
„Egal“, wisperte Robin. „Gute Nacht.“
Im Dunkeln zog er seine nassen Sachen aus und breitete sie zum Trocknen am Fußende aus. Er hörte Conrads leise Schritte auf der Treppe. Dann legte er sich in das warme Bett, rollte sich zusammen und schlief fast augenblicklich ein.
Und am nächsten Tag kam der neue Earl nach Waringham.
Genauer gesagt, war er schon am Abend zuvor angekommen. Aber niemand im Dorf wusste davon. Nur Oswald der Bettler hatte ihn gesehen, und weil Oswald nicht selten betrunken war und schon öfter behauptet hatte, unerhörte Dinge gesehen zu
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