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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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hatte. Es war ein guter Ort für die Rückkehr in den Kreis. Das Ende würde nicht verborgen bleiben, dafür war gesorgt. Langsam schob er den Gashebel vor. Dann zog er fest an dem kleinen Metallbügel, der an einem Kabel am Fenster herabhing, und richtete seinen Blick nach vorne.
     
    Ein leichtes Zittern durchlief den schlanken Körper der Cessna. In diesem Augenblick erwachte die Frau. Ein Stöhnen kam über ihre Lippen. Ihre Haare flatterten im Wind. Sie schaute sich um, dann streifte ihr trüber Blick die Anzeigeinstrumente. Ihre Augen wurden groß. Wie eine Sichel zerschnitt das kleine Flugzeugmodell das fluoreszierende Grün. Sie spürte das instabile Rollen der Maschine. Ihre Hände umklammerten die Lehne, doch ihre Kräfte schwanden. Erschlafft sank sie auf dem Sitz zusammen.

16
    Trevisan parkte den Wagen nahe der Telefonzelle am Ölhafendamm. Er hatte trotz der bleiernen Müdigkeit, die ihn am Freitagabend befallen hatte, schlecht geschlafen. Seine Gedanken waren stetig um Paula und die toten Jugendlichen gekreist.
    Zu Fuß ging er die Müllerstraße entlang. Eigentlich hatte er hier heruntergekommene und verwahrloste Häuser erwartet, doch anscheinend hatte erst vor kurzem der Fassadenreiniger in diesem Viertel gearbeitet. Trevisan kramte einen Notizzettel aus seiner Jackentasche. Er suchte die Hausnummer 7 b.
    Gleichförmige Mehrfamilienhäuser mit kleinen Vorgärten und Autostellplätzen reihten sich aneinander. Einzige Unterscheidungspunkte waren die Hausnummern und hier und da ein von der hellroten Norm abweichender Anstrich.
    Trevisan ging weiter. Schon von weitem sah er den schwarzen Golf, der vor einem der Häuser parkte. Er hatte lange überlegt, ob er wirklich zu Paulas Freund fahren und ihn zur Rede stellen sollte. Immer wieder verfingen sich seine Gedanken in Paulas Widerspenstigkeit. Er wusste, dass er sie nicht zur Vernunft bringen konnte. Zumindest nicht, indem er ihr gut zuredete. Außerdem war da noch die fehlende Armbanduhr aus der Kommode. Einmal Knacki, immer Knacki, dachte Trevisan. Wer anders als dieser kleine, miese Lump sollte sie an sich genommen haben? Gelegenheit macht Diebe, doch Paula würde der Kerl ganz bestimmt nicht bekommen. Er würde ihm weitere Nachstellungen schon austreiben.
    Nummer 7 b war ein unscheinbares Haus. Der einzige Unterschied zu den anderen Gebäuden war die offen stehende Eingangstür. Trevisan betrat den gepflasterten Zugangsweg. Acht Klingelschilder prangten rechts der Tür. Trevisan suchte vergeblich nach dem Nachnamen des Jungen.
    Verdutzt schaute er sich um. Die Adresse stimmte. Zumindest laut Melderegister. Trevisan wollte sich schon abwenden, da kam ein junger Mann den Flur entlang. Trevisan räusperte sich. »Entschuldigung, ich suche Nikolas Ricken. Er soll hier wohnen. Können Sie mir sagen, in welchem Stock?«
    Der Blondgelockte blieb stehen und musterte Trevisan argwöhnisch. »Und wer will das wissen?«, fragte er schließlich.
    »Ich, wer sonst!«, antwortete Trevisan energisch. Die freche Art, in der der Junge geantwortet hatte, brachte ihn noch mehr in Wallung.
    »Der ist nicht da«, sagte der junge Mann gelangweilt und drängte sich an Trevisan vorbei.
    Trevisan ergriff ihn an der Schulter und hielt ihn fest. »Jetzt pass mal auf, ich bin nicht zum Scherzen aufgelegt. Ich weiß, dass er hier ist.«
    Einen Moment überlegt der Blonde. »Schon gut, bleib cool, Alter.« In seiner Stimme schwang eine deutliche Spur Unsicherheit. Der Junge wandte sich um. »Nik, komm mal runter!«, rief er laut in den Hausflur.
    Schritte waren zu hören. Ein weiterer junger Mann tauchte auf. »Was ist los?« Als er Trevisan sah, blieb er stehen.
    »Da will ein Alter mit dir sprechen«, sagte der Blonde und wandte sich Trevisan zu. »Jetzt kann ich wohl gehen, oder?«
    Trevisan nickte und trat einen Schritt zur Seite. Der Blonde verschwand um die Hausecke.
    »Was wollen Sie?«, fragte Nikolas Ricken. Er trug eine Jeans, ein schwarzes Muskelshirt und war barfuß. Seine kurzen, dunklen Haare wirkten gepflegt. Er hielt ein Buch in der Hand. Zu Trevisans Erstaunen ein Lehrbuch der Physik.
    Trevisan atmete tief ein. Einen Augenblick zögerte er. Der Junge wirkte überhaupt nicht, wie er ihn sich vorgestellt hatte. Im Gegenteil, er erschien auf den ersten Blick freundlich und intelligent. Aber Trevisan wusste nur zu gut, wie oft der Schein trügen konnte.
    Trevisan räusperte sich. »Ich bin Martin Trevisan, der Vater von Paula.«
    Der Junge nickte freundlich und

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