Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
Vom Netzwerk:
streckte ihm die Hand zum Gruß entgegen.
    Trevisan ignorierte die Geste. »Ich will es kurz machen. Ich will nicht, dass du dich noch einmal mit meiner Tochter triffst. Sie ist fünfzehn. Noch trage ich für sie die Verantwortung.«
    Die Miene des Jungen verfinsterte sich. »Ich habe doch …«
    »Ich kenne euch Typen«, fiel ihm Trevisan ins Wort. »Ich bin Polizist. Ich weiß genau, was du damit beabsichtigst. Du warst heute bei ihr und das war das letzte Mal. Ich hoffe, du hast mich verstanden!«
    »Aber wieso, was hab ich denn getan?«, antwortete Nikolas.
    »Es reicht schon, dass du bei ihr warst. Das hat ein Ende. Wenn ich dich noch einmal in ihrer Nähe sehe, dann wird es sehr unangenehm für dich. Hast du mich verstanden?« Drohend baute sich Trevisan vor dem jungen Mann auf. Nikolas Ricken trat einen Schritt zurück.
    »Die Uhr kannst du behalten, aber ich warne dich«, sagte Trevisan eindringlich. »Noch einmal …! Wenn du meiner Tochter zu nahe kommst, dann …« Trevisan ließ den Rest des Satzes offen und wandte sich um.
    »Was soll das, welche Uhr, zum Teufel?«, fragte der Junge empört.
    Trevisan fuhr herum. »Stell dich nicht blöde. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass du geklaut hast. Aber ich warne dich, wenn du noch einmal meiner Tochter zu nahe kommst, dann wirst du sehen, was du davon hast!« Trevisans tiefe und kalte Stimme verfehlte seine Wirkung nicht. Eingeschüchtert blieb Nikolas Ricken im Hausflur zurück.
    Trevisan ließ sich hinters Steuer fallen und schlug mit den Händen auf das Lenkrad. Er wusste nicht, ob es besonders schlau gewesen war, was er gerade getan hatte, doch irgendwie fühlte er sich befreit.
    Mit gemischten Gefühlen fuhr er hinaus nach Sande.
    *
    Trevisan saß im Wohnzimmer, hatte die Füße auf den Tisch gelegt und blätterte lustlos in der Tageszeitung. Er war schlecht gelaunt und unkonzentriert. Meist überflog er nur die Überschriften. Die Aktienkurse hatten schon wieder nachgegeben, einem renommierten und bekannten Betrieb in Aurich drohte die Pleite und am Süderhever hatten sie eine gesunkene Yacht geborgen, von den Passagieren fehlte noch jede Spur.
    Paula war in ihrem Zimmer. Sie war nicht einmal heruntergekommen, als er zweimal nach ihr gerufen hatte. Es würde Wochen dauern, bis der Ärger verflogen war. Doch dieser kleine Gauner würde von nun an die Finger von ihr lassen, dessen war sich Trevisan sicher.
    Trevisan überflog einen weiteren Artikel. Die Fremdenverkehrsämter klagten über leere Fremdenzimmer und ausbleibende Feriengäste. Kein Wunder. Der Euro hatte alles verteuert. Wer konnte sich heute noch einen Urlaub in Deutschland leisten? Es war mittlerweile billiger, für zwei Wochen in die Türkei oder in die Karibik zu fliegen, als die Ferien hier an der Nordseeküste zu verbringen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass es in den letzten beiden Jahren nur noch bergab ging.
    Das Telefon riss Trevisan aus seinen Gedanken. Er legte die Zeitung beiseite und ging hinaus in den Flur.
    Angela war am Apparat. Er war froh, ihre Stimme zu hören. »Weißt du, wann du endlich zurückkommst?«, fragte Trevisan. »Hier geht mittlerweile alles drunter und drüber.«
    »Ende nächster Woche, hoffe ich«, antwortete Angela. »Du klingst heute aber gar nicht gut.«
    »Das ist kein Wunder. Paula macht mir das Leben ganz schön schwer. Zudem habe ich einen schwierigen Fall zu bearbeiten. Ich weiß manchmal gar nicht, wo mir der Kopf steht.«
    »Ich habe dir aber gesagt, dass es bei meinem Job vorkommt, dass ich längere Zeit unterwegs bin«, erwiderte Angela.
    Trevisan seufzte. »Ich weiß. Und wie ist das Wetter in Australien?«
    »Es ist unheimlich heiß hier«, erhielt er zur Antwort.
    Trevisan sprach noch eine ganze Weile mit Angela, erzählte ihr von dem Tod der beiden Jugendlichen, von dem Fall, den er bearbeitete, und sagte ihr, dass sie ihm fehlte. Doch davon, dass er heute mit Paulas Freund gesprochen hatte, erzählte er ihr nichts. Er wusste, was sie ihm darauf geantwortet hätte.
    Es war kurz vor elf, als er zu Bett ging. Von Paula hatte er nichts mehr gehört.
     
    Der Sonntag begann, wie der Samstag geendet hatte. Paula hatte sich den ganzen Tag über nicht gerührt. Nur ab und zu hörte er das Knacken ihrer Tür, wenn sie ihr Zimmer verließ, um auf die Toilette zu gehen. Seine Versuche, mit ihr ins Gespräch zu kommen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Ihre Tür blieb ihm verschlossen. Schließlich stellte er seine Bemühungen ein. Vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher