Das Lächeln der toten Augen
an. »Dem Alten bin ich Gott sei Dank nie mehr begegnet. Ich weiß nicht, wie er hieß.«
Trevisan runzelte die Stirn. Hatte Dietmar nicht gesagt, dass die Glasic vor acht Jahren nach Norderney kam? Zu dieser Zeit wohnte Gehlers doch noch im Nachbarhaus. War dies ihre erste Lüge? »Sie müssen Gehlers gekannt haben, er wohnte noch im Nachbarhaus.«
»Sie meinen den Alten, der neben uns im Haus dieser Eskimofrau wohnte. Der war schon mehr tot als lebendig. Es hieß, dass er schwer krank sei. Seine Frau hat ihn gepflegt. Ich habe ihn nie gesehen, ich hatte keinen Kontakt zu ihm.«
Trevisan überlegte. Konnten die Angaben der Frau stimmen oder war es eine Lüge? »Wie kamen Sie nach Norderney?«, fuhr er in der Vernehmung fort.
»Dieter hat das organisiert. Er hat mir sogar einen Freund besorgt, der mit mir zusammenleben sollte. Mats Persson, ein Däne. Wir spielten Mann und Frau. Das war Dieter ganz recht. Wenn er mich wollte, dann schickte er Mats einfach weg. Ich glaube, Mats hat irgendwie für ihn gearbeitet.«
»Waren Sie jemals in Dänemark?«, fragte Trevisan und richtete sich auf.
»Mehrmals«, antwortete Vesna Glasic, als ob diesem Land überhaupt keine besondere Bedeutung zukam.
»Und wo dort?«
»Überall. In Kopenhagen, in Esbjerg, Viborg, in Hjørring. Geschäftlich und privat. Manchmal nahm Dieter mich mit. Als Begleiterin, Sie verstehen.«
Enttäuscht sank Trevisan zurück. »Hat sich Elbers dort oben mit jemand getroffen? Mit Halbermann oder einem der anderen?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Vesna Glasic. »Er war oft unterwegs, manchmal sogar ziemlich lang. Ich hatte immer Geld in der Tasche und ich kann mich gut alleine beschäftigen. Verstehen Sie, ich habe Elbers nicht geliebt, unsere Beziehung war eher geschäftlicher Natur.«
»Und Mats Persson?«
Sie lächelte kalt. »Mit ihm war es ähnlich. Okay, wir teilten auch schon mal das Bett. Schließlich gehörte das zu meinem Job. Es ist verdammt einsam auf der Insel, verstehen Sie?«
Trevisan verstand und hoffte inständig, dass er privat nie auf eine solche Frau treffen würde. »Und wo ist Persson jetzt?«
Vesna Glasic hatte inzwischen ihre dritte Zigarette angezündet. »Das weiß ich nicht«, antwortete sie. »Wir gehen getrennte Wege. Er ist oft wochenlang unterwegs, ohne dass ich weiß, was er treibt. Ich will es auch nicht wissen, ehrlich gesagt.«
»Was wissen Sie über Persson?«, fragte Trevisan.
Doch viel mehr, als Trevisan bereits wusste, konnte Vesna Glasic auch nicht erzählen. »Es gehörte zu unserem Grundprinzip, dass niemand viel über den anderen weiß, und Fragen wurden nicht gestellt. Weshalb auch, ich führe ein gutes Leben und zu viel zu wissen, ist gefährlich. Ich kenne mich in dem Gewerbe aus, das können Sie mir ruhig glauben.«
Trevisan glaubte ihr. »Es gibt da einen Russen, der mit Persson befreundet ist. Was wissen Sie von dem?«
»Sie meinen bestimmt Fjodor aus Leningrad«, antwortete die Frau. »Mats hat ihn mitgebracht. Ein dunkler, kräftiger Kerl. Aber noch verrückter als die anderen. Und ganz schön gewalttätig. Aber mich hat er nie angerührt.«
»Dieser Fjodor, wo wohnt er?«
»Irgendwo in Dänemark«, sagte Vesna Glasic. »Mehr weiß ich nicht von ihm. Nicht einmal, ob es sein richtiger Name ist.«
»Waren die beiden auch Anfang des Monats unterwegs?«
Die Frau drückte die Zigarette aus. »Sie treiben sich die ganze Zeit über irgendwo herum. Seit Ende Juni habe ich die beiden allerdings nicht mehr richtig zu Gesicht bekommen.«
»Und wo waren Sie in der letzten Zeit?«
»Ich war geschäftlich unterwegs.«
»Was heißt geschäftlich?«
»Ich war in Minsk, in Weißrussland. Mittlerweile gibt es immer mehr deutsche Männer, die sich für eine schöne Frau aus dem Osten interessieren. Und die Frauen sind froh, wenn sie dem Elend entkommen können.«
»So wie Nadja?«
Vesna Glasic zuckte zusammen. »Woher kennen Sie …?«
»Wir haben mit ihr gesprochen«, erklärte Trevisan.
»Das war etwas anderes. Mats hat mich dazu gezwungen. Er hat irgendwie erfahren, was ich früher getan habe und wollte ein paar Scheine nebenher machen. Er kannte da ein paar Kerle aus dem Milieu. Aber es ging immer nur um Clubs und ums Tanzen. Nichts Ungesetzliches.«
»Ich nenne das Menschenhandel!«, entgegnete Trevisan.
»Mats steckte dahinter. Er ganz alleine. Ich musste nur meine Kontakte für ihn nutzen. Er hat mich dazu gezwungen.«
»Sie waren aber damals im Keller dabei«, entgegnete
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